Kalter Ostwind in Berlin
Die Bundeskanzlerin sollte sich am Sonntag warm anziehen. Denn die deutsche Klima-, Gender- und Asyloffensive könnte kurz hinter Berlin an Oder und Neiße endgültig zum Stehen gebracht werden. Das größte EU-Land des ehemaligen Ostblocks wählt. Und in Polen steht mit Sicherheit ein Regierungswechsel ins Haus.
Bisher regierte die Bürgerplattform PO, die eine flexible Taktik gegenüber Brüssel und Berlin verfolgte. Die Regierungschefs Donald Tusk (2007-2014) und Ewa Kopacz (2014-2015) sagten zu allem ja und amen, setzten ihre Zusagen zu Hause dann jedoch mit dem geringsten möglichen Entgegenkommen um. Es war eine Taktik flexiblen Widerstands bei Vermeidung jeglichen offenen Affronts. Auf deutscher Seite hatten die auf Außenpolitik spezialisierten verbalen Rüpel Schulz, Steinbrück und Stegner wenig Angriffspunkte.
Mit dieser Ruhe dürfte Ende 2015 Schluß sein. Der polnische Ministerpräsident dürfte nach der Wahl von Prawo i Sprawiedliwość (Recht und Gerechtigkeit, PiS) gestellt werden, alleine ein Grund für die deutschen Pinscher reflexhaft zu bellen. PiS ist jene eurokritische Partei, welche in Fraktionsgemeinschaft mit den britischen Konservativen und der Alternative für Deutschland und ALFA im Europaparlament hockt.
Im Zuge des aktuellen Wahlkampfs versprach PiS die Wiedereinführung des Renteneintrittsalters von 65 Jahren für Männer und 60 Jahren für Frauen, die Erhöhung des Steuerfreibetrags auf 8000 Złoty (ungefähr 2.000 € wohlgemerkt pro Jahr), sowie die Erhöhung des Kindergelds auf 500 Złoty (etwa 120 €) für das zweite und jedes weitere Kind und bei armen Familien schon ab dem ersten Sprößling. Des Weiteren soll der Mehrwertsteuersatz VAT von derzeit 23 % auf den alten Wert von 22 % abgesenkt werden. Denn die Mehrwertsteuer ist eine Armensteuer.
Das europapolitische Programm von PiS betont die polnische Souveränität und eine Politik der Wahrnehmung nationaler Interessen. PiS ist europaskeptisch und hält einen Hygieneabstand zu Merkeldeutschland. Gegenüber der EU ist es Programm die Eigenständigkeit Polens zu betonen und für den Schutz des Lebens (gegen Abtreibung und Sterbehilfe), für Ehe, Familie und Erziehung zu agieren. Sie ist gegen die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. Und natürlich lehnt sie die von der Reichskanzlei geforderte Quote zur Verteilung von Asylberbern auf die Mitgliedsstaaten der EU ab.
Nicht zu vergessen, daß PiS, genauso wie die jetzt noch regierende Bürgerplattform in der Energiepolitik völlig entgegengesetzte Ziele verfolgen, als Bundeskanzler Frau Dr. Merkel. An der Kohle wird Polen festhalten, und Flatterstrom aus Wind und Sonne wird es nur in geringem Ausmaß geben.
Und weitere Parteien, die eine Chance haben in den Sejm, das polnische Parlament einzuziehen sind noch deutlich rechter, als PiS. Da ist die Koalicja Odnowy Rzeczypospolitej Wolność i Nadzieja (Koalition der Erneuerung der Republik Freiheit und Hoffnung), die libertär und monarchistisch ist, die Nowoczesna (Modernes Polen), welche sehr wirtschaftsliberal ist und die Ruch Kukiza (Kukiza-Bewegung), eine populistische Partei der Jugend. Alles Parteien, wo die Außenpolitiker der SPD heftige Schnappatmung bekommen, wenn sie nur dran denken. Ob die Linkskoalition es ins Parlament schafft, ist dagegen noch nicht ganz sicher, da es für Wahlbündnisse eine 8-%-Hürde gibt.
Mit dem gestärkten Partner Polen werden die anderen Staaten des Ostens wie Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Rumänien ihren Widerstand gegen die deutschen Zumutungen verstärken. Und vielleicht kommt im November noch ein weiteres Land hinzu: In Kroatien wird am 8. November gewählt.
Mit unseren Freunden im Osten sind wir uns einig: Merkel muß weg. Die Staatsschefs der befreundeten Länder dürfen es zwar denken, aber nicht sagen. Es würde den Gepflogenheiten der internationalen Diplomatie widersprechen.
Da blickt man doch sehnsuchtsvoll gen Osten und Südosten. Eine himmlische Auswahl an Parteien, die für ihr Volk sind. Sind alles arme Länder. Doch die Armut steht uns noch bevor. Bei uns keine Lichtgestalt in Aussicht. Doch auch die AfD ist besser als alles was es jetzt gibt.