Italien mit guter Leistungsbilanz, der Rest ist tutto nero (alles schwarz)

In Deutschland wird der Süden Europas gern mit PIIGS abgekürzt. Die Abkürzung PIIGS beinhaltet die Anfangsbuchstaben von Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien. Das ist natürlich eine starke Verkürzung, die nur aus großer Entfernung, zum Beispiel aus der Perspektive des Mondes zutrifft. Spanien, Irland, Portugal und Italien kann man nicht exakt mit den gescheiterten Staaten Griechenland und Zypern vergleichen, die sofort aus der EU austreten müßten, wenn es nur einen Funken Recht und Gerechtigkeit für die europäischen Bürger geben würde.

Das zeigt auch die Statistische Veröffentlichung der Bank von Italien vom 22.Oktober 2013. Im Gegensatz zur kranken Südostecke der EU kann Italien seinen internationalen finanziellen Verpflichtungen 2013 nachkommen. Wobei sich hinter der soliden Leistungsbilanz wirklich finstere Schatten verbergen, wenn man genau hinsieht.
Die Außenhandelsbilanz hat sich im vergangenen Jahr (Mitte 2012 bis Mitte 2013) gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum sehr verbessert. Das lag nicht an steigenden Exporten, sondern nur an sinkenden Importen.

Die Exporte stagnierten bei 388 Mrd. €, die Importe sanken von 380 auf 354 Mrd. €. Der Außenhandelsüberschuß stieg von 8 auf 33 Mrd. €. Auch bei den Dienstleistungen gab es leichte Verbesserungen. Aus einem Defizit von 2,2 Mrd. € wurde ein Überschuß von 1,5 Mrd. €. Dazu beigetragen hat der Fremdenverkehr. Die laufenden Transfers, wozu auch die Zinsen für italienische Staatsanleihen zählen, die ins Ausland verkauft wurden, zeigten vor einem Jahr ein Defizit von 17 Mrd. €, dieses Jahr waren es 14,9 Mrd. €.

Die ganze Leistungsbilanz zeigt 2013 nach vielen defizitären  Jahren wieder einen leichten Überschuß, der allerdings durch Konsumverzicht der Italiener erkauft wurde und nicht durch Wirtschaftswachstum entstand.  Der Wirtschaftsrückgang betrug nach offiziellen Zahlen 2012 2,1 % und 2013 1,0 %. Wenn man sich den Rückgang der Importe ansieht (minus 7 %) hat man an der offiziell verkündeten Schrumpfung der Wirtschaft um nur 1 % Zweifel. Sind wir staunende Zeugen eines statistischen Wunders?

Ex-Ministerpräsident Monti wurde durch die deutschen Medien sehr gelobt, in Italien hat er aber außer Steuererhöhungen nichts hinbekommen. Die Strukturen der italienischen Wirtschaft, die immer mehr zum Familienbetrieb und zur Einmannfirma tendieren, hat er nicht aufgebrochen. Die Disproportion zwischen dem aufgeblähten Staatsapparat und dem produktivem Sektor ist auch nicht konsequent angegangen worden. Die Überversorgung der politischen Akteure wurde nicht beendet.

Es sind Aufgaben, die nun auf die Regierung Letta warten. In seiner eigenen Partei muß Letta durchsetzen, daß die finanzielle Landschaftspflege durch kommunistisch gesteuerte Banken wie die Monte dei Paschi di Siena auf ein bezahlbares Maß zurückgefahren wird. Ohne Bewegung beim Arbeitsrecht, beim Bürokratieabbau, bei der Verkleinerung des politischen Apparats und bei Bescheidenheit der Politiker wird Italien nicht vorankommen. Gerade jetzt hat die Arbeitslosigkeit 12 % erreicht.

Derzeit schuldet Italien weiter auf, auch wenn es die Schulden 2013 bedienen kann. Der italienische Schuldenberg wächst 2013 um etwa 50 Mrd. € auf 2,04 Billionen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt wächst die Verschuldung von 127 auf 131 %. Im laufenden Jahrzehnt wird wie in fast allen EU-Staaten der point of no return erreicht werden, wenn der liebe Gott nicht ein Wunder geschehen läßt. Man muß kein Prophet sein, sondern nur die Grundrechenarten beherrschen, um den Zeitpunkt abzuschätzen, wann ein Schuldenschnitt erforderlich sein wird. Der deutsche Michel und seine europäischen Kollegen sollten schon jetzt beginnen in die Familie und deren Bildung, in Edelmetalle, Gartenland, Wald, Vieh, Antiquitäten und langlebige Konsumgüter umzuschichten. Zur Zeit ist alles noch billig. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Problembewußtsein gibt es auch jenseits der Alpen. Der Kabarettist und Politiker Beppe Grillo hatte in weiser Voraussicht bereits im Februar 2008 noch vor Lehmann Brothers einen Appell an Deutschland gerichtet: „Italien appelliert an die deutschen Brüder: Erklärt uns den Krieg! Wir ergeben uns gern. Ihr müsst nicht mal einen Schuss vergeuden. .. Ihr seid unsere letzte Hoffnung. Und während ihr die Panzer vorbereitet, könntet ihr euch bereits um unsere öffentlichen Angestellten kümmern. Schon jetzt schicken wir euch jeden Tag den Müll aus Kampanien – bitte nehmt uns auch die Politiker ab!“

Lieber Beppe Grillo, das ist unfair: Wir nehmen euch eure Politiker und Beamten nur ab, wenn wir unseren neugewählten Bundestag nach Italien loswerden können. Ist nicht schlimm für euch. Die meisten Abgeordneten sind unqualifiziert und können kein Italienisch…