Abwicklung der Industrie ist kein Zufall, sondern Absicht

Daniel Stelter hat noch einmal den Fall Viessmann untersucht. (Cicero vom 28.04.2023) Hier ein Auszug:

Die Heizwende der Bundesregierung hat den Kapitalbedarf massiv erhöht und die Finanzierung gleichzeitig deutlich verschlechtert.

Der Kapitalbedarf wuchs deshalb, weil aus einem Nischenmarkt – Elektro-Wärmepumpen sind nicht einmal in drei Prozent aller Häuser in Deutschland zurzeit verbaut – über Nacht per Gesetz der gesamte Markt wurde. 2022 lag der Anteil der Wärmepumpen am jährlichen Absatz von Heizungen erstmals bei über 20 Prozent – umgekehrt kann man sagen, dass fast 80 Prozent der Heizungen noch traditionelle Heizungen mit Öl und Gas waren.

Hinzu kam die zweite Wirkung der Politik: das Verbot der anderen Technologie. Während Wärmepumpen zwar profitabel sind aber sehr viele Investitionen für das Wachstum erfordern ist es bei Öl- und Gasheizungen anders. Sie sind für die Hersteller profitabel und erfordern keine oder nur geringe Investitionen, die Betriebswirte sprechen von Cash-Cows. Sie führen also zu einem deutlichen Zufluss an Liquidität, die die Unternehmen nutzen können, um in neue, zukunftsfähige Bereiche zu investieren. Und das dürfte der Plan gewesen sein: die Liquiditätsüberschüsse aus dem traditionellen Bereich zu nutzen um im Bereich der Wärmepumpen so groß zu werden, dass man mithalten kann.

Das Verbot der alten Heizungen hat diese Strategie zerstört. Man könnte es auch flapsig formulieren, die Bundesregierung hat die Cash Cow der Unternehmen frühzeitig zur Schlachtbank geführt. Das Problem dabei: ohne diese Cash Cow keine Möglichkeit mehr, den Umbau in Richtung Zukunft zu finanzieren.

Diese Verfünffachung des Marktes erfordert zum einen erhebliche Kapazitätserweiterungen und zum anderen lockt er Wettbewerber an, die bisher aufgrund der Marktgröße Deutschland nicht im Fokus hatten. Bei einem normalen Markthochlauf hätten Viessmann und die anderen deutschen Hersteller ihre Kapazitäten sukzessive erhöhen können und dabei vor allem ihre gute Verankerung im deutschen Markt nutzen können, um ihre Position zu verteidigen. Sie hätten eine Chance gehabt, groß zu werden, um im Wettbewerb zu bestehen. Diese Chance war nun, dank der politischen Rahmenbedingungen hinfällig.

Viessmann war also auf Geld von außen angewiesen und stand vor der Wahl. Im eigenen Risiko und mit viel Geld von Dritten zu versuchen schnell groß genug zu werden oder aber, das Geschäft, solange es aufgrund der starken Marktstellung in Deutschland wertvoll war, zu verkaufen. Angesichts der Risiken und vor allem der weiteren Rahmenbedingungen am Standort Deutschland – hohe Energiekosten, demografischer Wandel, eine Politik, der der Standort Deutschland nicht so wichtig ist – hätte ich der Familie Viessmann auch zum Verkauf geraten. (…)

Wer das im Februar 2022 in der FAZ erschienene Interview mit Max Viessmann liest, der erkennt, wie klar der Unternehmer vor den Risiken einer überstürzten Wende warnt und die Aussagen der Studien der Agora-Energiewende zum Thema infrage stellt. Heute nun dient diese Studie als Blaupause für die Heizungswende und wird von ehemaligen Mitarbeitern der Agora, nun im Rang von Staatssekretären im Ministerium für Klimaschutz und Wirtschaft, mit Brachialgewalt durchgezogen. Klimaschutz vor Wirtschaft, lautet das Motto. (…)

Wir lernen also: Die „grüne Transformation“ schafft keineswegs automatisch ein Wirtschaftswunder wie von Habeck und Co. immer wieder behauptet. Zumindest nicht in Deutschland, wenn man die Transformation weiter so gestaltet. Natürlich liegen im Umbau der Wirtschaft enorme Chancen. Diese zu nutzen, setzt aber wirtschaftliches Denken voraus. Dass die Bundesregierung, allen voran der grüne Wirtschaftsminister, dazu nicht willens oder fähig ist, mussten wir diese Woche leider erleben.

Nein, das Abendland geht nicht unter. Nur eine ehemals wohlhabende Nation sieht ihre Zukunft darin, mit staatlichen Subventionen und Verboten den Aufbau neuer Industrien im Ausland zu fördern und eigene Industrien abzuwickeln. Nein, das ist kein Zufall. Das ist Absicht.