Attentat zum Multikulti-Ball
Die Landespolizei der Steiermark weiß es wie aus der Pistole geschossen: Es war kein terroristischer Hintergrund, kein Attentat. In Graz wurden bei einem „Autounfall“ drei Leute getötet und 34 über den Haufen gefahrenen. Woher wissen die Politiker und woher wissen die Medien so schnell Bescheid, daß es ein Mann aus Bosnien mit „normalen“ Familienproblemen war? Der Mann war Ende Mai behördlicherseits von seiner Familie getrennt wurden, was kurz und gut nicht gerade islamischer Tradition entspricht.
Immer wenn ein Ausländer in Europa einen Anschlag begeht, behaupten die gleichgeschalteten Systemmedien im gemeinsam einstudierten Chor, daß es sich um einen Psychopathen handelt. Egal ob ein Bus angezündet wird, ein Polizist geschlitzt oder ein Café zum Geiselknast gemacht wird oder ob ein paar Passanten auf dem Gehweg überfahren werden. Immer dasselbe. Niemand kann es mehr hören oder lesen. Weil es nicht stimmen kann und Unsinn ist.
Nach der Theorie der L-Presse und des Zwangsfernsehens ist jeder politische oder religiöse Überzeugungstäter genauso wie jeder wütende Ausraster unzurechnungsfähig, weil krank. Alles ein Fall für Sigmund Freuds berühmte Couch und nicht für den Staatsanwalt?
Die Theorie vom psychisch kranken Amokläufer ist für den Täter beleidigend und für die Opfer unbefriedigend. Sie hebt im Fall krimineller Energie die persönliche Verantwortung für ungesetzliche Taten völlig auf. Wenn es keine persönliche Verantwortung mehr gibt, wo führt das hin? Es führt in die organisierte Verantwortungslosigkeit und damit in die Diktatur.
Der kranke und damit unschuldige Täter hat seinen Ursprung in der Theorie der „Umwertung der Werte“, wie sie um 1900 als Heilslehre von den Lebensreformern gepredigt wurde. Nicht das Individuum war schuld, sondern die Gesellschaft, die ihr armes Opfer gequält und gedemütigt hatte. „Wir wären gut – anstatt so roh, doch die Verhältnisse, sie sind nicht so“, reimte Bert Brecht für seine Dreigroschenoper.
Die Freudsche Lehre, die im Wesentlichen zwischen 1900 und 1920 entstand, redete mit ihrem Triebübergewicht eher dem erzieherischen Fatalismus und einer Lockerung gesellschaftlicher Zwänge das Wort. Siegmund Freud stellte den Menschen so dar, daß er nicht Herr im eigenen Körper sei, sondern seine Psyche von bösen ödipalen Geistern in den Schläuchen des Körpers umgetrieben würde. In diese Periode der Freud-Rezeption fällt Franz Werfels Erzählung „Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig“. In der Tradition der Väter-Sohn-Romane und -erzählungen der Vorkriegszeit veröffentlichte Werfel 1920 eine literarische Anklage gegen die autoritäre Generation der öffentlichen und privaten großen und kleinen Despoten: Das Opfer war bei Werfel der Mörder, und der Schuldige der Ermordete. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Adolf Hitler, der auch in der Tradition der Jugendbewegung stand, ließ folgerichtig die Juden die Schäden bezahlen, die die Nationalsozialisten in der Reichskristallnacht angerichtet hatten, mit der Begründung, dass die Juden an diesen Verwüstungen schuld seien.
Womit wir bereits bei den Folgen der Umwertung der Werte sind: Diese auf-den-Kopf-stellen der Realität war ein Markenzeichen totalitärer Regime, die sich auf die Tradition der sogenannten Moderne beriefen. Einer demokratischen Gesellschaft kann die Verkehrung der Verantwortung nicht dienen, weil demokratische Gesellschaften immer nur Bestand hatten, solange die Bürger selbst Verantwortung übernommen haben. Die Pathologisierung jeder schuldhaften Handlung gehört in die lebensreformerische Ecke und ist unakzeptabel. Auch wenn nicht gleich noch behauptet wird, daß die Überfahrenen Schuld haben.
Eine moderne Bürgergesellschaft muß den Realitäten ins Auge sehen, klare Normen durchsetzen und nicht alles psychologisieren. Verantwortung und Freiheit sind die beiden Seiten derselben Medaille.
Die obskure Grazer Universität, die 2012 durch einen schrulligen Professor weltweit bekannt geworden war, der Klimaleugner töten lassen wollte, hatte ausgerechnet auf den heutigen Todestag einen Multikulti-Ball terminiert. In einer aktuellen Mitteilung der Veranstalter heißt es: “Die Veranstalter sind sich einig, dass die Botschaft des Balles, nämlich das friedliche Zusammenleben in Vielfalt, am heutigen Tag besonders wichtig ist. Aus diesem Grund wird auch schon überlegt, wann der Multikulti-Ball 2015 doch noch stattfinden kann. Informationen gibt es so schnell wie möglich.“
Da kommt zum Schaden auch noch der Hohn. Das Attentat am Tag des Balls – ein Zufall? Wer an Zufälle glaubt, kann das gerne tun. Wahrscheinlicher ist, daß die Auflösung traditioneller Familienbindungen im Multikultistaat Österreich den Täter gereizt hat, und daß er es den Behörden und den Bürgern der Stadt am Multikulti-Feiertag mal so richtig zeigen wollte.
Was mich ja jenseits der Tätermotivation so nebenher interessieren würde: Werden jetzt all jene, die anläßlich des Attentates in Charleston die Kommentarspalten der Zeitungen mit Forderungen nach schärferen Waffengesetzen in den USA verstopfen, auch schärfere Automobilgesetze für Österreich fordern? Und wird der österreichische Kanzler feststellen: »Abermals sind unschuldige Menschen getötet worden, unter anderem weil jemand, der Schaden anrichten wollte, keine Schwierigkeiten hatte, ein Automobil in die Hand zu bekommen« und fordern, Österreich müsse sich ernsthaft damit auseinandersetzen, daß »diese Form der massenhaften Gewalt in anderen entwickelten Ländern nicht vorkommt«? Und werden obengenannte Leserbriefschreiber darauf hinweisen, daß der Kanzler, will er es bleiben, sich sowieso nicht mit der mächtigen AAA (Austrian Automobile Association) anlegen wird? Ganz bestimmt, oder?