Chiffren als verwirrende Gedenksteine

Vorgestern gab es in einem erlauchten Kreis eine interessante Diskussion, an der auch mehrere Fachleute teilnahmen. Es ging um Chiffren, als verrätselte Symbole in Bild und Text. Als Beispiele wurden die Fake-Wanseekonferenz und die abstrusen Fake-Bilder aus Bergamo angeführt.

Wikipedia; „Sogenannte „Chiffren“ stehen dann für etwas, was weniger durch Realität, als vielmehr durch eben diese Interpretation und Bilder gekennzeichnet ist. Gezielte Lügen werden so zur gewollten Wahrheit und graben sich tief in einen politischen Diskurs ein.“

Die gefälschten Bilder aus Bergamo, die erfundenen Berichte von der Wanseekonferenz und mit KI erstellte Bilder aus dem Gazastreifen graben sich tief ins Unterbewußtsein ein und überlagern bei unkritischen Leuten die Wahrnehmung der Realitäten. Irrsinnige Abläufe sind die Folge, wie Kórona-Maßnahmen, Stubenarrest für Erwachsene, sinistre Demos gegen rächts oder wiederum Unterstützung von Nationalsozialisten. Nichts ist unmöglich.

Diese quasi Gedenksteine seien irreversibel in der kulturellen und politischen Landschaft verstreut, nicht mit Argumenten, nicht mit Worten zu zerstören, so eine pessimistische Einführung ins Thema. Im Zeitalter des Internets und der künstlichen Intelligenz würden sich völlig neue Perspektiven der Verdummung eröffnen.

Im Laufe des Abends wurde das in Einzelgesprächen relativiert. Wenn ein aprupter Herrschaftswechsel erfolgte, wurden solche Zaubersymbole der Macht und die damit verbundenen Tabus nämlich in der Regel zerstört oder gerieten in Vergessenheit. Neue Märchen wurden in die Welt gesetzt.

Das Problem der Chiffren streifte am Rande per Esempio Hans-Christian Andersen 1862, also lange vor KI. In „des Kaisers neue Kleider“ geriet ein ganzer Hofstaat in die Faszination einer schönen Verlockung.

Es begann schon früh: Die Schlacht an den Thermopylen ist bis heute mit Mythen überlagert. Was wirklich passierte und was die Motivationen waren ist unter Historikern umstritten.

Die Rettung Roms durch schnatternde Gänse gehört auch in den Sagenkreis. Der Legende zufolge wurde der nächtliche Angriff der Gallier dank dem Schnattern der kapitolinischen Gänse im heiligen Gehege des Juno-Tempels abgewehrt. Zum Gedenken an diese fragwürdige Episode wurde 353-344 vor Chr. der Tempel der Juno Moneta errichtet.

Die Schüsse der Aurora auf das Winterpalais waren nach 1990 nicht mehr die Chiffre für den Beginn einer neuen Ära, vorher aber jahrzehntelang doch. Die Matrosen der Aurora erklärten bereits in der Zeitung „Prawda“ vom 29. Oktober 1917, tatsächlich einen Platzpatronenschuss abgegeben zu haben. Sie bestreiten, auf das Winterpalais geschossen zu haben, was ihnen unterstellt worden war. Denn in diesem Falle, „wäre davon nichts übrig geblieben“, wie sie in der „Prawda“ betonten.

Weitere Chiffre ist die Weltwirtschaftskrise, die für alle folgenden Fehlentwicklungen verantwortlich scheint. Die führerverherrlichende Propaganda der Jugendbewegung, der WK 1 mit seinen Opfern und Kosten, Versailles und die Hyperinflation werden als Ursache für die Verwerfungen der 30er Jahre fälschlicherweise hintangestellt.

Wer erinnert sich nicht an die Sensation der Hitler-Tagebücher des Stern oder Sebnitz, wo eine Apothekerstochter von SPD-nahen Kampagnenfuzzis des Mordes geziehen wurde? An Chemnitz, wo die CDU eine Hetzjagd erfunden hat? Es sind Gedenkpeinlichkeiten für die Nazigeilheit der linksradikalen und der erweckten Milieus.

Eine planmäßig durchgeführte Sprengung im Grubenfeld des Kalibergbaubetriebes Ernst Thälmann führte untertägig zum großflächigen Zusammenbruch eines Abbaufeldes. Dabei wurde Völkershausen ruiniert. Das neue Deutschland“ machte westdeutsche Betriebe für das Erdbeben verantwortlich. Der Zonenrundfunk meldete, Experten hätten als Hauptursache „seismische Spannungszustände“ ausgemacht, die durch die BRD-Kaliindustrie hervor gerufen worden sein. Diese verpresse Abwässer  in DDR Schächte.  Die Bevölkerung wurde wochenlang mit den Lügen traktiert, es war die letzte Chiffre der untergehenden Zone.

Das waren nur wenige Beispiele aus der Geschichte der blumigen Märchen. Wie man an den Beispielen sieht, sind einige zäh, andere mit ihren Urhebern verschwunden.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst:

Und auf vorgeschriebnen Bahnen
Zieht die Menge durch die Flur;
Den entrollten Lügenfahnen
Folgen alle. – Schafsnatur!

(Geh. Rath v. Goethe)