Freie Städte und Monopole
Titus Gebel wirbt seit Jahren für freie Städte, die als BGB-Gesellschaften oder Genossenschaften organisiert werden könnten. Theoretisch auch als Ansammlung von Robinsons mit eigenen Brunnen, autarken Tockenklos, eigenem Wald, angeschlossener Landwirtschaft und eigenem Stromgenerator.
Zunächst gibt es das politische Risiko. Denn die Eigentümergruppe muß erst mal einen Staat finden, der sich auf solchen exterritorialen Zirkus einläßt, auf Steuern und Gesetzgebung verzichtet. Selbst wenn diese Hürde überwunden ist, ist ja keineswegs sicher, daß eine Wahl oder eine Revolution nicht Leute an die Macht bringt, die mit der Libertinage fremdeln und Verträge brechen. Vielleicht würde so eine freie Stadt den Klimazielen widersprechen oder kommunistische Enteigner auf den Plan rufen.
Aber schieben wir diese Bedenken mal weg. Die Bewohner hätten einiges unter sich zu regeln, was ähnlich wie bei Eigentumswohnungen organisiert werden müßte. Nur daß es mehr ist. Wasser, Abwasser, Erschließungsstraßen, Straßenbegleitgrün, Straßenentwässerung, Abwasserbehandlung, Strom, Telefonie, Gas, Verwaltung, Security, Bau und Erhaltung des Grenzschutzes. „Bei der Vereinigung in der Stadt besitzt die Gemeinde als solche eine ökonomische Existenz; das bloße Dasein der Stadt als solcher ist verschieden von bloßer Vielheit von unabhängigen Häusern. Das Ganze ist nicht hier aus seinen Teilen bestehend. Es ist eine Art selbständiger Organismus,“ schrieb der zottelige Hobbyökonom Karl Marx in den Grundrissen darüber.
Man muß sich einmal fragen, warum selbständige Organismen wie Markgenossenschaften, Zünfte, Städte, Gilden, Hansen und letztlich auch Staaten entstanden sind. Da gab es in Abhängigkeit von den Launen der Natur und der Nachbarn gute Gründe. Und wenn solche Gründe wegfielen, so verkümmerten die genannten Institutionen. Wenn die Zwänge sich dagegen mehrten, so wuchsen die Zwangsinstitutionen. Es müssen keine realen Herausforderungen sein, auch eingebildete erfüllen den Zweck, zum Beispiel die Angst vor Kórona, den Juden, dem Klima, dem Kapitalismus oder dem Teufel.
Wenn man in die Geschichte eintaucht, so sieht man, was passierte, wenn Zwangskonstrukte verboten wurden, 1808 wurden in Preußen die Zünfte in ihren Aufgaben beschnitten. Bereits 1819 kam es zu den Hep-Hep-Unruhen, 1848 tagten in vielen Städten Handwerkerparlamente und forderten die Wiederaufrichtung der Zünfte. Preußen reagierte und nahm Teile der Gewerbefreiheit zurück. Andererseits entstanden Gewerkschaften, welche das Administrationsloch der Zünfte auf dem Gebiet der Gesellenarbeit zuschmissen. Zünfte waren nicht nur Wettbewerbsverhinderungsvereine, sondern hatten auch soziale Aufgaben, wie die Unterstützung bei Arbeitsunfällen, Tod und Krankheit. Es ging bis zur Kuppelei, wenn Witwen versorgt werden mußten. Selbst militärische Aufgebote auf den Stadtmauern wurden von Zünften gestellt. Alle diese Aufgabenbereiche mußte der Staat übernehmen: Sozialversicherung, Wehrpflicht usw. Es wurde nur alles schlimmer.
Die Erfahrungen mit BGB-Gesellschaften sind auch nicht so rosig. Gerade jetzt in einer Staatskrise ungeahnten Ausmaßes stehen die Versammlungen von Eigentumswohnungsbesitzern vor Herausforderungen, die sie bei Vertragsschluß nicht erahnt hatten. Auch Wohnprojekte von mehreren befreundeten Familien sind mir bekannt, die sich bei externen Schocks aufgelöst haben. Das können familiäre Änderungen wie Ehe- und Beziehungssachen sein, Stutenbissigkeit, aber auch der Abbau des Stacheldrahts 1990 verursachte große Störungen, weil die Leute plötzlich in die Toskana oder nach Malle reisen wollten, anstatt Sommer für Sommer ein Ferienobjekt im teutonischen Mittelgebirge zu bevölkern.
Ich will freie Städte nicht prinzipiell mies machen. Sie sind jedoch keine risikolosen Patentrezepte, um dem staatlichen Leviathan zu entfleuchen,
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Was uns zerspaltet, ist die Wirklichkeit, doch was uns einigt, das sind Worte.“ (Geh. Rath v. Goethe)
Egal, ich bleibe dabei : Die Deutschen sind Alle Fundamentalisten !
Vorweg: Ich bin ein Verfechter der Tainterschen Theorie des Kollabierens komplexer Gesellschaften durch verschwindenden Grenznutzen. Markant oft ausgedrueckt durch die Staatsquote und prinzipiell durch nicht laengere Finanzierbarkeit des „Ueberbaus“.
Solche Entwuerfe haben eine Chance, wenn sie irgendwo – geschichtlich gesehen immer mit oekonomischem Ausdruck – besser sind. Dann werden sie durchaus auch zum Machtfaktor, wie schon die klassischen freien Staedte zeigen, auch spezielle Varianten wie Venedig. Sie waren im Clinch mit Uebermaechten auf vielen Gebieten und haben sich trotzdem hunderte Jahre gehalten. Und letztlich haben sie Uebergaenge bewirkt.
Dass das alles riskant ist und keine Garantie enthaelt ist zwar richtig. Richtig ist aber auch, dass es eine Abloesung aus dem gegenwaertigen Bettel benoetigt und der beinhaltet halt auch Verfuegung ueber Infrastruktur und Besitz, die ueber denn Einzelnen hinausgehen. Nach Amerika auswandern und ein paar Indianer vertreiben ist dabei nicht mehr die Loesung. Diese Spielarten funktionieren nur noch mit dem Mars und Konsorten.
U-Häftling Prinz Reuß zweifelt im Augenblick vermutlich an diesem „revolutionären“ Konzept.
Auch die nicht ganz so durchgeknallten „weiterdenkenden“ High Potentials wie Gebel, Thiel, Krall und Collegen werden mit ihren Gesellschaftskonzepten des 17. bis 19. Jahrhunderts und dem Wahn nach Volkshomogenität von der Realität aus ihren Träumen gerissen und gnadenlos scheitern.
Deren größte Leistung liegt eigentlich nur darin, dass es im Ohr des Empfängers süßlich nach Plausibilität und Machbarkeit klingt. Astreine Consultant-Arbeit.
Wenn sich die Vereinigten Steuervermeider in ihrem Privat-Resort tummeln, stellen sich nämlich ganz banale Fragen wie: „wer hält den Zoo sauber?“. Es scheitert dann wohl an der Realisierbarkeit der Slavenakquise und -unterbringung – echt gemein, das dritte Jahrtausend. Und dann fressen einem zusätzlich noch die Roaming-Kosten die Haare vom Kopf.
Wozu der Umstand? Ein paar Dutzend Kernbomben können auch Restdeutschland oder Mitteleuropa langfristig wieder lebenswert machen!
„Seasteading“ beim Gebel-Projekt „Prospera“ in Honduras zeigt ja schon die US-dominierte Planung.
Anstatt einer richtigen Insel umgeben von unwilligen Indios sollten die Herrschaften doch erstmal klassisch mit einer alten Bohrinsel anfangen, wie früher die Piratensender.
Da dort nichts produziert wird, sondern nur aus grossen kleine Vermögen werden, wäre das ein guter Anfang. Und kreislaufwirtschaftlich obendrein.
„Ein paar Dutzend Kernbomben können…“
Na, das wäre doch für Sie eine saubere Lösung. Die ganzen weltbildfernen Araben, Neger und das sonstige Gesocks gleich mit abgeräumt – und die Misanthropenseele fänd‘ endlich ihre Ruh‘.
Der gr. Philosoph Peisithanatos („der zum Tod Überredende“) war erkenntnistheoretisch auf einem ähnlichen Pfad unterwegs. Ob es damals schon Retsina gab, ist mir nicht bekannt, wäre aber eine Erklärung.
Die Griechen werden eh aus dem Kanon fliegen; welcher erzverderbte Oberkathole die zur Überlieferung freigegeben hat möchte ich bloss wissen.
Also nix Retsina sondern Mett!
Überdies steht hier keine Erkenntnistheorie im Raum, sondern der rote Knopf, ein Tattergreis und eine magische Anziehungskraft.
Diejenigen mit den wirklich dicken Brieftaschen brauchen keine Freien Städte, nicht einmal Gated Communities und haben schon längst vorgesorgt, für angenehme Zeiten zwischendurch und für den „Ernstfall“ sowieso. 😉 Wer clever und richtig solvent war hat sich da schon gleich zu Beginn eingekauft und kann das Leben auch dann noch sicher genießen, wenn an Land der Mob und das Chaos toben.
https://aboardtheworld.com/?lang=de
https://atiworld.de/kreuzfahrt-reedereien/the-world-apartmentschiff
https://de.wikipedia.org/wiki/The_World_(Schiff)
https://www.spiegel.de/reise/aktuell/wohnschiff-the-world-allein-auf-der-erde-a-667770.html
Einer meiner Großonkels war Kapitän und oft im Südchinesischen Meer unterwegs. Früher wurden Piraten ertränkt, heute werfen sie ihren Straßenbrief weg und stellen einen Asylantrag, Die Meere sind unsicher.
Dieses Schiff ist wohl nur für den Erschaffer ein Gewinn.
Es liefert allerdings ein 1a-Drehbuch für den größten Seeraub der Geschichte.
Einfach mal angenommen, das Durchschnittsvermögen eines Appartement-Eigners auf dem Kahn liegt bei 300 Mio. (x165). Somit dümpeln dann knapp 50 Mrd. schutzlos und konzentriert auf dem Wasser.
Da überlegt sich der Nebenerwerbspirat doch, ob er nicht noch einmal ordentlich in Mannschaft und Equipment investiert und einen Gutteil der schwimmenden Praline in seine Krypto-Wallet fließen lässt.
Wie gesagt, schöner Filmstoff.
Nichts für ungut, aber das ist kein Kreuzfahrtschiff, daß da rumdümpelt, wo sich Piraten dann doch mal aufhalten könnten, in Ufernähe, auch wenn das schon mal ein paar Kilometer sein können. Jedenfalls nicht auf hoher See. Und ja, wenn dieses Schiff in Krisenzeiten von den vielen Besitzern betreten und zur Arche Noah wird, wer glaubt denn ernsthaft daran, daß sich diese Klientel nicht noch mehr hochgerüstete und professionelle Security leisten kann und mitnehmen werden, als schon bisher? Die schippern auch bisher und das jahrelang nicht mit Seifenkanonen an Bord durch die Welt und die Weltmeere, wären also auch schon jetzt ein schönes Ziel für Piraten, statt der ollen Dampfer, die die in ihren Revieren in Küstennähe antreffen. Resultat? Nothing. „The World“ fährt und fährt… 😉 Da ist nichts schutzlos, nur weil der Werbeprospekt das nicht zeigt. Gerade dieser Aspekt wird für alle der Eigentümer von größter Relevanz sein, egal ob es Piraten oder irgendeinen anderen kriminellen oder terroristischen Mob betrifft. Und das nicht nur, weil man so viele Millionen investiert hat. Im übrigen hat es schon seinen auch rein praktischen Grund weshalb sozusagen jeder Superreiche hochseetaugliche und moderne Yachten hat, die monatelang autark auf offener See verbringen können. Nicht nur um die anderen Superreichen zu beeindrucken, sondern weil diese Fahrzeuge sichere Fluchtmöglichkeiten sind, sicherer als jeder Privatjet, denn die Meere sind bekanntlich weit größer als das Land, nicht nur für Nußschalen immer noch gefährlich und dennoch im Vergleich zu den Zuständen an Land in Krisenzeiten für geeignete Schiffe ein sicherer Platz.
War doch nur Kino, treu.
Allerdings ändert das nichts an den Realitäten. Der Klops ist weder über lange Zeit autark noch irgendwie verteidigungsfähig oder besonders schnell.
Es sind schlicht – mit der Illusion, unantastbare Edel-Prepper zu sein, verbundene – hochpreisige Eigentumswohnungen auf See.
Bei lokalen Naturkatastrophen als Fluchtmittel sicherlich dienlich.
Spannend wäre es natürlich, wie sich das, sicherlich nicht bescheidene, Klientel verhielte, käme es global und über einen wirklich langen Zeitraum zu „Problemen“, welche es verunmöglichen, anzulanden.
Hier bestünde dann die Option, aus dem ursprünglichen Piraten-Plot einen apokalyptischen Splatter-Streifen zu machen.
„…als Fluchtmittel sicherlich dienlich“.
Darum geht es doch. Egal ob Naturkatastrophe, Bürger-oder Weltkrieg, erstmal weg, Sicherheit weit weg von allem und in Ruhe Abwarten was passiert. Dafür würde ich auch 10 Mio. aufwärts hinblättern, wenn Geld keine Rolle spielen würde. Momentan leider etwas eng… 😉
Anlanden wird man immer irgendwo können, nicht nur an den vielen Privatinseln der Reichen und Schönen. Man braucht dazu ja keinen Hafen, auch nicht um Proviant zu laden etc. Und auch nicht jedes Land oder jede Region wird betroffen sein.
Wie auch immer, eine sichere und komfortable Fluchtmöglichkeit in Krisenzeiten. Was will man mehr? Das Konzept „The World“ als Mix aus Extremholiday und Arche Noah im Ernstfall ist schon gut durchdacht. Ich oute mich mal als dafür mittelloser Fan. 😉
Aber klar, eine Menge Splatterideen fallen einem bei dem Ding schon ein… 😉 Aber es sind eben immer nur Filme. 😉
Jules Vernes Propellerinsel und Nemos U-Boot-Abenteuer, Arno Schmidts Gelehrtenrepublik behandeln das Thema – und es geht schief.