Die „Märkte“ sind beunruhigt

Wenn Journalisten zum Ausdruck bringen wollen, daß irgendetwas nicht den Interessen der Großbanken und der Bürokraten entspricht, dann fangen ihre Märchen mit der Überschrift an: „Die Märkte sind beunruhigt….“

So, nun sind die „Märkte“ beunruhigt. Mario Monti hat vom italienischen Wähler seine verdiente Strafe bekommen und ist in beiden Kammern des Parlaments mit ganzen 6 % vertreten. Er ist eine widerliche ekelhafte Marionette der Großbanken und der Brüsseler und Berliner Bürokratie. Statt Reformen durchzuführen, hat er nur die Steuern erhöht. Steuererhöhungen kann man selbst dem dümmsten Wähler nicht als Reformen verkaufen. Eine Reform ist, wenn der aufgeblähte italienische Staatsapparat abgespeckt wird und wenn die luxuriös ausgestatteten italienischen Parlamentarier die Hälfte ihrer Privilegien verlieren würden.

Wahlverlierer sind mit minus 15 % Silvio Berlusconi und mit minus 8 % Luigi Bersani. Berlusconi hat in seiner langen Regierungszeit keine Arbeitsmarktreform und keine Rentenreform auf die Beine gebracht. Allerdings war Italien das einzige größere Land, das in der Finanzkrise keine Banken retten mußte. Außer der Monte dei Paschi di Siena, die jedoch nicht von Berlusconi, sondern von den Ex-Kommunisten Bersanis ruiniert wurde. Wieso vor diesem Hintergrund Bersani von den deutschen Qualitätsmedien und vom europäischen Parlamentspräsidenten Martin Schulz hochgejubelt wurde, bleibt ein nicht lösbares Rätsel.

Weil seriöse politische Angebote fehlten, hatte das Rumpelstilzchen Beppe Grillo großen Zulauf. Er füllte mit seinen Kriegstänzen selbst große Plätze wie die Piazza del Popolo in Rom. Schreiend, anklagend, weinend, flehend, tanzend fegte er über die Bühnen und verzauberte bei seinen Auftritten bis zu 500.000 Wähler. Vieles von seinen Versprechungen ist reiner Idealismus und Hokuspokus. Aber der Kern seiner Analyse ist einfach wahr: Europa, der Euro, die Großbanken, die Politikerprivilegien und die Bürokratisierung sind Geschwüre. Und was ihn sympatisch macht:

Er ignorierte im gesamten Wahlkampf die Qualitätspresse und das Monopolfernsehen. Am Wahlabend zog er sich in sein Gartenhaus zurück, statt sich in Rom mit Berlusconi, Bersani und Monti vor laufenden Fernsehkameras mit Journalisten zu prostituieren.

Die Abgeordneten von Grillos 5-Sterne-Bewegung in der Sizilianischen Regionalversammlung spenden statt dessen 75 % ihrer fürstlichen Abgeordnetendiäten von immerhin 10.000 Euro monatlich für Kleinkredite an sizilianische Firmen. So fängt Solidität und Solidarität an.

Es ist schon grotesk: Wenn Berlusconi einer marokkanischen Tänzerin Karessen macht, ist das Prostitution. Wenn die Politiker den Journalisten von Presse und Fernsehen zu Willen sind, ist das Demokratie. Wenn Grillos 5-Sterne-Leute ihr Abgeordnetengeld spenden, ist das unverantwortlicher Populismus. Wenn die anderen ihre Überversorgung als Parlamentarier ungeschmälert genießen, ist das Demokratie.

Italien ist zwar nicht gut regierbar, aber wenigstens haben die Speichellecker der Großbanken vom italienischen Wähler eine satte Klatsche bekommen.