Für Langstreckenluisa war es der 9. Thermidor

Am 9. Thermidor 1794 wurde der Scharfmacher Robespierre entmachtet und guilotiniert. Das folgende Direktorium endete mit Napoleons Putsch vom 18. Brumaire. Das anschließende Konsulat war die schrittweise Rückabwicklung der Republik, 1804 war Napoleon endlich Kaiser geworden. Die Revolution fraß permanent ihre eifrigsten Kinder, der Republikanismus wich der Monarchie. Statt einem enthaupteten Sonnenkönig hatten die Franzosen einen Kaiser und nach 1815 wieder einen König aus dem Haus Bourbon.

Ähnliche Unfälle gab es um 1925, als die schwärmerischen Trotzkisten vom Realo Stalin abserviert wurden und als die SA-Fundis 1934 aus der Nacht der langen Messer nicht wieder aufwachten. Die Träumer haben es in revolutionären Situationen schwer. Eine Enttäuschung für die deutschen Fundis war zum Beispiel die Verwicklung von Rotgrün in den Kosovokrieg. Kaum im Amt wurde Außenminister Joschka Fischer mit einer Situation konfrontiert, die nicht im Parteiprogramm stand: Dem Konflikt zwischen moslemischen Eroberern und orthodoxer Urbevölkerung. Fischer begründete den deutschen Beitrag zur Kriegsführung so:

„Auschwitz ist unvergleichbar. Aber ich stehe auf zwei Grundsätzen, nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus. Beides gehört bei mir zusammen.“

Das brachte ihm einen Farbbeutel und viele Parteiaustritte ein. Heute steht Märchenrobert kaum im Amt vor dem Gordischen Knoten der deutschen Energieversorgung, den Dr. M. mit dem Wohlwollen von SPD und Grünen kunstvoll und unauflösbar geknüpft hatte. Seine ganze Riesentransformation ist durch den Ukrainekrieg im Eimer und er auf dem Trip nach Katar-Canossa. Es ist nicht lange her, daß die Grünen die Fußball-WM im Erdgasstaat boykottieren wollten, und nun müssen sie wohl zur Eröffnungsfeier anreisen. The times there are a changing, um das in der Problemsprache von Annalena zu kommentieren. Die feministische Außenpolitik ist aus, kaum daß sie verkündigt wurde. Das Aufrüsten hat sich der Kanzler auf den Tisch gezogen, weil er es Frau Lambrecht nicht zutraut. Die Außenpolitik macht das Kanzleramt, weil Annalena sowas nicht kann.

Erstmals bekannte sich mit der Ampel eine deutsche Regierung im Koalitionsvertrag zu feministischer Außenpolitik. Man wolle „im Sinne einer „Feminist Foreign Policy“ Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit stärken und gesellschaftliche Diversität fördern“. Mann trat nun im Stammland der Frauenrechte – dem Emirat Katar – mit einem tiefen Bückling vor den frommen Landesherrn. Das wars.

Die ausufernd vielfliegende Langsteckenluisa Neubauer hatte im dekadenten Berlin die abgefahrene Berufsfeministin Kristina Lunz zu einer Diskussionsveranstaltung zu feministischer Außenpolitik eingeladen. Lunz wirbt in ihrem neuen Buch „Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch“ für eine radikale Abrüstung und die Diplomatie als einziges Werkzeug der Außenpolitik. Paradoxerweise erschien ihr paranoides Machwerk just an dem Tag, als der Ukrainekrieg mit voller Wucht ausbrach und Annalenas Frontbesuch mit kugelsichern Mundschutz als unnütz entlarvt wurde. Für Lunz und Annalena die Höchststrafe.

Mit der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag ausgerufenen „Zeitenwende“ sei klar, daß es hier eine Rückentwicklung gebe, erklärte die erschrockene Neubauer. „Wir erleben einen militaristischen und patriarchalen Rückschritt in eine Zeit, von der man glaubte, sie überwunden zu haben“, so die Fridays-for-Future-Aktivistin. Schwer im Magen liegt das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen, mit dem die Bundeswehr einsatzfähig gemacht werden soll. Aber auch mit dem Klimathema tut sich die Bundesregierung schwer. Alle schönen Träume der Dekarbonisierung sind mit einem einzigen Federstrich des Zaren ausgeträumt oder auf die lange Bank geschoben. Frauenrechte, Klima, Abrüstung: Alles getauter Schnee von gestern.

Für die Extremisten von FfF, der allerletzten Generation und Extinction war der 24. Februar 2022 so etwas wie die Nacht der langen Messer oder der 9. Thermidor. Das Konzept des feministischen Stichelns hat sich im Wilden Osten nicht bewährt. Die Geduld des Weltgeistes wurde überstrapaziert und er hat sein martialisches Gesicht gezeigt. Wir sollten diesen Satz nicht mißverstehen: Wladimir Wladimirowitsch ist nicht der Weltgeist, letzterer hat viele Offenbarungen auf Lager, zahlreiche Gesichter sind es und grauslige Fratzen darunter.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Die Revolution ist wie Saturn, sie frisst ihre eigenen Kinder“ (Pierre Victurnien Vergniaud 1753 – 1793 vor seiner Guillotinierung.

 

Beitragsbild: Bernd Zeller aus ZZ. Heute: Energiepolitik ist noch weniger feministisch als Außenpolitik