Chiffren als Rankgerüste unserer Erinnerung

Es geht in dem kleinen Bändchen „Chiffre – Correktiv und andere Wahrheiten“ um die vom tiefen Staat hingeklotzten Gedenksteine, die uns den freien Blick auf die Realität verstellen können, wenn wir dumm genug sind, uns narren zu lassen.

Silke Schröder führt uns in den Irrgarten der geframten Vergangenheit: „Es gibt Ereignisse, die sich Menschen einer Gruppe, den Lesern einer Zeitung, der Bevölkerung eines Landes in das Gedächtnis eingeprägt haben: Weil sie uns explizit präsentiert wurden. (…) Es ist durchaus so, daß sich in der Ausgestaltung unserer Erinnerung Rankhilfen finden, an denen sich das Gesehene und Gehörte orientiert und mit deren Hilfe sich dann entscheidet, ob und in welcher Qualität wir die Information verinnerlichen werden.“

Die Exempel sind mannigfaltig: Die Lastwagen in Bergamo, die frei erfundenen 45.000 Atomtoten von Fukushima, die Astronauten, die sich tänzelnd auf dem Mond bewegten, die Erstürmung des Senders Gleiwitz, die Landeskinder, die bei Sopronköhida über die Grenze stürmten, ein verirrter Eisbär auf einer Scholle, die Zwillingstürme, die in New York einstürzten, die Nazis, die in Sebnitz angeblich ein Kind ertränkten, der Sturm auf den Reichstag und ein Geheimtreffen am Wannsee.

Frau Schröder stellt die Frage, ob wir uns von den Ereignissen der Zeitgeschichte ein eigenes Bild machen können, ob uns die Medien noch Eigeninterpretation zutrauen, oder ein in sich geschlossenes Bild präsentiert wird. „Besteht für unsere Gedanken noch Spielraum, oder wird das Präsentierte wie Astronautennahrung über die Magensonde direkt verabreicht?“

„Endet die postmoderne Gesellschaft in einer neu aufgelegten Form der Höhlenmalerei, der Hexenverbrennung und des flamboyanten Aberglaubens?“

Die Literaturwissenschaftlerin Bettina Gruber, die ich bei einem noch verschlungeneren Geheimtreffen der Verdunklungsstufe 2,5 persönlich kennenlernen durfte, führt uns in die Welt der Märchenproduktion ein. Zunächst gibt sie uns zwei Definitionen der Chiffre, um dann auf die grundlegende raumbildsymbolische Operation zu kommen, mit der es gelang, Potsdam als ehemaligen Sitz von Stasi-Hochschulen nun endgültig in den Orkus der finstersten Assoziationen zu stoßen.

Eine Chiffre würde ein verrätseltes Sprachbild bezeichnen, das im Wege der Assoziation ein Bündel möglicher Bedeutungen entstehen ließe, ohne daß ihr Sinn ein für alle Male fixiert werden könne. Sie lädt dazu ein, sie mit immer neuen Bedeutungen anzureichern und erzeugt eine semantische Wolke, worin ihr poetischer Reiz liege. Die Wannsee-Chiffre sei eine „designte“ Form von Massenpropaganda gewesen. Ein dubioser Hallraum des Schreckens sei entstanden.

Helmut Roewer beschert uns die Geschichte der Verschwörungstheorien. Ausgangspunkt ist immer eine unbestreitbare Tatsache, als Beispiel das Verschwinden des SED-Vermögens. und deren Verknüpfung mit einer anderen Welt, die meistens keine reale ist, im vorliegenden Fall mit einem Treffen von SS-Offizieren in Straßburg im Frühjahr 1944. Das wiederum erzählerisch verwoben mit der Existenz von Lothar Bisky und Sahra Wagenknecht. Im Dunstkreis der letzten Tage des Dritten Reichs sei eine spekulative Spielwiese der Reichsbürger und deren Antipoden entstanden. Die Entstehung des Genres führt uns nach Amerika. Es begann mit den Verwicklungen des Kennedy-Mords, erreichte einen Gipfel mit 9/11 und endete mit der These, daß die Welt eine Scheibe sie, deren Existenz von der jüdischen Weltverschwörung geleugnet werde.

Cora Stephan beschäftigt sich mit der Langlebigkeit der Medienlügen. Der Aufstand der Unanständigen, der von Kanzler Schröder nach einem moslemischen Anschlag auf eine Synagoge losgetreten wurde, ist immer noch nicht als solcher ins allgemeine Bewußtsein gedrungen. Schröder ließ in ganz Deutschland Lichterketten aufmarschieren, um gegen rechts zu demonstrieren. Genauso sind die von Dr. M. behaupteten Menschenjagden in Chemnitz in die offiziellen Geschichtserzählungen eingegangen. Den Vogel schoß Gasgerd ab, der die Lüge vom Kindermord in Sebnitz propagandistisch ausschlachtete. Auch hier wurde die Wahrheit, nachdem sie sich nicht mehr vertuschen ließ, von den Lügenmedien nicht so aufwändig propagiert wie die infame Lüge, so daß an Sebnitz immer was hängen blieb. Die Fake News schwirren als Untote durch Politik und Medien, sie sind zu schön um ungenutzt zu bleiben, so Stephan.

Weitere Beiträge zum Thema Wannseekonferenz haben Uwe Tellkamp, Ulrich Vosgerau, Ralf Schuler und Klaus-Rüdiger Mai geschrieben. Ich selbst habe das Büchlein als Lernender gelesen, denn die Techniken der Propaganda und der Herstellung von Chiffren kann und solte auch die Opposition nutzen. Nur jammern über die schlechten Zeiten geht überhaupt nicht mit mir. Die guten Perioden sind kurz, die schlechten lang, damit muß man sich arrangieren.

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