Privat geht eigentlich vor Katastrophe

Früher dachte ich, daß die Sparkasse und die Raiffeisen nur mit Kundengeld nicht richtig umgehen können. In den 90ern erschien nämlich ein Bankberater bei mir, der mir einen Lebensversicherungsfonds aufschwatzte. Mit dem hatte ich im Verlauf von zehn Jahren fast 70 % der Einlage verloren. Ähnlich ging es meinem Vater bei der Sparkasse. Er hatte als 90jähriger Rentner eine Zinswette gekauft. Und just als er starb (das war kurz nach Lehman) war die Zinskurve gerade invers und ein guter Teil des Geldes futsch. Seitdem habe ich Bankberater wie Aussätzige gemieden.

Jetzt habe ich mit Überraschung gelesen, daß die EZB-Geldhüter und Bankenaufseher keine Profis sind und nicht nur Kundengeld gering schätzen, sondern auch mit dem eigenen Geld nicht umgehen können. Dabei hieß es in der Russenzeit in der Nomenklatura, und auch beim Fußvolk: „Privat geht vor Katastrophe“.

Einige Leser werden diese Devise mit Anne Spiegel in Verbindung bringen, diese Weisheit ist jedoch mindestens so alt, wie der Sozialismus. „Freitag ab Eins macht jeder seins“, war aus demselben Thinktank. Ich hatte dabei als Brutstätten solcher individualistischen Ideologien immer Kreis- und Bezirksleitungen sowie Parteischulen im Verdacht. Das waren im Volksmund die sogenannten „Faultierfarmen“. Damals entwickelten solche unproduktiven Körperschaften noch eine lebhafte Eigenironie.

Zurück zum europäischen Geldadel: Einmal im Jahr werden die Depots der 25 Ratsmitglieder der Europäischen Zentralbank (EZB) veröffentlicht. Die beiden Finanzjournalisten Anja Ettel und Holger Zschäpitz von der WELT hofften aus dem Insiderwissen der Großen Honig zu saugen und Ideen für ihr eigenes Portfolio zu generieren.

Madame Lagarde hat ihre Kohle in zwei Mischfonds investiert, die über 5 Jahre eine durschnittliche Rendite von etwas über 2 % erwirtschafteten. Zum Vergleich: Der Dow Jones hat im entsprechenden Zeitraum 10,7 % jährlich zugelegt, der NASDAQ 16,3 %, der Nikkei 7,4 % und selbst der schillernde DAX noch 3,2 %. Die einzige EZB-Direktorin, die am Kapitalmarkt erfolgreich unterwegs war, und ihr eigenes Vermögen gemehrt hat, war Isabel Schnabel. Die anderen sind Flaschen.

Wenn Christine Lagarde einen livrierten Affen anstellen würde, der mit verbundenen Augen aus einer Lostrommel 30 Werte des S+P 500 ziehen würde, würde sie ihr eigenes Vermögen in der selbstgemachten Inflation vermutlich erhalten.

Anja Ettel und Holger Zschäpitz sind enttäuscht. Richtig wundern kann ich mich dagegen nicht. Heutzutage ist es Voraussetzung für die Übernahme von zentraler Verantwortung, daß man dumm wie Bohnenstroh oder vergeßlich wie Schussel-Olaf ist.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Man kann die Erfahrung nicht früh genug machen, wie entbehrlich man in der Welt ist.“ (Geh. Rath v. Goethe)