Erdogans fünfte Kolonne ist nur knapp gescheitert

Es ist ein offenes Geheimnis, daß sich Türken und Bulgaren nicht leiden mögen. Wegen der türkischen Besatzung, wegen eines Eisenbahnanschlags, bei dem mehrere bulgarische Kinder ums Leben kamen und aus religiösen Gründen. Weiterhin sind 10 Milliarden € für die Entschädigung der aus Thrakien vertriebenen Bulgaren aus einem Vertrag von 1925 immer noch offen. Etwa jeder zehnte Einwohner des Balkanstaates Bulgarien ist Türke, obwohl die Kommunisten Ende der 80er Jahre fast eine halbe Million ausgeschafft hatten. Noch bei der letzten Wahl 2014 hatte die unter dem Deckmantel des Liberalismus segelnde Partei Dviženie za Prava i Svobodi (Bewegung für Rechte und Freiheiten DPS), die zu 87 % von Moslems gewählt wird, 14,8 % der Stimmen und damit 38 von 240 Sitze im Parlament besetzt.

Gestern wurde in Bulgarien wieder einmal vorzeitig gewählt und das Ergebnis überrascht. Die Türkenvertretung DPS sackte auf 9 % ab. Wo sind die restlichen türkischen Wähler geblieben?

Die Antwort ist einfach. Die Politik der DPS war dem Türkenpräsidenten Erdogan nicht ankaratreu genug. Außerdem war die Partei extrem durch Korruptionsfälle, Stimmenkauf und Spitzel des kommunistischen Staatssicherheitsdienstes belastet. Erdogan ließ durch Lütfi Ahmed Mestan, einen ehemaligen DPS-Funktionär, eine stramm AKP-gesteuerte Türkenvertretung gründen, die Obedinenie DOST (Union der Demokraten für Verantwortung, Solidarität und Toleranz). Und diese scheiterte mit 2,9 % an der Hürde von 4 %, die in Bulgarien als Sperrklausel gilt.

Erdogan hat es also in Bulgarien ein weiteres Mal versucht, eine ihm hörige Partei in Europa ins Parlament zu bringen, nachdem es vor einer Woche in den Niederlanden schon geklappt hatte. Dort haben die AKP-Türken drei Sitze in der Zweiten Kammer. Die Türkei hat eine weitere Strategie, Europa rückzuerobern: Mit Erdogan-treuen Vasallen in den Parlamenten. Mit Parteien, deren Ziel der Umsturz der bestehenden Ordnung im Interesse einer fremden ausländischen Macht ist.

Ansonsten hat die Wahl die oppositionellen Sozialisten gestärkt, eine Partei deren offen mafiöse Strukturen Anlaß zu Besorgnis bieten.

Die Bürger für die europäische Entwicklung Bulgariens (GERB) führen das Feld mit 32,7 % an, gefolgt von den Sozialisten mit 27,2 %. Der nationalistische Block hat 9,1 % erhalten, die Türkenvertretung DPS 9,0 %. Die populistische Bewegung „Wille“ hat 4,2 % erreicht und alle anderen, insbesondere die gemäßigten proeuropäischen Verbündeten der Regierungspartei GERB sind allesamt an der 4-%-Hürde gescheitert. Die Bildung einer stabilen Regierung wird sich nicht einfach gestalten.

Die GERB und noch mehr die Sozialisten haben für eine stärkere Anlehnung Bulgariens an Rußland geworben und die Aufhebung der Sanktionen gegen Moskau gefordert. Ist es nicht an der Zeit, daß die EU sich vom korrupten und unregierbaren orthodoxen Teil des Balkans zurückzieht und Rußland in Bulgarien, Griechenland und Serbien schalten und walten läßt?