Mit Rotlicht werden Sie geholfen
„In Burbach sollen speziell Flüchtlinge und Migranten mit posttraumatischen Störungen oder Problemen mit der ihnen fremden Kultur Hilfe finden. In dem Zentrum arbeiteten Psychologen und Therapeuten, aber auch Sozialarbeiter und sogenannte Kulturmittler. Flüchtlinge können dort psychologisch betreut wie auch psychotherapeutisch behandelt werden.“ So las ich es im Focus.
Da kommt natürlich die Frage auf, ob das alles überhaupt hilft. Ich würde diese Frage glatt verneinen. Wie ich darauf komme? In Deutschland läuft so ein Experiment des Abbaus postrevolutionärer Psychosen seit 28 Jahren. Relativ erfolglos.
Im Frühjahr 1989 gab es in Deutschland etwa 2,3 Millionen eingetragene Kommunisten. Davon glaubte jeder Zehnte wirklich alles richtig zu machen. Der Rest waren Heuchler und Vorteilsjäger. Die wirklich Gläubigen des alten Systems hat in 28 Jahren noch niemand rumgedreht. Nicht mit Umerziehung, nicht mit Therapien. Sie sterben langsam weg.
Ein besonders lustiges Erlebnis hatte ich Mitte der 90er Jahre in einer Gaststätte bei Erfurt auf dem Riechheimer Berg. Zwei abgefickelte M/L-Professoren von der Pädagogischen Hochschule hatten sich dort getroffen und pflegten ihren Erfahrungsaustausch. Das Wort „Abfickeln“ hatte die Lügenpresse aufgebracht, weil der für die Säuberung der Hochschulen zuständige Wissenschaftsminister von der FDP Ulrich Fickel hieß. Fickel war übrigens bis 1990 Lehrausbilder an eben dieser Hochschule in Erfurt gewesen.
Einer der beiden Altkader gab seinem Kollegen kund, daß er sich in die Frühverrentung des Arbeitsamts zurückgezogen hätte. Er würde keine Lust haben in diesem kapitalistischen Verbrecherstaat noch was Neues anzufangen. Er würde „bocken“, wie er das ausdrückte. Der andere Professor berichtete begeistert von seiner florierenden Heilpraxis. Er würde die Opfer der Wende besprechen und – welch einleuchtende Idee – mit Rotlicht bestrahlen. Sein neues Geschäft würde wirklich gut laufen. Die Leute liefen ihm die Bude ein.
Die Altkader mit ihren posttraumatischen Störungen und den Problemen mit der fremden Kultur gingen also schon damals zum Therapeuten. Die Wahlergebnisse der 90er Jahre und auch die nach der Jahrtausendwende lassen Rückschlüsse auf den Erfolg der damaligen Psychologen und Kulturmittler zu. Die Wahlergebnisse der PDS/Linkspartei blieben etwa konstant. Das heißt, es wurde kaum jemand geheilt entlassen. Schon gar nicht nach einer Rotlichtbehandlung.
Auch in meinem persönlichen Bekannten- und Freundeskreis stelle ich eine große Festigkeit einmal eingebläuter Überzeugungen fest. Das hat man es mit Kulturen zu tun, deren Aneignung ja nicht immer freudlos war. Schöne Jugenderinnerungen mit viel Alkohol, Sex und Spaß verknüpfen sich mit einer Periode eigener Wichtigkeit im roten Kaderkarussel. Nordhäuser Doppelkorn, Rotkäppchen, Kreuz des Südens, Goldkrone, Aro, Vita-Cola, Feuertanz, Pfeffi, Gotano, sexuelle Eskapaden auf der Parteischule, Broiler und Soljanka, es war ja nicht alles schlecht… Im Bernstein der Erinnerung werden die beiden abgehackten Hände auf dem Parteiabzeichen immer schöner.
Die Sozialisierung eines Menschen erfolgt weitgehend in der Kindheit und in der Jugend. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Die Betuttelung und Betreueung von kulturfremden Entwurzelten ist jedoch ein einträgliches Geschäft, wie für den ehemaligen Erfurter Professor. Die Ergebnisse sind mager, der laufende Betrieb ist der einzige Zweck, ein Selbstzweck. Der Weg ist das Ziel.
Das Ziel einer Therapie ist ja nicht, die Leute davon zu überzeugen, dass die Ideen des vorigen Regimes falsch waren.
Das Ziel einer Therapie ist es, dass die Leute das jeweils aktuelle Regime aushalten können, ohne sich selbst zu schädigen oder zu zerstören.
Wenn der „abgefickelte“ Professor das erreicht hat, hat er alles richtig gemacht.