Nicht Jammern, sondern Verändern
Unter der Headline „Putin ist der Mentor für extreme Linke und Rechte“ hat Richard Herziger seine Interpretation der Identitätskrise der Demokratie in der „WELT“ veröffentlicht.
Er schreibt: „Denn die griechische Hochzeit zwischen Links und Rechts ist kein Betriebsunfall und nur auf den ersten Blick ein widernatürliches Phänomen. In Wahrheit gibt es zwischen radikalen Linken und Rechten in Europa schon lange keinen nennenswerten Unterschied mehr. Ob es gegen den zur Quelle aller Weltübel dämonisierten „US-Imperialismus“, die „Nato-Kriegstreiber“, das „internationale Finanzkapital“ oder den „Zionismus“ geht – in Inhalt und Terminologie sind Links- und Rechtsaußen schier ununterscheidbar geworden.“
Soweit ist das nachvollziehbar. Der Halbjude Gysi wurde eben nicht von der NPD oder dem Islamischen Staat im Bundestag hinter die zweite Toilettentür gedrückt, sondern von seinen selbstgezüchteten extremen Linken. Antiamerikanismus, Antizionismus und Gegnerschaft gegen die NATO waren schon in der DDR die Leib- und Magenspeise von Honeckers Chefpropagandist Karl-Eduard von Schnitzler. Bei diesen analytischen Gedanken kann man dem WELT-Autor noch folgen. Und dann fängt er einfach an zu jammern:
„Wieder profitieren extreme Parteien … vom Überdruss an der vermeintlich „volksfernen“ repräsentativen Demokratie. Die politischen Eliten der liberalen Demokratien wirken indes bürokratisch erstarrt, ideell ausgelaugt – und weit davon entfernt, Begeisterung für die Verteidigung jener transatlantischen Werte zu wecken, die Europa frei, einig und stark gemacht haben.“
Ja, Herr Herziger, wie will man mit Gender-Mainstreaming, mit Political Correctness, mit der Diktatur von winzigen und zahlreichen Minderheiten über die Mehrheit Begeisterung für demokratische Werte erwecken? Diese Minderheitendiktaturen sind das definitive Ende der Demokratie. Entscheidungen darüber, wie Bürgerrechte definiert werden, fallen nicht mehr in Parlamenten, sondern werden in UN-Gremien und von Brüsseler Bürokraten getroffen. Und Tugendwächter aller Couleur haben keinen besseren Spaß mehr, als anderen Leuten was zu verbieten. Ich erinnere hier nur mal an das Verbot der Raucherklubs. Oder das Glühlampenverbot. Oder die verbrauchsunabhängige Rundfunksteuer. Alle diese Ver- und Gebote wären in einer freien und demokratischen Gesellschaft völlig undenkbar. In den 60er Jahren hätte man solche faschistoiden Eingriffe in die Freiheit nicht für möglich gehalten.
Und was ist denn von der repräsentativen Demokratie übriggeblieben? Erinnern wir uns. Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, hatte vor zwei Jahren beklagt, daß in seiner Volkspartei CDU keine Arbeiter und keine Unternehmer mehr in den Kreisvorständen vertreten seien. Ein Zustand, der vor 25 Jahren undenkbar und untragbar gewesen wäre. Der Faden zwischen den Schaffenden und der Politik sowie den Medien ist definitiv vollkommen abgerissen. Nicht nur in der CDU. Das ist die bürokratische Erstarrung.
Und die ideelle Auslaugung? Sowohl die Political Correctness wie auch Gender und der dreiste Klimalügner mit drei beheizten Swimmingpools Al Gore kommen nicht aus dem autoritären Rußland, sondern aus den Vereinigten Staaten. Der Propagandastreifen „Gasland“ mit dem brennenden Wasserhahn ist nicht in Moskaus finsteren KGB-Folterkellern gedreht worden, sondern im völlig abgefahrenen Hollywood. Wie wollen Obama und Merkel glaubhaft für demokratische Werte werben? Die westliche Welt hat ihre freiheitlichen Werte auf ganzer Linie verraten und verkauft.
Die politische Katastrophe kommt nicht durch Verschwörungen und das Unterwühlen der politischen Fundamente durch den Russen zustande, sondern durch Verlotterung und Vernachlässigung des demokratischen Baus durch die politischen Eliten des Westens. Die Verfassung wird am laufenden Band gebrochen, zum Beispiel beim Schutz der Familie. Vertragliche Regelungen werden ständig in Frage gestellt und aufgeweicht, wie bei Maastricht. Abgelehnte Asylbewerber gehen nicht nach Hause. Bei der Strafzumessung im Strafrecht haben sich Boni für Minderheiten etabliert. Es gibt kein verbindliches Recht mehr, an das man sich hält. Die Vertragsfreiheit als solche wird unter allen möglichen Diskriminierungsausreden und Klimaargumenten immer stärker ausgehöhlt.
Wenn es keine Vertragsfreiheit mehr gibt, wird es auch keine Demokratie mehr geben. Bereits in der Weimarer Republik wurde 1919 die Vertragsfreiheit durch Planwirtschaft ersetzt, vierzehn Jahre später wurde das Ermächtigungsgesetz für den Führer im Schnellverfahren beschlossen.
Es hilft überhaupt nicht über Putin zu jammern. Es ist an der Zeit, im ganzen Westen mal richtig aufzuräumen und demokratische Hausaufgaben zu machen. Die Menschen müssen wieder selbst entscheiden können, was sie für einen Staubsauger kaufen, ob sie Fernsehen wollen und zu welcher Demo sie gehen. Über wichtige Fragen müssen Volksabstimmungen möglich sein.
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