Keinen Raum für Erpresser!
Gebetsmühlenhaft wird vom zwangsfinanzierten Staatsfernsehen, aber auch von deutschen Regierungskreisen die Undankbarkeit der Ostländer behauptet. Milliarden seien nach Sachsen, Polen, Tschechien und Ungarn geflossen und nun sind die Empfänger alle renitent und wollen der Berliner Reichskanzlei in der Asylantenverteilungsfrage nicht folgen. Als wenn nur in Berlin der Stein der Weisen in den Ministerien verbaut worden wäre.
Für die zumeist sozial- und christdemokratischen Anmahner von Solidarität beginnt die geschriebene Geschichte der Neuzeit erst mit dem EU-Beitritt der entsprechenden Länder. Weiter reicht ihr Bildungshorizont nicht. Sicher, es ist viel Geld geflossen seit 1990. Doch es gibt auch eine Zeit davor. Deshalb müssen wir den selbsternannten Moralaposteln eine lehrreiche Geschichtsstunde erteilen.
Eigentlich hat der ganze Osten 1990 wirtschaftlich fast bei Null angefangen. Nun gut, ein Kapitalstock von Gebäuden, Eisenbahnen, Straßen, Energieversorgungssystemen und Bildung war da. Aber was die laufende Produktion betraf, da sah es sehr dunkel aus. Die Statistik weist zwar auch für Brandenburg, Mecklenburg, Sachsen und Thüringen für 1990 ein Bruttosozialprodukt aus, dieses war von Anfang an durch Fördermittel aus dem Westen stark aufgehübscht.
Insgesamt flossen nach einer Statistik 1990 bis 1995 in die neuen Länder öffentliche Mittel in Höhe von 980 Mrd. DM brutto, d. h. nach Abzug der Rückflüsse (Steuern und Abgaben) 782 Mrd. DM netto. Ferner wurden in großem Umfang arbeitsmarktpolitische Instrumente eingesetzt wie Arbeitsbeschaffungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, großzügige Kurzarbeiter-, Vorruhestands- und Altersübergangsregelungen. Von den Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit wurden 1991 42 Mrd. DM im Westen, 30 Mrd. im Osten ausgegeben. Von den Beiträgen allerdings stammten 65,6 Mrd. aus dem Westen, 4,6 Mrd. aus dem Osten. Diese umfangreichen Transfers eingerechnet ergab sich 1991 ein Bruttoinlandsprodukt von 9.531 € je Einwohner im Osten und von 22.004 € im Westen.
Noch größer war der Unterschied des wiedervereinigten Deutschlands zu den sonstigen ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten, denn dorthin flossen kaum Hilfsgelder. Das BIP pro Kopf in Euro betrug 1995:
Deutschland 23.600 €
Polen 2.800 €
Ungarn 3.300 €
Tschechische Republik 4.100 €, Slowakei 2.800 €
Estland 2.000 €, Litauen 1.400 €, Lettland 1.500 €
Rumänien 1.100 € (1999, bis dahin liegen keine Zahlen vor), Bulgarien 1.200 €
Es war während der Sowjetherrschaft (und in einigen Gebieten auch schon während der Zarendiktatur) ein riesiger Entwicklungsrückstand aufgelaufen, der seinen Ursprung in der Teilung Polens 1772 bis 1795, im Stalin-Hitler-Pakt 1939 und in der Aufteilung Europas durch die Siegermächte des zweiten Weltkriegs 1945 hatte. Sicher gab es zwischen Polen und Deutschland auch 1772 schon einen Unterschied, der sich jedoch nicht annähernd in der Größenordnung 1:10 bewegte. Böhmen beispielsweise war 1914 und auch noch 1938 in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschland absolut ebenbürtig. Der wirtschaftliche Mißerfolg von 1945 bis 1990 war Auswirkung der von Ausländern aufgezwungenen Planwirtschaft. Warum die Ostländer nun auf Wunsch Berlins massenhaft Leute aus planwirtschaftlich verfaßten national-sozialistischen Ländern hereinlassen sollen, das erschließt sich deshalb nicht ohne weiteres.
Inzwischen (2014) hat sich das Pro-Kopf-Produkt des Ostens etwa folgendermaßen gegenüber Deutschland eingependelt:
Deutschland 33.300 €
Polen 10.100 €
Ungarn 9.900 €
Tschechien 14.200 €, Slowakei 13.300 €
Estland 13.900 €, Litauen 11.700 €, Lettland 11.600 €
Rumänien 7.100 €, Bulgarien 5.500 €
Sicher ist auf der einen Seite Dankbarkeit für die Hilfe des Westens beim Wiederaufbau am Platz. Aber nur, wenn die Hilfen nicht mit Erpressung verknüpft werden. Andererseits liegt die längste Wegstrecke beim wirtschaftlichen Zusammenwachsen Europas noch vor uns. Und was die geschichtsvergessenen westeuropäischen Journalisten und Bürokraten immer verdrängen: Ohne das Bündnis zwischen Stalin und Hitler und ohne den Verrat der Westmächte 1945 an den Völkern und Staaten des Ostens würden wir über EU-Subventionen für Osteuropa heute nicht diskutieren. Jedenfalls nicht annähernd in der vorliegenden Größenordnung.
Gewisse gutmenschliche Heuchler gehen das ganze Jahr wegen deutscher Schuld in Sack und Asche. Wenn es um die Ostländer geht, vergessen sie ihre Schuldgefühle immer öfter und immer schneller. Sind eben Leute, die sich das Büßerhemd nur überziehen, wenn es ihnen nutzt. Wenn sie Fördergelder des „Kampfs gegen Rechts“ dafür bekommen. Die Nachbarländer sollten sich deshalb auf keinen Ablaßhandel mit Deutschland einlassen.
Eine russische Anekdote karikierte das menschenverachtende Klima der Verhandlungen von Jalta, wo Stalin, Roosevelt und Churchill vom 4. bis zum 11. Februar 1945 den Kontinient Europa zerstückelten und filetierten: Stalin schlug vor, 50.000 Menschen zu erschießen, um ein Problem der Nachkriegsordnung in Europa zu lösen. Rooesevelt erwiderte scherzend, daß auch 49.000 genügen könnten. Churchill sprang auf und verließ empört den Raum. „Er versteht keinen Spaß“, seufzte Stalin.