Der Kampf um die Kommissariate beginnt
Nach der Sommerpause beginnt die Kür der Brüsseler Kommissare. Die Beniemsung erinnert paradoxerweise an Lenins und Stalins Blutkommissare. Bisher waren die Brüsseler Amtsinhaber in der Rege knallrote oder globalistische Elitaristen. Nun gibt es jedoch zahreiche „populistische“ Regierungen, die in der Kommission auch vertreten sein wollen. Sie beginnen sich in Position zu bringen. Im folgenden Interview bemerkt man das Bemühen sich so zu äußern, das das relativ linke Parlament einer Nominierung zustimmen kann. Probleme werden mit schönen Worten zugekleistert.
Unter der Überschrift: „Von von der Leyen hört man, was Ungarland sagt“ hat Mariann Öry im Magyar Hirlap den ungarischen Europaabgeordneten László Trocsanyi (die Budapester Spatzen pfeifen von den Dächern, daß der bisherige Justizminister ein möglicher Kandidat für ein Kommissionsamt sei) zu seinen Eindrücken von vdL befragt. Hier einige Auszüge:
Tr.: Die ersten Anzeichen sind sehr ermutigend: In ihrem ersten Interview sprach sich Präsidentin von der Leyen für eine gerechtere Europäische Union aus, in der die Mitgliedstaaten geachtet werden und die Rechtsstaatlichkeit kein politisches Instrument, sondern ein objektives Konzept für alle ist. Übrigens, Frau Präsidentin hat ein umfassendes Programm angekündigt. Es ist wichtig, dass die Europäische Union ein entscheidender Faktor in der globalen Welt ist. Jede Initiative zu diesem Zweck sollte unterstützt werden. Wettbewerbsfähigkeit, Schaffung von Arbeitsplätzen, Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen, FuE und Innovation können zu einem starken europäischen Interesse beitragen, das auch im Interesse unserer Region liegt.
Öry: Wie erscheint die Sicherheit Europas im Programm der Präsidentin?
Tr.: Dies ist auch ein wichtiger Faktor, die Frage der Verantwortung. Frau Präsidentin hat eine starke Grenzpolitik angekündigt. Dies ist sicherlich zu begrüßen, da das, was Ungarn seit fünf Jahren sagt, zu einem künftigen Programm der Kommission geworden ist. Wir sind also für die Sicherheit des Kontinents verantwortlich, so daß es auch Solidarität geben muss.
Sicherheit kann gewährleistet werden, indem die Außengrenzen der Europäischen Union geschützt, die Rolle von Frontex gestärkt und entschlossen gegen Menschenhändler vorgegangen wird. Solidarität ist, daß Europa die Verantwortung hat, Ländern, die Migration ausstrahlen, sinnvolle Hilfe zu leisten. Es besteht Bedarf an Entwicklungs- und Kooperationsprogrammen, die die Situation von Ländern in Schwierigkeiten verbessern können. Ungarn hielt es stets für wichtig, so daß das Hungary-Helps-Programm oder das Stipendienprogramm Stipendium Hungaricum beginnen konnte. Ich fühle mich geehrt, ein Gründer der Universität von Szeged zu sein und Beiträge zu Bildungsinitiativen in einigen westafrikanischen Ländern zu leisten.
Öry: Was können wir von der Erweiterung erwarten?
Tr.:Ich denke, es geht um die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union, wenn wir über die Erweiterung sprechen. Die Beitrittsverhandlungen mit den Beitrittsländern müssen ernst genommen werden, und es ist zu begrüßen, dass diese Länder eine europäische Perspektive haben. Ich denke hier vor allem an Serbien und Montenegro, aber vergessen wir auch Nordmakedonien und Albanien nicht. Diese Länder müssen die Beitrittsvoraussetzungen erfüllen, aber es besteht auch Bedarf an politischem Willen auf beiden Seiten. Es ist zu begrüßen, daß Präsident Macron kürzlich die Führung Serbiens während seines Besuchs in Belgrad ermutigt hat und Präsident von der Leyen auch die europäische Perspektive des westlichen Balkans angeführt hat.
Öry: Was ist mit den Plänen zur Rechtsstaatlichkeit?
Tr.: Natürlich halten auch wir die Rechtsstaatlichkeit für wichtig. Ich war ein Universitätsstudent zu einer Zeit, als dieses Wort nicht ausgesprochen werden konnte, es wurde als Sünde angesehen, als bürgerliches Konzept. Da es sich in erster Linie um ein rechtliches Konzept handelt, denken wir, daß wir ihm einen rechtlichen Aspekt und einen objektiven Maßstab geben müssen, weil wir dann etwas zu besprechen haben. Ich teile auch das von der Venedig-Kommission entwickelte Konzept der Rechtsstaatlichkeit, ein demokratisches System, das auf der Aufteilung der Macht als einem gemeinsamen europäischen Wert beruht. Wenn wir über Rechtsstaatlichkeit diskutieren, müssen wir sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten gleich sind, und ich mag keine Diskriminierung zwischen alten und jungen Demokratien. In Spanien, Portugal und Griechenland kam es in den siebziger Jahren zu einem Regimewechsel, doch diese Länder gelten als alte Demokratien, die mittel- und osteuropäischen Staaten sind junge Demokratien. Wenn wir überhaupt über alte Demokratien sprechen können, fällt uns vielleicht die antike griechische Demokratie ein.
Öry: Die Abgeordneten der Linken und der Liberalen halten Vertreter der Fidesz und der polnischen Regierung vor, gegen die Rechtsstaatlichkeit zu verstoßen.
Tr.: Im parlamentarischen Recht – zumindest lehre ich das so – fallen parlamentarische Gewohnheiten unter die Macht der Hausordnung. Es war eine jahrzehntelange Praxis, parlamentarische Gewohnheiten zu beobachten. Es ist auch eine Frage der Demokratie.
Öry: Fidesz-KDNP ist insgesamt stärker vetreten in der Europäischen Volkspartei. Hat ihr Einfluss zugenommen?
Tr.: Ich bin ein neuer Europaabgeordneter, und meine Gespräche mit Abgeordneten haben mir alle positive Erfahrungen gebracht. Es besteht ein Bedürfnis nach Dialog, das habe ich immer als das Wichtigste für mich angesehen. Wir können nur auf der Grundlage von Dialog, kontinuierlichem Dialog und gegenseitigem Respekt erfolgreich sein.
Öry:Mit welchen Bereichen möchten Sie sich befassen?
Tr.: Als Anwalt bin ich Mitglied des Verfassungsausschusses des EP und als ehemaliger Diplomat kann ich stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sein. Und wenn ich für ein EU-Kommissionsmitglied nominiert werde, würde ich mich für Portfolios interessieren, die ich mit Verantwortung und professioneller Demut ausstatten und meine bisherigen Erfahrungen nutzen kann. Beispiele hierfür sind die EU-Erweiterung, die Nachbarschaftspolitik oder sogar die internationale Zusammenarbeit und Entwicklung.
Entweder redet der sich die EU-Kommission und die Laienkünstlerin schön. Oder er ist high, weil er einen sehr einträglichen Job ergattert hat.
Nichts von dem, was Trocsanyi labert, hat auch nur entfernt mit der Realität zu tun.
Oder wir haben Orbán missverstanden und der gaukelt uns allen was vor.
Lieber Herr Prabel,
Sie schreiben, die Bezeichnung „Kommissare“ erinnere „paradoxerweise an Lenins und Stalins Blutkommissare“.
Wieso eigentlich „paradoxerweise“?
In allen romanischen Ländern der EU hatten die Kommunisten eine starke Stellung und die kommunistischen Staaten galten als Musterbeispiel einer gut organisierten Verwaltung. Insofern denke ich, die Bezeichnung ist ganz bewusst nach dem kommunistischen Vorbild ausgewählt worden.