Nach der Abgabe der Grundsteuererklärung
Die Kämmerer freuen sich auf die Grundsteuerreform pic.twitter.com/kFhIHiDQEy
— Prabel (@Ilmstromer) November 19, 2022
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Laß sie singen, wenn sie nur bezahlen“, sagte Mazarin, als man ihm Spottlieder auf eine neue Steuer vorlegte. (Geh. Rath v. Goethe)
Kann es sein, dass dieser Artikel nachträglich um einiges gekürzt wurde? Ich hatte mir nämlich – ich galubte, aufgrund dieses Artikels – Gedanken darüber gemacht, ob durch die Grundsteuerreform die Erbschaftssteuer tangiert bzw. erhöht wird und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass dies nicht der Fall ist. Denn seit 2009 wird nicht mehr der Einheitswert, sondern der Verkehrswert einer Immobilie für die Höhe der Erbschaftssteuer zugrunde gelegt wird. Durch die Grundsteuerreform und eine eventuell erhöhte Grundsteuer dürfte sich am Verkehrswert der Immobilie doch eigentlich nichts ändern, denke ich.
Und jetzt frage ich mich, warum ich mir diese Gedanken gemacht habe, obwohl hier doch kein Sterbenswörtchen von Erbschaftssteuern die Rede ist…
Hans-Joachim Beck
Verschenken von Einfamilienhäusern wird ab 2023 teurer
In der Presse war in den letzten Wochen vielfach zu lesen, dass die Schenkung- und Erbschaftsteuer für Immobilien und insbesondere für Einfamilienhäuser im kommenden Jahr deutlich angehoben werden soll. Eigentümern wird deshalb geraten, ihre Immobilie möglichst noch in diesem Jahr auf die in Aussicht genommenen Erben zu verschenken.
Im Ergebnis ist das richtig. Trotzdem ist die angekündigte Steuererhöhung für die meisten nicht nachvollziehbar. Denn das Schenkungsteuerrecht wird durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2022 nicht geändert: Die Freibeträge und die Steuersätze bleiben unverändert. Die Steuererhöhung spielt sich nämlich nicht im Schenkung- und Erbschaftsteuergesetz ab, sondern im Bewertungsgesetz, also in den Regelungen, wie das Einfamilienhaus für die Schenkungsteuer zu bewerten ist.
Nach § 182 Abs. 2 BewG werden Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen grundsätzlich im Vergleichswertverfahren bewertet. Maßgeblich ist also, welche Preise für vergleichbare Objekte gezahlt werden. Für diese Fälle wird sich durch das JStG 2022 keine Änderung ergeben. Da für Einfamilienhäuser entsprechende Zahlen häufig nicht vorliegen, werden sie in der Praxis jedoch oft im Sachwertverfahren bewertet, weil dieses Verfahren gem. § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG ersatzweise anzuwenden ist, wenn kein Vergleichswert vorliegt. Bei Einfamilienhäusern ist dies häufig der Fall. Nach diesem Verfahren werden der Wert des Bodens und der Wert des Gebäudes getrennt ermittelt (§ 189 BewG). Der Wert des Grund und Bodens wird mit dem Bodenrichtwert angesetzt. Zu Ermittlung des Sachwerts des Gebäudes wird dies sog. Bruttogrundfläche mit den Normalherstellungskosten multipliziert (§ 190 Abs 1 BewG). Davon wird die Alterswertminderung abgezogen. Hier findet sich die erste Steuererhöhung. Bisher wird gem. der Anlage 22 zu § 190 BewG bei Ein- und Zweifamilienhäuser von einer Gesamtnutzungsdauer von 70 Jahren ausgegangen. Durch das JStG 2022 soll die Gesamtnutzungsdauer auf 80 Jahre angehoben werden, sodass sich die Alterswertminderung entsprechend verringert.
Die entscheidende Steuererhöhung wird sich jedoch durch die Anhebung der Wertzahlen ergeben. Gem. § 189 Abs. 1 BewG ergeben der Bodenwert und der Gebäudewert den vorläufigen Sachwert. Des Grundstücks dieser ist zur Anpassung an den gemeinen Wert mit einer Wertzahl zu multiplizieren. Nach § 191 BewG sind als Wertzahlen die Sachwertfaktoren anzuwenden, die von den Gutachterausschüssen abgeleitet wurden. Soweit keine geeigneten Sachwertfaktoren der Gutachterausschüsse zur Verfügung stehen, sind gem. § 191 Abs. 2 BewG die in der Anlage 25 (zu § 191) bestimmten Wertzahlen zu verwenden. Diese beträgt beispielsweise bei einem Einfamilienhaus mit einem vorläufigen Sachwert von mehr als 500.000 EURO und einem Bodenrichtwert von mehr als 500 EURO/m² 1,0.
Die vielfach beschriebene Steuererhöhung wird im Wesentlichen durch die Anhebung der Wertzahlen in der Anlage 25 verursacht. Denn durch Art. 12 des JStG 2022 soll die Anlage 25 zu § 191 BewG geändert werden. Dadurch werden sich für sämtliche Gebäudetypen deutlich höhere Wertzahlen ergeben. Bei Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern werden die Wertzahlen in der Regel um 0,4 erhöht. Beispielsweise soll die Wertzahl bei einem Einfamilienhaus mit einem vorläufigen Sachwert von mehr als 500.000 EURO und einem Bodenwert von mehr als 500 EURO 1,3 betragen und bei einem Bodenwert von mehr als 1.000 EURO/m² 1,4.
Die geplanten Änderungen des BewG werden pauschal damit begründet, dass es sich um eine Anpassung des BewG an die ImmoWertV handelt. Dies ist aber hinsichtlich der Anhebung der Wertzahlen nicht richtig. Denn die ImmoWertV enthält keine Wertzahlen, sondern lediglich den Hinweis, dass die Gutachterausschüsse entsprechende Zahlen veröffentlichen sollen (Sachwertfaktoren § 21 Abs 3 ImmowertV, § 193 Abs. 5 Nr. 2 BauGB).
Im Übrigen wird in der Gesetzesbegründung lediglich erklärt, dass es sich bei der Erhöhung der Wertzahlen um eine Anpassung an das Marktniveau handelt (Seite 123 der BT-Drucksache 20/3879). Entsprechende Daten werden zur Begründung jedoch nicht angeführt. Vor einer Änderung der Anlage 25 zu § 191 BewG sollte daher geprüft werden, ob die Anhebung der Wertzahlen gerechtfertigt ist und eine datenbasierte Begründung für die Anhebung der Wertzahlen gefordert werden. Außerdem stellt sich die Frage, ob die geplanten Wertzahlen bereits das angestiegene Zinsniveau berücksichtigen. Da die Grundstückspreise derzeit sinken, sollte die Anhebung der Wertzahlen noch einmal überprüft werden.
In Wahrheit dürfte die Wertzahl, die ja der Marktanpassung dienen soll, regional sehr unterschiedlich sein – entsprechend den unterschiedlichen Marktverhältnissen.
Unabhängig davon, ist es aber nicht falsch, eine geplante Übertragung der Immobilie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zeitlich vorzuziehen und sie noch in diesem Jahr auf die Personen zu übertragen, die sie einmal erben sollen.
@Jselig: Vielen Dank für den informativen, aber nicht ganz leicht zu verstehenden Text von Hans-Joachim Beck zur Erbschafts- und Schenkungssteuer bei Immobilien. Mit dem Thema muss man sich wohl oder übel etwas intensiver befassen, wenn man Eigentümer von Immobilien und nicht mehr der Jüngste ist.
Anlass für meinen obigen Kommentar war übrigens ein Artikel bei Danisch (mit Verweis auf Twitter), nicht hier bei Prabel (Pardon für mein Versehen). Dort ging es aber nicht um die Wertermittlung im Rahmen der Grundsteuerreform, sondern v.a. um die Wertermittlung im Rahmen der Erbschafts- und Schenkungssteuer, Zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden der beiden Wertermittlungsverfahren fragen Sie bitte Ihren Arzt und Apotheker. 😉
Offiziell sind die Gutachterausschüsse nur mit Bauingenieuren/Architekten, Vertretern der Finanzverwaltung und Bauamtsleitern besetzt.
Nun war ich letzthin auf einer Veranstaltung der Architektenkammer – und Ei! wer war der Sponsor (mit Sektbar!): Volksbanken/Raiffeisenbanken. Das ist mindestens illegale Subventionierung des Bankensektors; eigentlich müsste man europäisch dagegen klagen.
Die komischen „Richtwerte“ gehen übrigens auch hoch, wenn die Gegend sich (durch Wegsterben der ehemals deutschen Bewohner) in einen Kraal verwandelt.
Es ist davon auszugehen, dass eine faktische Enteignung der Immobilieneigentümer erfolgen wird. Das Eigentümerregister wartet bekanntlich auch noch auf seine Implementierung.