Fachwissen störte schon immer
Der schurrbärtige Generalissimus nahm auf seinem roten Sessel am Kopfende des Tisches Platz, an dem bereits der immer auf Weiber scharfe Agitationskommissar Dr. Schöbbels, der ängstliche Präsident des Elitenschutzes Schwalbenschwang, die kugelrunde Leiterin der Weltschriftstellervereinigung Monthomery sowie der hagere und wortkarge Parteihistoriker Trampolin saßen. An den in besseren Zeiten getäfelten Wänden hingen die handgemalten Porträts überwiegend sehr bärtiger Patriarchen, auf dem hölzernen Tisch zeichneten sich noch die Ränder der Gläser ab, die am Vorabend in prächtiger Stimmung zu weltverändernden Toasts mehrfach gelüpft worden waren.
Es ging in dem fensterlosen, nur durch zwei kaltweiße Neonröhren erleuchteten Raum um die entscheidende Frage, wer zur Fernsehtalkshow zum Thema „Kommunismus, eto Sowjetmacht + Elektrifizierung“ einzuladen wäre. Der Generalissimus fragte bedeutungsvoll lächelnd in die Runde, ob sich nicht ein linientreuer Elektriker mit weltweiter Bekanntheit, der Lenin noch persönlich gekannt hätte, und seine eigenen Werke auswendig hersagen könne, ausfindig machen ließe. „Ich habe die Genossin Kamport in Reserve, die ist stramm linientreu und ehrlich, aber nicht sehr intelligent“, meldete Schwalbenschwang. „Die hat Lenin aber nicht mehr gekannt“, meckerte Monthomery dazwischen. „Wäre es nicht sinnvoller, jemanden einzuladen, der linientreu und intelligent ist, aber nicht ehrlich?“, fragte Dr. Schöbbels: „Da käme Kommissar Scherschetzki in Frage.“ – „Der ist aber kein Elektriker, die Talkshow müßte dann heißen: Kommunismus = Sowjetmacht + Eliminierung“, warf der Generalissimus ein. Ja, Humor hatte er, der Schlawiner.
Es gab auch nach zwei Stunden Geknetsche keine fachlich vertretbare Lösung. Man einigte sich darauf, auf einen Elektriker bei diesem Thema lieber zu verzichten. Unter Leitung von Parteihistoriker Trampolin diskutierten im Hauptstadtstudio der zuverlässige Botaniker Iwan Wladimirowitsch Mitschurin, der in der Butter Gift entdeckt hatte. Nikolai Nikolajewitsch Lokomow, der die erste Lokomotive aus einem Stück gefeilt hatte, der Meteorologe Molib Natif, der vorausgesagt hatte, daß es nicht mehr schneien würde. Der ukrainische Genetiktausendsassa Trofim Denissowitsch Lyssenko und der Erfinder der russischen Erfinder Genrich Saulowitsch Altschuller. Dazu wegen der Weltoffenheit Dr. M. als deutsche FDJ-Instrukteurin und der Chefredakteur der Prawda Igor Igorowitsch Kwatschnikoff. Gerade wegen der Einigkeit in allen Bewertungen ein großer agitatorischer und propagandistischer Erfolg für die Elektrizität und für die Meinungsfreiheit, so der zufriedene Generalissimus rückblickend.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Daß die Kinder nicht wissen, warum sie wollen, darin sind alle hochgelehrten Schul- und Hofmeister einig; daß aber auch Erwachsene gleich Kindern auf diesem Erdboden herumtaumeln, und wie jene nicht wissen, woher sie kommen und wohin sie gehen, ebensowenig nach wahren Zwecken handeln, ebenso durch Biskuit und Kuchen und Birkenreiser regiert werden: das will niemand gern glauben, und mich dünkt, man kann es mit Händen greifen.“ (Joh. Wolfgang Goethe, 1771)
Lenin wird nur falsch zitiert, die richtige Gleichung ist:
Sowjetmacht= Kommunismus – Elektrifizierung des ganzen Landes.
Hätte man danach gehandelt, wäre alles gut gegangen.
Oder:
Demokratie = Sozialismus minus Elektrifizierung des ganzen Landes
Genossen ! Wachsamkeit ist das Gebot der Stunde. Wenn wer glaubt, er könne den Gen. Prablowitsch des Fehlzitats des Gen. Vorsitzenden des Rats der Volkskommissare bezichtigen, dann irrt sich der. Dem Gen. mit dem Partei-Decknamen Mirquidi von der italienischen Sektion der Komintern rufe ich zu: lernen Sie russisch. Dann lesen Sie das Plakat (meinetwegen auf italienisch).
Es ging in dem fensterlosen, nur durch zwei kaltweiße Neonröhren erleuchteten Raum um die entscheidende Frage, wer zur Fernsehtalkshow zum Thema „US-Globalismus, eto NATO-Expansionismus + Entrussifizierung“ einzuladen wäre.
Es meldete sich darufhin mit einer Video-Botschaft ein Schweinehund aus Kiew.
Ungeachtet der Niederlage in der Hafenstadt Mariupol hat die ukrainische Armee nach Überzeugung von Präsident Wolodymyr Selenskyj Russlands Streitkräften großen Schaden zugefügt. Die Ukraine habe der russischen Armee „das Rückgrat gebrochen“, sagt Selenskyj in einem Fernsehinterview. „Sie werden die nächsten Jahre nicht mehr auf die Beine kommen“, sagte der 44-jährige Fernsehkomiker.
Immerhin, so sagte der Sekratär für Agitation und Propaganda, haben wir gut abkassiert. Wer hätte gedacht, dass uns die Kapos (kapitalistische Oligarchen) uns so lange und so üppig alimentieren würden.