Freitag ab eins macht jeder seins
Für sehr gute Verdiener macht es kaum Sinn, neben der Arbeit noch etwas im Garten oder im Stall zu erzeugen. Auch das Basteln am eigenen Häuschen macht nur wenig Sinn. Lieber ein paar gut bezahlte Überstunden im Betrieb und man kann einen Handwerker beschäftigen oder alles fertig im Supermarkt kaufen.
Anders sieht das für den Normal- oder den Geringverdiener aus. Das liegt nicht zuletzt auch daran, daß man mit 1.400 € brutto prozentual fast sovielSteuern zahlt, wie mit 6.000 € brutto. Das liegt natürlich nicht an der Lohn- und Einkommenssteuer, sondern an den Sozialabgaben und zahlreichen indirekten Steuern, wie Umsatzsteuer, Energiesteuer, Stromsteuer, EEG, KWK, Rundfunksteuer, Grundsteuer, Tabaksteuer, Biersteuer und einem Rattenschwanz von weiteren versteckten Abgaben.
Der Verdiener mit einem Einkommen von 6.000 € liegt bei einem Abgabensatz um die 50 %, der mit 1.400 € zahlt etwa 42 % Abgaben. Denn der ganze Sack von Verbrauchssteuern wiegt bei ihm wirklich schwer. Die meisten indirekten Steuern sind das Ergebnis der letzten 15 Jahre. Etwa 2000 setzten die Erhöhungsorgien bei diesen Steuern ein, meistens mit dem Klima, der Demokratie und der Gesundheit begründet. Steuererhöhungen, die als Erziehungsmaßnahmen gegenüber Erwachsenen beschlossen wurden.
Damit muß der normale Bürger immer mehr Stunden arbeiten, um eine Stunde eines anderen Wirtschaftsteilnehmers zu bezahlen. Es sind im Durchschnitt mittlerweile etwa 4,5 Stunden. Der Anreiz wächst, Lebensmittel und Brennstoff selber zu erzeugen, Reparaturen selbst vorzunehmen oder Dienstleistungen eigenhändig zu erbringen. Um das mal nachzurechnen, ein paar Beispiele:
Im Herbst habe ich zwei Schafe geschlachtet. Nach Entfernung der Innereien, der Haut und der Wolle blieb ein Gewicht von 60 kg. Das verteilt sich auf so hochwertige Teile wie die Keulen und geringerwertiges Suppenfleisch aus dem Bug und den Rippchen. Beim Portionieren berechnete ich, was ich nun beim Fleischer sparen würde. Wenn man einen Durchschnittspreis von 8 € pro kg ansetzt, ergibt das 480 €. Davon muß man natürlich Kosten abziehen. Für die Abnutzung des Weidezauns und des Stalls, für gequetschten Hafer sowie Maschinenstunden für den Schlepper, das Mähwerk und den Wender ziehe ich mal 200 € ab. Bleiben 280 €. Zunächst dachte ich, daß ich diese 280 € gespart habe. Das ist aber eine Milchmädchenrechnung, da sie nicht zu Ende durchdacht ist.
Genauso, wie ich auf der einen Seite die Kosten abziehen muß, muß ich auf der anderen Seite gewisse Steuern und Abgaben dazurechnen. Denn man bezahlt beim Fleischer nicht aus dem Bruttoeinkommen, sondern in der Geldbörse ist ja das Netto. Es müssen in der Regel Steuern und Sozialabgaben mitverdient werden, bevor man Geld ausgeben kann.
Wenn ich 280 € beim Fleischer ausgebe, müssen vorher 20 % Sozialabgaben bezahlt werden. Weiterhin fallen bei einem Durchschnittsverdiener (im Jahr 2012 monatlich 2.410 € brutto) unter Annahme gewöhnlicher Lebensumstände etwa 15 % Lohnsteuer, Soli und Kist an. Das sind zusammen 35 % Abgaben. Der Bruttoverdienst muß also 280 / (1-0,35) = 430 € betragen, damit ich die entsprechende Menge Schafsfleisch einkaufen kann. Selbst das ist eigentlich noch zuwenig. Denn der Arbeitgeber zahlt auch noch einmal 20 % Sozialabgaben auf den Lohn und verbucht das in seiner Gewinnermittlung zusammen mit dem Lohn. Das sind dann schon 55 % Abgaben und das Bruttoentgelt würde sich dann auf 280 / (1-0,55) = 622 € belaufen, wenn der Arbeitgeber die ersparten Sozialkosten als Lohn zahlen würde. Ob der Arbeitgeber das macht, überlasse ich der Urteilskraft meiner Leser, weil wir hier das Feld der in verschiedenen Wirtschaftszweigen sehr unterschiedlichen Lohnfindungspraxis betreten.
Noch attraktiver als Schafsschlachtung ist die Obsterzeugung, weil bei dieser fast keine Kosten anfallen. Wenn man 200 kg Äpfel erntet, sind das bei einem Preis von 2 € pro kg 400 €, die gespart werden. Aus einem Bruttoeinkommen von immerhin 400 / (1-0,35) = 615 €.
Der Supertip für die Selbsterzeugung ist Brennstoff. Hier werden nicht nur Lohnsteuer und Sozialabgaben gespart, sondern zusätzlich Energiesteuer. Heizt man ein Eigenheim mit 15.000 kWh Energieverbrauch im Jahr mit Holz statt mit Öl, wird ordentlich gespart. Der Ölpreis bewegt sich aktuell bei 86 € / 100 l. Um das obige Objekt zu beheizen braucht es 1.500 l Öl. Das kostet 1.290 €. Darin enthalten sind 178 € Energiesteuer. Um 1.290 € auszugeben muß man 1.290 / (1-0,35) = 1.985 € brutto verdienen. Das ist für den Durchschnittsverdiener fast ein Monatslohn. Wenn man das Objekt mit selbst hergestelltem Brennholz heizt hat man einen Bruchteil der Kosten.
Noch interessanter ist die Herstellung von Tabak, weil die Tabaksteuer exorbitant hoch ist. 2,73 € pro Schachtel plus 0,52 Umsatzsteuer auf die Tabaksteuer. Auch hierdurch läßt sich eine vierstellige Summe im Jahr einsparen, wenn man nur eine Schachtel pro Tag raucht. Ich will wirklich keine Werbung für Nikotin machen, sondern nur für eine sparsame und rationale Haushaltsführung.
Wenn bei kleinen und mittleren Einkommen weiter so an der Steuer- und Abgabenschraube gedreht wird wie bisher, dann wird irgendwo der Punkt erreicht, wo die Bürger in die Naturalwirtschaft und in die Tauschwirtschaft überwechseln. Dieser Prozess ist bereits im vollen Gange. In den 90er Jahren heizte kein Mensch mehr mit Holz, die Zahl der Nutztiere war auf einem Tiefpunkt. Heute kehrt der Rauchfangkehrer drei Viertel der Haushalte wieder schwarz und die Zahl der Schafe, Hühner und des Rindviehs erreicht langsam den Stand der 80er Jahre. Wenn diese Entwicklung anhält, muß man steuer- und sozialversicherungspflichtige Arbeit durch außerökonomischen Zwang bewirken, wie das vor 1990 im Osten der Fall war. Damals hieß es übrigens: Freitag ab eins, macht jeder seins.
Tatsächlich liegt der Faktor aus konsumierbarer Leistung zu erbrachter Leistung noch höher, denn der Anbieter hat in die Preise die Kapitalkosten für seine Investitionen mit einkalkuliert. Auch dieses leistungslose Einkommen muss erarbeitet werden. Grundsätzlich führt ein solches Ungleichgewicht in einer Volkswirtschaft zunächst zu Effizienzsteigerungen. Liegt der Faktor beispielsweise bei 2, so muss der Anbieter zweimal so effizient wirtschaften um mit dem Nachfrager mithalten zu können. Das treibt an. Ist beispielsweise ein Gärtner bei Gartenarbeit doppelt so effizient wie ich, was durchaus möglich ist, (und hat denselben Stundenlohn), lohnt es sich durchaus, ihn unter solchen Rahmenbedingungen einzustellen und meinen Garten pflegen zu lassen. Die Effizienz der Gartenarbeit hat sich damit verdoppelt, was volkswirtschaftlich durchaus wünschenswert ist. Gleichzeitig kann ich meiner spezialisierten Arbeit nachgehen, in der ich besonders effizient bin und beispielsweise eine Leistung für den Gärtner erbringen. Auch dadurch steigt die Gesamteffizienz. Übersteigt der Leistungsfaktor allerdings die Möglichkeiten der Effizienz des Gärtners, tritt der gegenteilige Effekt ein. Der Gärtner kann kaum fünf Mal so effizient im Garten arbeiten wie ich. Also lohnt es sich für mich nicht, ihn zu beschäftigen. Also mache ich den es lieber selbst. Die Effizienz der Gartenarbeit sinkt damit wieder auf eins. Gleichzeitig kann ich auch nicht die Tätigkeit ausüben, in der ich effizient wäre. Das lässt sich auf andere Bereiche übertragen. Kartoffeln oder Getreide anbauen lohnt sich ganz sicher nicht, da die Effizienz der Landwirtschaft deutlich mehr als fünf Mal so hoch ist wie der Selbstanbau. Bei anderen Dingen haben wir die Grenze allerdings schon wieder überschritten. Unser Wohlstand wird dadurch negativ beeinflusst, Man muss nur mal Häuser die heute gebaut werden mit denen vergleichen, die vor 100 Jahren gebaut wurden. Dabei rede ich nicht nur von den Villenvierteln in Erfurt, Weimar, Gotha oder Eisenach.