Verbrauchssteuern bringen 30 % von Hartz IV sofort zurück
Der Bund trägt die Aufwendungen für die Grundsicherung aus Steuermitteln. 382 € beträgt der Regelsatz Hartz IV in Deutschland. 2008 hatte sich der Gesetzgeber die Aufteilung von damals 347 € auf die einzelnen Lebensbereiche so gedacht:
Bereich |
€ |
Nahrung, Getränke, Zigaretten |
128,39 |
Bekleidung, Schuhe |
34,70 |
Strom, Warmwasser, Wohnungsinstandhaltung |
27,76 |
Möbel, Haushaltsgeräte |
24,29 |
Gesundheitspflege |
13,88 |
Verkehr (nur Bus und Fahrrad, kein Auto) |
13,88 |
Telefon, Fax, Post |
31,23 |
Freizeit, Unterhaltung, Kultur |
38,17 |
Beherbergung und Gastronomie |
6,94 |
Sonstiges |
27,76 |
Summe 2008 |
347,00 |
Inzwischen sind die Regelsätze einige Male angehoben worden. Ein gewisser Spielraum ergibt sich noch daraus, daß die Heizkosten pauschal erstattet werden. Wenn man einen guten alten Ofen hat und dieses Geld durch fleißiges Holzhacken zweckentfremden kann, dann kann man sich zum Beispiel das Rauchen leisten. Wenn man noch Pfandflaschen sammelt reicht es für 3 Flaschen Bier am Tag.
Wenn man aus den Positionen des Regelsatzes mal die Umsatzsteuer rausrechnet ergibt sich überschläglich folgender Betrag:
|
Summe in € |
Umsatzsteuer € |
Grundnahrung und Waren mit 7 % Ust |
140 |
9,15 |
Waren und Leistungen mit 19 % Ust |
220 |
35,12 |
Summe |
|
44,27 |
Nun nehmen wir an, daß der Empfänger eine Schachtel Zigaretten raucht und 3 Flaschen Bier am Tag trinkt. Ist nicht unmäßig. Die Biersteuer beträgt etwa 6 ct pro Flasche, macht im Monat € 5,40. Pro Schachtel Zigaretten beträgt die Tabaksteuer etwa € 2,73. Für 30 Schachteln Zigaretten im Monat fallen € 81,90 Tabaksteuer an. So, und nun noch die Stromsteuer und die Stromumlagen. Bei 120 kWh Verbrauch im Monat betragen Konzessionsabgabe, Stromsteuer, KWK-Umlage, EEG-Umlage, §19-Umlage und Offshore-Umlage 11,80 €.
Jetzt fassen wir alle Steuern zusammen, die auf Regelsatz und Heizkosten entfallen:
Steuer |
Summe in € monatlich |
Umsatzsteuer |
44,27 |
Biersteuer |
5,40 |
Tabaksteuer |
81,90 |
Stromsteuern |
11,80 |
Summe |
143,37 |
Diese Aufstellung ist natürlich nicht vollständig. Wer einen Hund hat, zahlt Hundesteuer, es gibt noch verschiedene andere Steuern, die zur Vereinfachung weggelassen wurden.
Wenn man von einem Regelsatz 382 € und 90 € Heizkosten, also zusammen 472 € als verfügbares Einkommen ausgeht, dann holt sich der Staat über Verbrauchssteuern sofort 30 % zurück. Von der linken in die rechte Tasche. Tendenz steil steigend. Es ist eben ein Umverteilungsstaat.
„Mars bringt verbrauchte Energie sofort zurück“, so hieß ein beliebter Werbespruch der siebziger Jahre. Verbrauchssteuern bringen verbrauchtes Hartz IV sofort zurück, zumindest zu 30 %.
Seltsam,
von verfügbaren 128,39€ im Monat für Essen, Getränke und Zigaretten soll es möglich sein, alleine schon 30 Schachteln Zigaretten (Preis ca. 5,00 je Packung = 150,00€) pro Monat zu kaufen, damit diese Rechnung aufgehen soll?
– oder woher sollen die 81,90€ Steuerrückfluss aus der Tabaksteuer sonst kommen?
Für soviel Verdummung gibt es nur die höchste Note.
6. Bitte setzen.
Theoretisch geht das nicht – aber praktisch schon.
Das ist Schwachsinn – von Nichts – also nur von Steuergeldern
kann nichts reales zurückfliessen !!!!
Alles muss erarbeitet werden.
Wo ist da die Wertschöpfung ??
Nach der Logik am besten alle in Hartz 4 – und der Staat wird reich.
Hahhahahahaha
128 € für Nahrung, Getränke und Tabak? Wir gehen beide arbeiten und brauchen für 4 Leute „nur“ 340.- €/Monat für Nahrung. Getränke kann man beispielsweise auch aus Wasser machen anstatt bunt gefärbtes Zuckerwasser zu kaufen… Tabak ist keine Nahrung sondern eine Sucht, die man ablegen kann.
Aber jammern ist wahrscheinlich bequemer.
Das Zigarettenbeispiel mag recht unglücklich gewählt sein und die Mehrzahl der Betroffenen raucht auch nicht wie Untersuchungen schon vor längerer Zeit bewiesen hatten. Die Mehrzahl trinkt auch keinen Alkohol (wenn dann eher sporadisch zu besonderen Anlässen). Aber darum ging es in dem Artikel auch gar nicht. Vielmehr sollte er aufzeigen, dass die Höhe der ALG II Ausgaben schlicht und einfach gelogen ist, da größere Teile der Summe an den Staat zurückfließen. Das ist eine Tatsache. Das heißt, es gibt eigentlich keinen ernsthaften Grund die Leistungen nicht endlich auf ein vernünftiges Niveau zu erhöhen von dem ja wiederum ein nicht geringer Teil in die Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden fließt.
Ob jemand lieber Limo trinkt oder Leitungswasser oder Tee oder was auch immer, das entscheidet die jeweilige Person immer noch selbst. Oder ist jemand der Sozialleistungen bezieht automatisch entmündigt? Das wäre mir neu. Und Leitungswasser ist nicht überall so toll im Geschmack und in den Inhaltsstoffen, auch wenn Deutschland im Vergleich zu anderen Nationen auf sein Wasser noch stolz sein darf. Ein Ersatz für Mineralwasser etc. ist es nur zeitweise. Außerdem wenn man sich sein Limo selbst macht entstehen auch Kosten neben den Wasserkosten. Das wird gerne übersehen.
Und Rauchen abgewöhnen? Wie viele Leute versuchen das schon seit Jahren bis Jahrzehnten und scheitern daran? Es ist eine Sucht mit einem starken Suchtgift. Für intensivere Raucher bedeutet es heftige Entzugsymptome die man nicht unterschätzen darf. Für Nichtraucher klingt es immer so einfach, aber die Mehrzahl von diesen hat wieder andere Süchte und müßte eigentlich wissen, dass es nicht leicht für manche auch nahezu unmöglich ist diese wieder loszuwerden. Also nicht immer so tun, als müßte man nur wollen, dann wäre alles einfach. Das ist es nicht .
Nachgewiesen sind die Regelbedarfe nach Rechnungen u.a. des deutschen Sozialgerichtstags, aber auch der Wohlfahrtsverbände um mehrere hundert Euro zu niedrig berechnet und bewußt kleingetrickst worden. Wer sich informieren will, der findet die Berechnungen im Internet. In der Materialsammlung von Thomas Kallay ist alles nötige enthalten um sich ein realistisches Bild mit nachgewiesenen Fakten machen zu können.
Übrigens wird gerne vergessen, das der Regelsatz nicht nur für ALG II Bezieher (und Aufstocker) gilt, auch Rentner mit geringen Renten (Alters und Erwerbsminderungsrentner) erhalten im Rahmen der Grundsicherung eine Aufstockung auf eben den selben Regelsatz. Hier fallen aber nicht selten Sonderbedarfe an, wie z.B. nötige aber nicht von der KK bezahlte Medikamente. Oder vermehrt Fahrtkosten wegen Arztbesuchen. Um nur zwei Beispiele von vielen zu nennen. Der Regelsatz im SGB II sei deswegen so niedrig um einen Ansporn zu geben sich Arbeit zu suchen. Wie argumentiert man im SGB XII? Werden Alte wieder jung, wenn sie nur wollen? Werden Schwerbehinderte und Schwerkranke schlagartig gesund, wenn sie nur Hungern müssen?`
Übrigens wird gerne vergessen, dass zwar ein Betrag von rund 130 Euro im Regelbedarf für Nahrung inkl. Getränken enthalten ist, aber da der Regelsatz in vielen anderen Bereichen nicht ausreichend hoch bemessen wurde, können Betroffene den dortigen Mangel praktisch nur durch Einsparungen beim Essen ausgleichen. Real stehen also niemandem 130 Euro für Essen auch wirklich zur Verfügung. Daher werden ja auch die Tafeln frequentiert. Das ist kein Hobby der Betroffenen.
Und das Beispiel, man würde ja für die Familie nicht so viel pro Person zur Verfügung haben übersieht, dass große Packungen in der Regel billiger sind als kleine. Betroffene kaufen Großpackungen in der Regel deswegen nicht, weil die Inhalte verderblich sind und vor Verbrauch öfter hinüber sein würden.
Dazu kommt, dass nicht jeder Kochen kann. Und bitte nicht behaupten, man könne das ja lernen. Mancher hat ein Händchen dafür, mancher nicht. Das sollte man einfach akzeptieren. Dazu kommt, dass gerade Leute mit Niedriglohnjobs sehr anstrengende Tätigkeiten haben. Man ist also geschafft, wenn man von der Arbeit heim kommt. Wer stellt sich da noch in die Küche? Also wird vermehrt zu Fertigprodukten gegriffen. Nicht unbedingt weil es toll ist, aber dafür weil es einfach Kräfte spart.
Hat jeder den Regelsatz überhaupt zur Verfügung (selbst Nichtsanktionierte)? Nein, denn wenn z.B. die Anschaffung einer Waschmaschine oder deren Reparatur ansteht, ist eine Bezahlung aus dem Regelbedarf nicht machbar. Entgegen der Lügen der Regierung ist im aktuellen Regelbedarf nach Einsicht in die beim Ministerium vorliegenden Berechnungen der Betrag zur Ansparung von Waschmaschinen, Kühlschränken etc. schlicht und einfach Null. Man hat ihn vergessen. Wie man vieles vergessen oder absichtlich weggelassen hat. Zum Kauf kann man nur ein Darlehen beantragen. Das muß im SGB II mit 10% vom Regelsatz im Monat getilgt werden, im SGB XII mit 5%. Nicht selten fehlen also Betroffenen über Monate, wenn nicht Jahre auch diese Beträge.
Das Thema Regelsätze im SGB II und SGB XII ist ein sehr komplexes Gebiet, das sich nicht für vorurteilsbeladene Diskussionen auf Stammtischniveau eignet. Man muß sich damit intensiver an realen Beispielen beschäftigen.
Wer Glück hat, der kann noch das Buch „Abstellgleis Hartz IV“ von Hans-Jürgen Graf erwischen. Damit gewinnt man vielsagende Einblicke in die Realität von ALG II. Und sie sind erschreckend.
Die aktuellen Regelsätz sind übrigens wie folgt:
Regelbedarfsstufe 1 (ALG II Eckregelsatz Alleinstehender): 382 Euro gleich plus acht Euro
Regelbedarfsstufe 2 (Partner in einer Bedarfsgemeinschaft): 345 Euro gleich plus acht Euro
Regelbedarfsstufe 3 (Volljährige 18 – 24 jährige in einer Bedarfsgemeinschaft im Haushalt der Eltern oder ohne Zustimmung des SGB II – Trägers Ausgezogene): 306 Euro, plus sieben Euro
Regelbedarfsstufe 4 (Kinder und Jugendliche zwischen 14- und 17 Jahre in einer Bedarfsgemeinschaft): 289 Euro, plus zwei Euro
Regelbedarfsstufe 5 (Sozialgeld für Kinder Sozialgeld für Kinder von 6 bis 13 Jahren): 255 Euro, plus vier Euro
Regelbedarfsstufe 6 (Sozialgeld für Kinder unter 6 Jahre): 224 Euro, plus fünf Euro.
Der jeweilige Plusbetrag bezeichnet die letzte Erhöhung.
Ich finde es toll, dass die letzte Regelsatzerhöhung immerhin 8 Euro betrug.
Immerhin konnte so das nötige Existenzminimum erhalten werden.
Glaube ich.
Demgegenüber steht die letzte Diätenerhöhung unserer Volksvertreter, die sich gerade mal nur 584 Euro geleistet haben.
Monatlich versteht sich.
Irgendwie müssen die ja auch über die Runden kommen…
PS:
Was viele Deutsche nicht wissen:
Das Existenzminimum ist nicht nur für Sozialhilfe- oder Alg- II-Empfänger relevant. Seine Bemessung ist für jeden Steuerzahler von immenser Bedeutung. Denn laut Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Fiskus Einkommen bis zur Höhe dieses Existenzminimums nicht besteuern. Würde das Existenzminimum und damit die Sozialhilfe und Alg II angehoben, könnten sich auch die Steuerzahler freuen.
Ihre Belastung würde sinken, weil der entsprechende Freibetrag angehoben werden müsste.
Und als „kleinen“ aber unbekannten Nachschlag: Wer zeitlebens „nur“ 2700 Euro verdient, landet später auf dem Sozialamt.
Danke für´s Gespräch:
http://hartz-ist-ungerecht.forumprofi.de/presse-fernsehen-usw–f92/die-hartziv-renten-riester-geringverdiener-l%C3%9Cgen-t1087.html