Das Drehbuch der Elitenherrschaft
In Brüssel beobachten wir schon lange, wie eine selbsternannte Elite ohne Legtimation an den Völkern vorbeiherrscht. Auch in unseren Medien hat sich freischwebend und ungewählt eine antidemokratische Schnöselwirtschaft entwickelt. Der Milliardär Soros, der mit nicht unerheblichen Mitteln die Politik mit gekauften Hilfstruppen beeinflußt, ist derjenige, der Kraft seines Geldes den Mond mit der Stange schieben will. Letztes Beispiel Frankreich, wo sich der künftige Präsident Macron durch simple Ernennung von Kandidaten nach seinem Gusto eine Nationalversammlung nach seinem Bilde schaffen will. Solche elitären und totalitären Tendenzen sind nicht neu. Auf eine ideologisch fundierte Handlungsanleitung stoßen wir im Berlin der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Man hatte in intellektuellen Kreisen die Demokratie mit ihren „ungeistigen“ Volksvertretern so satt…
Der Weltbühne-Autor Kurt Hiller hatte 1921 das theoretische Fundament der Herrschaft der Berliner Intelligentsia über den Rest der Welt fertiggestellt: „Logokratie oder ein Weltbund des Geistes“. Woher Hiller kam, daraus machte er keinen Hehl:
„Die Jugendbewegung, mit ihrer Entdeckung von Führertum und Gefolgschaft, mit ihrem Eros zum Helden – nicht zum Körperhelden allein -, mit ihrem starken Sinn für den Rang und für edle Haltung, mit ihrer Ehrfurcht vor dem Schöpferischen in Natur und Menschenwelt, mit ihrer Abscheu vor mechanisch-parlamentarischer, nivellierender Betriebsamkeit, vor der Kompromisswirtschaft und allem Sichdrücken um das Wesentliche, aller platten Verständigkeit, mit ihrer Liebe zum Unbedingten, mit ihrer Geradheit und Herbheit, ihrer Innerlichkeit, die nicht ohne Schönheit ist, mit ihrer Opferbereitschaft, mit ihrem unverkennbar heroischen Zug – diese Jugendbewegung quer durch die sozialen Klassen, wohl eine spezielle deutsche Erscheinung, ist typische Abkehr von der Demokratie, …ohne noch freilich noch eine klare Hinkehr zu anderem zu sein. Ihr steckt der neue Aristokratismus als Rythmus im Blut, kaum schon als System im Bewusstsein. Bemerkenswert immerhin, dass diese Jugend das wirtschafts- und gesellschaftsrevolutionäre und überhaupt jedes revolutionäre Prinzip mit dem Prinzip des Adels nicht nur als vereinbar, sondern geradezu als mit ihm verwandt fühlt, während ihr das revolutionäre und das demokratische Prinzip unsäglich weit auseinander zu liegen scheinen. Für alle Dinge kann Jugend sich begeistern, nur gerade für den Gedanken der Mehrheitsherrschaft nicht!.“
„Die Demokratie ist der politische Absolutismus des Durchschnittsmenschen, ist die Diktatur der Mittelmäßigkeit. Darum bleibt unter der Demokratie der Geistige zu dem Schicksal verdammt, seine Aufgabe zwar zu erkennen, sie aber nicht erfüllen zu dürfen. Vielmehr: sie nur sehr unzulänglich erfüllen zu dürfen, durch Anfeuern und gute Ratschläge; durch Randbemerkungen zum Geschehen – statt durch Gestaltung des Geschehens.“
Linke Befreiungs-Phraseologie und rechter Führer- und Gefolgschaftsaristokratismus verbanden sich zum elitaristischen Konzentrat, welches als intellektueller Brühwürfel in den lauwarmen Weimarer Suppenkessel geworfen am Schluß eine verheerende Wirkung hatte.
„Der Demokratismus, nimmt man ihn beim Wort, verrät nur, daß er anstelle von Dynasten und Kasten, von Despoten und Knoten ‚das Volk‘ regieren zu sehen wünsche; wie ‚das Volk‘ es machen solle, zu regieren, durch wen ‚das Volk‘ imgrunde repräsentiert sei und wie es zur erdenklich besten Repräsentation seiner gelange – darüber schweigt der Begriff. Daß der Weg die Wahl, die Wahl durch Alle, und das Kriterium der Richtigkeit die Mehrheit sei, ist ein ebenso beliebtes wie unbewiesenes Dogma, und seit dem Ende des 1. Weltkrieges mehren sich die Stimmen derer, die in Anlehnung an Philosopheme Platons und Nietzsches dies Dogma bestreiten; die den als selbstverständlich sich aufspielenden Egalitarismus in der Gesetzgeberauslese kritisch und konstruktiv berennen, und zwar nicht, wie der egalitäre Schmock es sich leicht macht zu lügen, von einem ‚rechten‘, das heißt sozialreaktionären oder kulturreaktionären Standpunkt aus, sondern im Gegenteil vom Standpunkt raschester und radikalster Befreiung des Individuums, in ökonomischer und außerwirtschaftlicher Hinsicht, also von ‚links‘.“
Typisch für Hillers Aktivismus war das hin- und her zwischen linken und rechten Phrasen, zwischen dem Idealismus und dem Vulgärmarxismus. Begriffe wie Klassenkampf, ökonomische Befreiung, kapitalistische Unzucht und Expropriation wurden zur endlichen Erweckung des Neuen Menschen eklektisch mit den Dogmen der Jugendbewegung zusammengepappt.
In der DDR waren Hillers Wünsche endlich in Erfüllung gegangen. Keine Wahl von für sich selbst werbenden Zufallsabgeordneten mehr, sondern strenge Auswahl der Volkskammerkader durch den Parteiapparat. Die Berliner Intelligenzia begattete sich unter den strengen Augen der Moskauer Oberherrscher selbst. Welche getrübte Freude hätte Hiller erleben dürfen, wenn er Walter Ulbricht, Erich Honecker und den Gewerkschaftsvorsitzenden Harry Tisch als diejenigen Höheren hätte identifizieren sollen, die sich in einem Ausleseprozeß gegen das Volk durchgesetzt hatten. Letzteres machten sich über die Auserwählten lustig: „Was hat unten vier Beine und oben eine Platte?“, fragten die Niederen und meinten den Dauerkonsumenten hochprozentig-geistiger Getränke, Harry Tisch. Oder: „Spitzbart, Bauch und Brille, das ist nicht des Volkes Wille!“ als Replik auf Ulbricht. „Warum fährt Honecker mit dem Traktor durch Berlin?“ – „Er sucht seine Anhänger!“
Der Grund für die antidemokratischen Preferenzen der globalen Intelligentsia ist die Sehnsucht nach jener abgelegen geistigen Heimat Shangri La, die ihren Reißbrettentwürfen entspricht. Immer wurden irdische Teststrecken gesucht, um die Praxistauglichkeit der ideologischen Designermodelle zu beweisen. In den Testmaschinen saßen nie Dummies, sondern richtige Menschen, die in Crashtests bedenkenlos geopfert wurden. Die linken Intellektuellen Westeuropas erblickten in den siebziger Jahren in Albanien, in China,in Kambodscha, in der Sowjetunion und in Nikaragua das proletarische Paradies, und wenn endlich alle realen Orte entzaubert waren, wenn es gar kein Staat mehr wert war, dass ihm nachgeeifert wurde, dann blieb ja noch das exterritoriale geistige Reich Che Guevaras.
Vor dem Ersten Weltkrieg hatte die mitteleuropäische Literatenschaft das zwar hohenzollernsche, aber dennoch idealistische Deutschland der Weltherrschaft für wert befunden, nach der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde 1918 war das gescheitert. Glücklich zur Stunde der Ernüchterung stand eine neue Projektionsfläche der revolutionären Phantasie bereit, auf die der intellektuelle Eifer überspringen konnte: Russland.
Dem Führerkult wurde von linken und rechten Elitaristen der ideologische Boden bereitet und die Rechtfertigung gegeben. Hiller machte Vorschläge für die Wahl der Wissenden.
„Wer sie aber seien, die sittlich und geistig Besten, das können nur sie selber entscheiden, wechselseitig. Möglich wird die Herrschaft der geistigen nur durch einen Kongregationsprozeß sein, von der Art, wie ihn Nietzsche, der Ahnherr, im 318. Aphorismus des zweiten Bandes seiner Schrift ´Menschliches, Allzumenschliches´ vor fast einem halben Jahrhundert beschrieben hat, unter der Überschrift ´Von der Herrschaft der Wissenden´: ´Zuerst hätten die Redlichen und Vertrauenswürdigen eines Landes, welche zugleich irgendworin Meister und Sachkenner sind, sich auszuscheiden durch gegenseitige Auswitterung und Anerkennung: aus Ihnen wiederum müssten durch engere Wahl, die in jeder Einzelart Sachverständigen und Wissenden ersten Ranges auswählen, gleichfalls durch gegenseitige Anerkennung und Gewährleistung. Bestünde aus ihnen die gesetzgebende Körperschaft, so müssten endlich, für jeden einzelnen Fall, nur die Stimmen und Urteile der speziellsten Sachverständigen entscheiden, und die Ehrenhaftigkeit aller Übrigen groß genug und einfach zur Sache des Anstands geworden sein, die Abstimmung auch nur jenen zu überlassen: so dass im strengsten Sinne das Gesetz aus dem Verstande der Verständigsten hervorginge.“
Wenn man sich vorstellt, mit welchen Gender- und Klima-Kakerlaken als sogenannte „Sachverständige“ die Unis heute vollgestopft sind, eine Horrorvision. Welche Tiefflieger uns im zwangsfinanzierten Staatsfernsehen als Experten angeboten werden. Unglaublich! Da hat jede Krankenschwester, jeder Ingenieur und jeder Kraftfahrer mehr Menschenverstand.
Elite um jeden Preis, das war und ist das Konzept. Hiller schrieb 1926 in der Weltbühne ein bewunderndes Essay über den Renaissancemenschen und Kraftkerl Mussolini.
„Demokratie heißt: Herrschaft jeder empirischen Mehrheit; wer wollte bestreiten, daß die Mehrheit des italienischen Volkes seit langem treu hinter Mussolini steht? […] Mussolini, man sehe sich ihn an, ist kein Kaffer, kein Mucker, kein Sauertopf, wie die Prominenten der linksbürgerlichen und bürgerlich-sozialistischen Parteien Frankreichs und Deutschlands und anderer Länder des Kontinents es in der Mehrzahl der Fälle sind; er hat Kultur. […] Wenn ich mich genau prüfe, ist mir Mussolini, dessen Politik ich weder als Deutscher noch als Pazifist noch als Sozialist ihrem Inhalt nach billigen kann, als formaler Typus des Staatsmannes deshalb so sympathisch, weil er das Gegenteil eines Verdrängers ist. Ein weltfroh-eleganter Energiekerl, Sportskerl, Mordskerl, Renaissancekerl, intellektuell, doch mit gemäßigt-reaktionären Inhalten, ist mir lieber, ich leugne es nicht, als ein gemäßigt-linker Leichenbitter, der im Endeffekt auch nichts hervorbringt, was den Mächten der Beharrung irgend Abbruch tut.“
Armes Deutschland! Felix Helvetia! Dank Volksabstimmungen werden die Volksvertreter in unserem südlichen Nachbarland immer wieder zur Räson gebracht. Da brauchte es keine linke und rechte Diktatur von selbsternannten hochgelehrten Glücksexperten. Mit dem „politische Absolutismus des alpenländischen Durchschnittsmenschen“ kommt man offensichtlich weiter, als mit deutschen, italienischen russischen, amerikanischen Eliteentwürfen und Brüsseler Spitzen. Deutschland braucht wie von der AfD favorisiert Volksentscheide nach Schweizer Vorbild statt eine europäische Superregierung.
Hiller war kein Genie, aber mit seiner „Logokratie“ machte er einen Vorschlag, der unvermeidlich war und nach 1945 als rule of experts wieder auflebte.Und Hiller war – was wir nicht vergessen sollten – einer, der über den linken Horizont herausdachte. Er hatte sich schon unbeliebt gemach, als er aufdeckte, dass sich die deutsche Friedensbewegung heimlich vom französischen Staat finanzieren ließ. Und in der Emigration gehörte er, neben Schwarzschild, zu den wenigen, die sich gegen die „antifaschistische Einheitsfront“ mit den Kommunisten sperrten.
„Gegen Wahlen“ von David van Reybrouck fragt, wie man das Interesse an der Demokratie, das er im Schwinden sieht, wiederbeleben kann. Sein Vorschlag: Losverfahren, wie bei den alten Griechen. Bzw. ein Mix aus Wahl und Losverfahren.
Wie wäre es z.B. wenn ein Partei- oder ein politischer Posten aus einer Menge von Bewerbern gelost werden würde? Um in diese Menge zu kommen, könnte man gewählt werden, aber der Amtsinhaber wird durch das Los bestimmt. So wäre dem Politikklüngel ein wirksamer Riegel vorgeschoben. Dies ist nur eine Variante, unzählige Möglichkeiten sind denkbar.
Der überwältigende Vorteil wäre, dass der Sieger eben nicht vorher feststeht. Die Demokratie, in der nur gewählt wird, führt zu Elitenherrschaft (USA, Frankreich), Politikerkastenherrschaft (Deutschland) oder demokratisch legitimierten Diktaturen (ehemaliger Ostblock, muslimisch-asiatische Länder).