Aktien in der Inflation der 20er Jahre des vorigen Jh.
Viele meiner Leser und Kommentatoren sind Aktien gegenüber kritisch eingestellt. Deshalb hatte PB die Wertentwicklung in der Inflation von 1972 bis 1982 sowie in der Währungsumstellung 1948 untersucht. Nun folgt die Analyse der Apokalyse, die vor 100 Jahren wütete.
im Oktober 1923 erreichte die deutsche Inflation ihren Höhepunkt. Am Ende des Jahres waren alle Geldvermögen vollständig entwertet, ebenso die Kriegsanleihen und andere Staatspapiere. Vorsorgeprodukte wie Rentenversicherungen waren auch nahezu auf Null. Über die Auswirkungen auf Immobilienbesitz hatte PB schon ausführlich berichtet. Zwangshypotheken auf Grundbesitz und die Hauszinssteuer machten Grundbesitz nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Die Zwangshypotheken führten in Verbindung mit der Landwirtschaftskrise zum Ende der Republik.
Aktien waren wie auch bei der Währungsreform nach dem WK II neben Edelmetallen und Antiken das bessere Wertaufbewahrungsmittel. Meine Diskussionspartner verwechseln oft die Wertaufbewahrungsfunktion und die Zahlungsmittelfunktion. Es kommt immer die Frage, wie man mit Wertaufbewahrungsmitteln Waren des täglichen Bedarfs kaufen soll. Die Leute haben im Kopf, wie man nach dem Krieg mit Perserteppichen zum Bauern ging, um eine Handvoll Kartoffeln zu ergattern. Die Zahlungsmittelfunktion verbleibt beim Papiergeld, bzw. man kann mit Silbermünzen oder Silberlöffeln bezahlen. Eine Unzenmünze sind etwas über 20 €, ein Teelöffel um die 5 €. Das Sparen bzw. die Altersvorsorge ist der Beruf des Wertaufbewahrungsmittels. Der Zeithorizont unterscheidet beides.
Nun ist es allerdings schwierig die Aktienkurse vom 28.2.1921 (schon in der Inflation) und vom 4.12.1924 (nach der Währungsreform) zu vergleichen, da sie 1921 schon heftig aufgeblasen waren. Als Anker soll uns der Schweizer Franken dienen. Er wurde am 28.02.1921 für 1038 RM notiert, am 4.12.1924 mit 81,30 RM. Wir müssen die Aktienkurse von 1924 mit dem Faktor 1038/81,30 = 12,8 multiplizieren, um sie mit denen von 1921 vergleichbar zu machen. Das ist insofern eine Notlösung, weil auch der Franken etwas schwankte, aber er war wenigstens goldgedeckt. Im Geldwesen ist alles relativ, das muß man bis zu einem gewissen Grad akzeptieren.
28.02.1921 | 04.12.1924 | Umrechnung Faktor 12,8 | |
Norddt. Lloyd | 191 | 3,5 | 45 |
Darmstädter Bank | 178 | 11,25 | 143 |
Deutsche Bank | 293 | 11,8 | 151 |
Dresdner Bank | 216 | 8,25 | 105 |
Adlerwerke | 291 | 2,7 | 34 |
BASF | 428 | 25,5 | 326 |
Daimler | 254 | 3 | 38 |
Dt. Erdöl | 890 | 45 | 574 |
Höchster Farbwerke | 394 | 23,5 | 300 |
Mannesmann | 557 | 53 | 677 |
Schweizer Franken | 1038 | 81,3 |
Man sieht, daß man im Durchschnitt die Hälfte des Vermögens sichern konnte, mit Höchst und Mannesmann mehr, mit Daimler und den Adlerwerken weniger. Angesichts der waltenden Umstände waren Aktien ein sehr gutes Investment, denn unter Blinden ist der Einäugige König. Auch damals war natürlich breite Streuung angesagt.
Puristen werden den Deutschland-Bias abscheulich finden. Aber es war damals wie auch nach dem WK II so, daß deutsches Auslandsvermögen enteignet worden war. Noch eine Bemerkung zum 28.02.1921 und zum 4.12.1924: Die entsprechenden Tage haben mit der Verfügbarkeit von Aktienkursen im Netz zu tun. Man muß nehmen, was sich bietet.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Alle Gesetze sind von Alten und Männern gemacht. Junge und Weiber wollen die Ausnahme, Alte die Regel.“ (Geh. Rath v. Goethe über Annalena)
Habe noch eine ganze Kiste voll mit Geldscheinen der damalige Zeit. War immer der Meinung, dass man sie noch einmal gebrauchen könnte.
Es waren nie alle Auslandskonten bzw. -vermögen enteignet, Besonders nicht in der Schweiz, die ja auch ein bedeutender Industriestandort war.
Unklar sind sogar die Fährnisse deutscher Anlagen in London oder Paris.
Es gab auch damals doppelte Staatsbürgerschaften.
Nach dem WK II wurden auch Aktien in der Schweiz und in Schweden konfisziert.
Man muss bedenken, dass man damals Aktien als effektive Stücke daheim unter der Matratze oder im Bankschließfach liegen hatte. Dieses Vermögen ließ sich nicht einfach enteignen oder belasten, da die aktuellen Besitzer und der Aufbewahrungsort der Aktien unbekannt waren. Heute bekommt man nur eine Bestätigung, dass die Aktien in irgendeinem Depot liegen. So ein Depot ist aber ratzfatz enteignet oder gesperrt (siehe aktuell die russischen Auslandsvermögen). Eine gewisse Sicherheit dürften Stiftungen in Liechtenstein oder Briefkastenfirmen in der Karibik bieten. Beides ist übrigens völlig legal zu bekommen.
Der Kurswert einer Aktie bildet sich an der Börse (Angebot und Nachfrage). Wenn der Staat einzelne Aktionäre enteignet und deren Anteilsscheine wieder an die Börse bringt, mag er den Gewinn einstreichen. Wenn er zuviele Aktien beschlagnahmt, geht deren Wert gegen Null, weil die niemand mehr haben will. Der Staat kann allenfalls die AG, deren Aktionäre er enteignet hat, in seinen Besitz überführen. Kommt es zu Enteignungen im großen Stil, bricht auch der übrige Börsenhandel zusammen, weil verschreckte Aktionäre ihre Anteile abstoßen. Der Enteigener hat also nichts mehr davon. Vor allem werden Klaus Schwabs Freunde und er selbst dafür sorgen, dass (auch ihre) Aktienvermögen sich nicht in Luft auflösen oder beschlagnahmt werden. Egal was kommt.
> Der Kurswert einer Aktie bildet sich an der Börse (Angebot und Nachfrage).
Das ist eine naive Auffassung. Die groessten Eigner der Welt sind Investmentfirmen wie Blackrock und Vanguard. Auch an den allergroessten Einzelaktien. Maneuver wie diese:
https://www.reuters.com/breakingviews/capital-calls-blackrock-tests-exxon-self-too-2021-05-25/
zaehlen dabei noch eher zu den Offensichtlichen einer Monopolmacht. Die koennen eben auch auslaendische (sprich aktuell konkret russische) Firmen ganz willkuerlich und ganz schnell aus dem angeblich unverhandelbaren „objektiven“ Prinzip Angebot und Nachfrage herausnehmen. Direkt – vom Handel ausgesetzt – und abgerundet durch Entfernung aus den wesentlichen Indices (MSCI, FTSE). Das ist vor aller Augen ohne wesentlichen Protest passiert. Das sind also Marketmaker mit allerhoechsten Moeglichkeiten, die politische und oekonomische Interessen in Lichtgeschwindigkeit durchsetzen koennen und das auch tun.
Das ist das Eine. Ich habe auch manchmal den Eindruck, den Leuten fehlt die Phantasie sich vorzustellen, was noch alles geht. Die Boerse ist keine Naturkraft. Man kann sie auch schliessen. Einfluss muss nicht Aktien heissen, in Deutschland z.B. halten die reichsten Leute ihre Vermoegen zum Grossteil in Unternehmensbeteiligungen:
https://www.diw.de/de/diw_01.c.793802.de/publikationen/wochenberichte/2020_29_1/millionaerinnen_unter_dem_mikroskop__datenluecke_bei_sehr_ho___geschlossen______konzentration_hoeher_als_bisher_ausgewiesen.html#section4
Auch wenn das bei den sichtbaren amerikanischen Groessen (Bezos, Musk etc.) nicht so ist sagt das nichts ueber Leute, von deren Namen kaum jemand je etwas gehoert hat. Im Uebrigen habe ich keinen Zweifel am Einfallsreichtum dahingehend, das ganze System als entkernte Schale formal stehenzulassen und z.B. trotzdem die Kleinaktionaere zu rasieren. Das ist auf vielen anderen Gebieten die letzten Jahre hinreichend vorgefuehrt worden. Wir haben z.B. ein formal existierendes Parlament – ohne jede Schlagkraft. Genauso wie Geichtsbarkeiten, Medien, usw., usf.. Und das ist nicht nur in Deutschland so.
Sehr richtig!
Da kann man nur die kleine Erzählung A Captain of Industry von Upton Sinclair empfehlen, schon 100 Jahre alt, aber Schullektüre in den USA. Da ist alles genau beschrieben, von der Manipulation der Kurse über Aussperrungen und Schiessereien.
Was ist dagegen hierzulande Schullektüre? Bücher über „Fat Shaming“ (dicke Mädchen) und Transen- bzw. Genderstuss.
Die deutschen Unternehmensbeteiligungen lösen sich am Ende der Beteiligungskette (die kleinsten, mittelständischen Gruppenmitglieder) immer in Patente und Immobilien auf. Ich kenne Unternehmen, die haben zwar die Marktführerschaft mit Produkt X, ziehen jedoch den meisten Gewinn aus Vermietung und Verpachtung. Wie übrigens auch Bill Gates.
Sehr schön analysiert und dargestellt!
Vielen Dank!
In der Spaltenüberschrift der mittleren Spalte steht 2024 statt 1924.
Was bleibt ist das Risiko der anschließenden Enteignung durch das kälteste aller kalten Ungeheuer (nicht Merkel, aber nah dran 🙂 ).
Danke, ich habe das geändert.
Ich halte es wie der “ gute alte Fugger“ mit dem 3-Speichen-Rad :
Land ( heute Wald, wiese, Acker , Immobilien ) , da kannste deine eigenen Kartoffeln anbauen.
Gold und Silber ( heute auch Platin, Palladium, Antiquitäten ) da kannste dir Kartoffeln zum Pflanzen und essen kaufen.
Kuxe ( früher Beteiligungen , Anleihen )( heute Aktien,…. Anleihen , die sind Schiet bei Pleitestaaten ) kaufen mit Geld das man langfristig nicht braucht.
Die Frage ist nur, : kauft man Russische Rohstoffaktien und chinesische Aktien , (das habe ich vor langer Zeit getan, bislang gut gelaufen ) oder Westliche Aktien , (da waren Nieten dabei ) ?
Russland ist ein dummschrumpfendes Land (Heinsohn). Woher soll da die Phantasie, die Innovation kommen, die auf dem Weltmarkt überleben kann? Viele westliche Länder werden sich von russischen Rohstoffen versuchen freizumachen. Die anderen Länder, die dann diese Rohstoffe kaufen: werden das so gute Zahler mit guten Währungen sein? Meines Erachtens eher nicht.
Dann viel Spass mit den „dummwachsenden“ Ländern, speziell auf einem bestimmten Kontinent und den von dorther einflutenden Massen. Da kommen sicher die Top-Innovationen her.
„Dann viel Spass mit den „dummwachsenden“ Ländern, speziell auf einem bestimmten Kontinent und den von dorther einflutenden Massen. Da kommen sicher die Top-Innovationen her“ Wer behauptet so etwas?
Herr Prabel, vielen Dank und mein Kompliment für diese Untersuchung.