Stalinistenkitsch ist weg, Zusammenhalt auch

Die sowjetischen Herrschaftszeichen waren schon sehr speziell. Ich erinnere mich an die Innendekoration in der Weimarhalle, wo in der Russenzeit abstruse Wandbemalungen zu sehen waren. Prachtkerle mit Armen wie Elephantenbeine zerschlugen mit Riesenhämmern die dicken Kuhketten des Weltkapitalismus usw. Das war so irrenhausverdächtig, dabei aber handwerklich gut gemalert, etwa im Stil der Deckenbemalungen im Vatikan, daß ich es schon wieder besichtigungswürdig fand. Es gab damals viele jüdische Anekdoten, was alles in die Schuhe der Heldendenkmäler reinpassen würde, oder die Behauptung, daß der in Bronze gegossene Puschkin ein Werk von Stalin las.

Spät fiel es, aber es fiel: Das kitschige Denkmal der russisch-ukrainischen Freundschaft. Die beiden Geroi haben bei stürmischem Wetter eine Fahne in Haft genommen und blicken wildentschlossen vermutlich nach Berlin. Dem Russen hatten die Bilderstürmer vor der Demontage schon mal die Rübe abgehackt. Das läßt für den Umgang mit der russischen Minderheit in der Gegenwart und für die Zukunft nicht Gutes erwarten.

Der verwunderte BILD-Leser fragt sich schon seit sechs Wochen, ob die Russen, soweit sie nicht schon in Putins Neurußland leben, auch zum ukrainischen Wehrdienst eingezogen wurden? Wie behandelt die Ukraine die verbliebenen Russen, wie Rußland die Ukrainer in den eroberten Gebieten? Fragen, die die deutsche Kriegsberichterstattung ausspart. Wenn nicht berichtet wird, bzw. Nachrichten unterdrückt werden, stimmt natürlich was nicht. Die Nationalitätenfrage lastet seit Urzeiten auf der Ukraine, seit dem faschistoiden Sprachengesetz von 2019 verschärft. Der Vergleich mit dem Faschismus ist insofern paßgenau, weil die jüngste ukrainische Politik der Mussolinis in Südtirol entspricht. Auch dort wurde die Sprache verboten. Die Elitisten der Gegenwart haben zu denen der Vergangenheit ein immer entspannteres Verhältnis. Es wird keinen Frieden zwischen den Völkern der Ukraine geben, egal wer den Krieg für sich entscheidet. Zu viel Porzellan ist seit 1919 von allen Seiten zerschlagen worden, zu viele Völker sind schon vertrieben worden.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst:

Von Können kommt die Kunst, die Schönheit kommt vom Schein.
So wird erst nach und nach die Sprache festgerammelt,
Und was ein Volk zusammen sich gestammelt,
Muß ewiges Gesetz für Herz und Seele sein.

(Geh. Rath v. Goethe)

 

Beitragsbild von B. Zeller aus ZZ. Heute: Der Mehrheit ist die Ukraine nicht gut genug