Das intellektuelle Berlin als Richter, Rächer und Vormund
Als Josef Stalin 1925 erkannte, daß die Weltrevolution ausbleibt, erfand er die These vom „Sozialismus in einem Land“. Nämlich in der Sowjetunion. Die Ausdeutung dieser Parole war steil: Der Sozialismus in der Sowjetunion sei die einzig wahre Form des Internationalismus, da dieses erste gelobte sozialistische Land das „Hauptquartier“ für sozialistische Revolutionen in anderen Staaten sei. Damit war die Bahn frei für die führende Rolle Moskaus in der kommunistischen Weltbewegung. Stalin kommandierte die Marionetten seiner Dritten Internationale aus aller Herren Länder nach seinem Belieben herum. Oder er schnitt ihre Lebensfäden einfach ab. Alles tanzte nach seiner Pfeife.
Was soll diese historische Reminiszenz? Wir haben einfach eine Situation, die der damaligen fatal ähnlich ist. In Washington und London zerriß gerade der Nebelvorhang der politischen Korrektheit, in Warschau, Budapest, Bratislava und Prag sind aus der Anderwelt-Perspektive unserer Medien die letzten Lichter schon lange erloschen. Und in Rom und Paris werden sie wohl demnächst ausgehen. Denn dort wo finstere Tyrannei und obskurantistisches Abrakadabra herrschen, erkennen unsere Redakteure das Licht der Freiheit, wo Aufklärung und Rationalität zurückkehren, sehen sie Finsterlinge am Werk und die Hölle ewiger Verdammnis.
Unsere Kanzlerin als Wonderwoman und Retterin der „freien Welt“, Deutschland als letztes Bollwerk der Minderheitenrechte, so fanfasiert sich die PC-Presse von New York bis Berlin den deutschen Widerstand gegen den Rest der Welt zusammen. Merkel als kühne, unbeirrbare und mutige FührerIn, Berlin als Hauptstadt der politisch korrekten Internationale. Hier an Spree und Panke sollen das Recht und die Würde des Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung, so die Kanzlerin, in der letzten verbliebenen Festung verteidigt werden.
Das theoretische Fundament der Herrschaft der Berliner Intelligentsia über den Rest der Welt hatte der Publizist Kurt Hiller bereits 1921 fertiggestellt: „Logokratie oder ein Weltbund des Geistes“. Nachdem Deutschland militärisch gescheitert war, wurde der Weltkrieg in der deutschen Hauptstadt mit Moralin und Tinte, statt mit Dynamit fortgesetzt. Mit den verbliebenen Mitteln halt. Wie unser Herr Bundespräsident hielt Kurt Hiller vom Volk wie auch von Volksabstimmungen nichts:
„Die Demokratie ist der politische Absolutismus des Durchschnittsmenschen, ist die Diktatur der Mittelmäßigkeit. Darum bleibt unter der Demokratie der Geistige zu dem Schicksal verdammt, seine Aufgabe zwar zu erkennen, sie aber nicht erfüllen zu dürfen. Vielmehr: sie nur sehr unzulänglich erfüllen zu dürfen, durch Anfeuern und gute Ratschläge; durch Randbemerkungen zum Geschehen – statt durch Gestaltung des Geschehens.“
Der ganze Hochmut der selbsternannten Eliten war vor hundert Jahren schon genauso manifest wie heute. Hiller schrieb gegen das sogenannte Pack an, gegen die Dunkeldeutschen, gegen die Normalos. Der „Durchschnittsmensch“ war für die tonangebenden Tintenkleckser ein Kacks, den man in Kriegen als Kanonenfutter ungestraft verheizen durfte.
„Daß der Weg die Wahl, die Wahl durch Alle, und das Kriterium der Richtigkeit die Mehrheit sei, ist ein ebenso beliebtes wie unbewiesenes Dogma, und seit dem Ende des 1. Weltkrieges mehren sich die Stimmen derer, die in Anlehnung an Philosopheme Platons und Nietzsches dies Dogma bestreiten; die den als selbstverständlich sich aufspielenden Egalitarismus in der Gesetzgeberauslese kritisch und konstruktiv berennen, und zwar nicht, wie der egalitäre Schmock es sich leicht macht zu lügen, von einem ‚rechten‘, das heißt sozialreaktionären oder kulturreaktionären Standpunkt aus, sondern im Gegenteil vom Standpunkt raschester und radikalster Befreiung des Individuums, in ökonomischer und außerwirtschaftlicher Hinsicht, also von ‚links‘.“
Hiller schlug vor, daß sich das intellektuelle Lumpenpack selber wählen solle. Die Selbstermächtigung der Eliten, wie sie in der EU seit langem praktiziert wird, war seine Vision.
Mit der Präsidentenwahl ist die Herrschaft der Eliten angeknackst. Eine treffende Beschreibung der Bunkermentalität im Bundeskanzleramt nach der Wahl Donald Trumps ist dem Dadaisten Hugo Ball zu verdanken:
„Sie protestierten, sie erfanden jene »sittliche Weltordnung«, von der sie behaupten, daß sie von ihnen bewahrt und gerettet werden müsse; sie nannten sich das auserwählte, das Gottesvolk, ohne doch sagen zu können, weshalb sie es seien; sie verdrehten die Werte, suchten ihren Stolz im Widerspruch und spielten einen Heroismus aus, vor dessen hochtrabender und auf Schrauben ruhender Pose die übrige Welt in Gelächter ausbrach. Sie rühmten alle ihre Schwächen, ja ihre Laster und Verbrechen als Vorzüge und Tugenden und travestierten damit die Moralität der andern, denen sie sich überlegen fühlten. (…) stets fühlte man sich als Richter, Rächer und Vormund.“
Diese Einschätzung ist allerdings nicht von 2016, sondern visionär 1918 niedergeschrieben worden. Sie ist aus der Broschüre „Zur Kritik der deutschen Intelligenz“ entnommen, die Anfang 1919 erschienen und den „Führern der moralischen Revolution“ gewidmet war.
Man kann daraus eine Erkenntnis und zwei Prognosen ableiten:
Die Berliner Elite hat in hundert Jahren nichts, aber auch garnichts, dazugelernt.
Der Aufbau des Sozialismus in einem Land hat nicht funktioniert. Der Export einer für alle verbindlichen Moral aus einem Land wird auch scheitern.
Das starrsinnige Berlin der Kanzlerin wird nach Ablauf ihrer Regierungsperiode wieder einmal bedingungslos kapitulieren müssen. Dieses Mal allerdings nur moralisch. Wenn sich Geschichte wiederholt, dann oft nur als Farce. Also als Sachverhalt, der im Verhältnis zu seinem Anspruch lächerlich ist.
Die Zitate von Hiller und Ball sind meinem E-Book „Der Bausatz des Dritten Reiches“ entnommen.
Sehr geehrter Herr Prabel, wieder ein sehr interessanter Artikel und Gedankenansatz! Ich denke nur, es gibt vom Gestern zu Heute einen gravierenden Unterschied, nämlich die weltweite Macht des Finanzsystem über Staaten und Regierungen. Konnten und haben bis zum 2.WK Staaten ihre Allmachtsphantasien noch autark aushecken und dann evtl. auch milit. umsetzen können, so ist der Handlungsspielraum heute doch wesentlich geringer. Ich bin weiß Gott kein Verschwörungstheoretiker, wage aber mal zu behaupten, daß Merkel z. B. ihre aggressive und destruktive Politik gegen Rußland nicht deshalb durchführte, weil sie Bismarck nicht gelesen oder eine pers. Abneigung gegen Putin und seinen Hund hat, sondern nur mit Zustimmung, Unterstützung und möglicherweise auch im „Auftrag“ der USA und Leuten wie Soros & Co. initiiert hat. Ich glaube also, heute ist der Einfluß des Finanzsystem, insbesondere der USA auf Politik, Staaten und Regierungen so groß, z. B. sitzen ja mittlerweile nicht nur Ex-Banker von Goldman Sachs an entscheidenden Positionen in vielen Regierungen weltweit direkt an den politischen Machthebebeln, daß heute eben ganze Staaten und Regierungen, nicht nur Deutschland, anders als bis zum 2.WK, quasi direkt oder indirekt „fremdgesteuert“ sind. Allein schon deshalb, weil sie vom weltweiten Finanzsystem, dessen führende Köpfe und Institutionen nun einmal zumeist in den USA sitzen, abhängig und bei diesen direkt oder indirekt hochverschuldet sind. Das unterscheidet sich ganz deutlich von der Geschichte, als sich zwei oder auch mehrere Staaten und ihre zumeist absolutistisch oder diktatorisch herrschenden Anführer sozusagen „frei“ dazu entschlossen, ihre politischen Streitigkeiten milit. auszutragen. Dazu kommen heute noch enge persönliche und politische Verbindungen, wie z. B. „Die Atlantikbrücke“, die Bilderberger u. a., Organisationen die eindeutige politische Ziele verfolgen und in denen viele Politiker ja sozusagen nur als Beisitzer oder „Befehlsempfänger“ sitzen dürfen und dann von diesen Organisationen entweder unterstützt werden oder eben auch nicht. Das alles schafft dann auch noch pers. Abhängigkeiten und Gefälligkeitsmotivation. Ich bin davon überzeugt, daß insbesondere Deutschland keine eigene Außenpolitik betreibt bzw. betreiben darf, nicht nur im Rahmen von Bündnissen, sondern aus den o. g. Gründen, die dann historisch auch noch „legitimiert“ werden. Das sind wesentliche Unterschiede zur Gechichte, die die Sache nicht einfacher, sondern nur komplexer machen.
„Konnten und haben bis zum 2.WK Staaten ihre Allmachtsphantasien noch autark aushecken..“
Das bezweifle ich erheblich. Die „Regierungen“ waren nie autark. Sie mussten immer die Untertanen ausbeuten, erpressen, enteignen und die Jüngeren eine Blutzoll zahlen lassen. Zusätzlich brachte man auch Finanziers die genug Gelder „besorgen“ oder ausleihen konnten und wenn der Krieg „gewonnen“ war, erhoffte sich der Sieger am Unterlegenen sich bereichern zu können. Diese Form der „Staatsfinanzierung“ hat sich bis heute nicht wesentlich geändert. Der Blutzoll ist für Europäer eher etwas geringer geworden. Aber weiß….
Mit autark meinte ich, wie unschwer nachzulesen, daß die Staaten und deren Regierungen, Monarchen, Diktatoren, damals selbst entschieden haben und nicht von außen fremdgesteuert worden sind, so wie das heute der Fall ist. Oder wollen Sie behaupten, daß Hitler aufgrund ausländischer Mächte oder Institutionen seine Handlungen durchführte oder Stalin oder Kaiser Wilhelm usw.? Das sie dabei ihre Untertanen bei der praktischen Durchführung insbesondere bei Kriegen benötigten steht doch außer Frage, habe ich nicht bestritten und war gar nicht das Thema oder Inhalt meines Beitrages. Heute sind die genannten Abhängigkeiten völlig anders, insbesondere die von den weltweiten Finanzsystemen.
Niemand kennt den genauen Inhalt:
http://www.zeit.de/2009/21/D-Souveraenitaet
oder
Gerd-Helmut Komossa, „Die deutsche Karte: Das versteckte Spiel der geheimen Dienste“, Ein Amtschef des MAD berichtet, Ares Verlag.
Schäuble, Gysi, Verheugen u.a haben vor Jahren im ö.r. Fernsehen in unterschiedlichen Zusammenhängen (Gysi z.B. im Sommerinterview des ZDF) erklärt, dass Deutschland nicht souverän ist.
Das deutsche Gold liegt in Tresoren der westlichen Alliierten, die UNO-Feindstaatenliste existiert noch, der 2+4 Vertag wurde „anstelle“ eines Friedensvertrages geschlossen.
Der politischen Fremdbestimmungshintertürchen gibt es gar viele.
Hauptsache, die Deutschen trennen ihren Müll penibel, verhindern die Erderwärmung und beschäftigen sich zu 99,5 % mit Minderheiten-Angelegenheiten.
wer’s noch nicht kennt:
https://www.youtube.com/watch?v=Xaw3_pPhs38
https://www.youtube.com/watch?v=NNj7rrFTwVM
https://www.youtube.com/watch?v=9r1rdOdgzzM
https://www.youtube.com/watch?v=aLW-dAwZeNc1
Deutschland war gerade nach dem Versailler Vertrag alles andere als souverän. Die Truppenstärke war auf 100.000 Mann begrenzt, erhebliche Reparationen sollten fließen. Französische Besatzungstruppen standen am Rhein und zeitweise im Ruhrgebiet. Deutschland war 1918 bis 1935 alles andere als frei in seinen Entscheidungen. Ich sehe keinen Unterschied zu heute. Und vor dem 1. WK konnten Staaten auch nur von Macht fantasieren, wenn sie bis an die Zähne bewaffnet waren. Eine Zweiklassengesellschaft der Staaten hat es immer gegeben.
Herr Prabel, die Zeit der völligen Entmachtung Deutschlands nach den großen Kriegen kann man natürlich nicht als Beispiel heranziehen. Nicht dafür was ich oben gemeint und geschrieben habe und auch nicht für Ihre Einschätzung der heutigen Situation. Das düfte wohl völlig klar und unstrittig sein. Zu Beginn der beiden WK sah das doch völlig anders aus! Auch eine Zweiklassengesellschaft von Staaten bestreite ich nicht, die hat es immer gegeben. Ich sprach von Einflußnahme auf Staaten durch die internationale Finanzelite, wie sie heute stattfindet. Die gab es so wie heute damals nun einmal nicht. Das hat mit dem was Sie hier antworten nichts zu tun. Damals hat kein BlackRock oder eine Goldman Sachs praktisch die Welt beherrscht und Regierungen ihren Willen aufgezwungen. Damals waren die Staaten auch finanziell aufgrund des Goldstandards noch frei und weitgehend unabhängig. Auf jeden Fall in den politischen Entscheidungen.