Der Ursprung der russisch-ukrainischen Konflikte

Als Neurußland wurde früher das Gebiet der südlichen Ukraine, der Krim und des Donbass bezeichnet. Vor der Eingliederung ins Russische Reich war das Gebiet lange Zeit zwischen Polen-Litauen, dem Osmanischen Reich und dem Russischen Reich umkämpft gewesen. Dieses und die regelmäßigen Überfälle der Tataren des Krimkhanats und der Nogaier-Horde hatten zur Folge, dass diese Steppengebiete trotz ihrer fruchtbaren Schwarzerde nur gering besiedelt waren und den Namen „Wildes Feld“ trugen.

  Krimchanat im 18. Jh.

Der nördliche Teil der Provinz wurde ab dem 16. Jahrhundert zum Land der Saporoger Kosaken, flüchtiger ruthenischer und russischer Bauern und russischer Leibeigener, die dort das Hetmanat der Dnjepr-Kosaken errichteten. Von dort überfielen und verwüsteten sie ihrerseits das Hinterland der osmanisch-tatarischen Küstenstädte.

Die Saporoger Kosaken schreiben dem türkischen Sultan einen Brief, 1878 - 1891 - Ilja Jefimowitsch Repin Repin: Kosaken

Eine breitangelegte Kolonisierung und Erschließung Neurusslands erfolgte während und nach dem Russisch-Türkischen Krieg 1768–1774. Das Land wurde an den russischen Adel verteilt, der Kolonisten aus Zentralrussland mitbrachte. Zudem wurden viele ausländische Kolonisten angeworben, überwiegend Deutsche, Serben und Griechen.

1783 wurde das Khanat der Krim von Katharina II. annektiert, es wurde als Teil des Kolonisationsgebietes Neurussland eine Oblast Taurien eingerichtet. welche die Krim und das Gebiet nördlich davon umfaßte.

  Taurien

Taurien hatte 1897 1.447.790 Einwohner (23 auf 1 km²), davon waren 611.121 Ukrainer, 404.463 Russen, 196.854 Krimtataren, 78.305 Deutsche, 55.418 Juden und 10.112 Polen.

Lenin machte sich 1893 in dem später als „Neue wirtschaftliche Vorgänge im bäuerlichen Leben“ veröffentlichten Manuskript folgende Notiz:

„Zweitens ist das Gouvernement Taurien außer von Russen auch von Deutschen und Bulgaren besiedelt, deren Anzahl allerdings im Vergleich zur russischen Bevölkerung gering ist: im Kreis Dneprowsk gehören 113 von den 19 586 Höfen des Kreises deutschen Kolonisten, also nur 0,6%. Im Kreis Melitopol gehören Deutschen und Bulgaren (1874 + 285 = ) 2159 Höfe von 34 978, d. h. 6,1%. Im Kreis Berdjansk schließlich sind es 7224 Höfe von 28794, d. h. 25%.“

Er zählte als Großrusse die Ukrainer zu den Russen, was die amtliche Volkszählung übrigens nicht tat. Er zog 1921 auch die Grenzen der Sowjetrepublik Ukraine, wobei er das so ausführte, daß sie möglichst viele Russen umfaßte, was die heutigen Probleme verschärft.

Westlich von Taurien, um Odessa herum, gab es das Gouvernement Cherson: Im Jahr 1897 hatte es 2.733.612 Einwohner. Bedingt durch seine Geschichte als  Kolonisationsgebiet war die ethnische Zusammensetzung des Gouvernements besonders bunt. Von den Einwohnern waren 1.462.039 Kleinrussen, 575.375 Russen, 322.537 Juden, 147.218 Rumänen bzw. Moldauer, 123.453 Deutsche, 30.894 Polen, 25.685 Bulgaren, 22.958 Weißrussen sowie in kleinerer Zahl Griechen, Armenier und Tataren.

  Cherson

Nun ist eine multikulturelle Bevölkerung in der Geschichte nicht per se von Übel. Solange es keine zentrale Besteuerung gab, kein staatliches Schulwesen und kein Papiergeld funktionierten Vielvölkerstaaten leidlich gut, insbesondere wenn es starken Druck von außen gab. Um 1800 begannen jedoch weltweit Zentralisierung, Verstaatlichung und Entdemokratisierung Raum zu greifen. Etwa zwanzig Jahre nach Einführung der Schulpflicht begannen überall wegen dem Sprachenstreit nationale Bewegungen zu entstehen. Zudem griffen zentrale Steuerpraktiken und das Papiergeld in lokale Wirtschaftstraditionen ein. Der Zerfall des Habsburgerreiches, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, Jugoslawiens und der Ukraine hatten und haben viel damit zu tun.

Die Ukraine ist nicht der Streichelzoo, als den die Medien sie uns verkaufen wollen. Es kam in den vergangenen Jahren zu vielen harten Repressionen gegen nationale Minderheiten, insbesondere im Schulwesen. Das zahlt sich natürlich nicht aus. Die überwiegend russischen Gebiete haben sich bereits vom Acker gemacht, für das Restgebiet kann man nur hoffen, daß in Kiew Vernunft einkehrt. Das Schulwesen und die Besteuerung könnten entstaatlicht und den Völkern überlassen werden. Mit einer Goldwährung könnte eine von zentraler Steuerung unabhängige Währung etabliert werden, die den unterschiedlichen Interessen Raum gibt. Wenn man die Verhältnisse des 18. Jahrhunderts wieder einführt, dann geht Multikulti vermutlich.

Noch eine Bemerkung zum Völkergemisch in der Ukraine: Die oben erwähnten deutschen und krimtartarischen Bewohner wurden nach Kasachstan deportiert, soweit sie den Transport überstanden haben. Die Juden verschwanden in mehreren Vertreibungs- und Auswanderungswellen in Israel, falls sie den Krieg überlebt hatten. Die Polen wurden ausgewiesen und von den die Ukrainern wurden 1932/33 etwa sieben Millionen im Holodomor regelrecht ausgerottet.

Nun wäre es jedoch zu einfach die Ukrainer zu den Guten und die Russen zu den Schlechten zu stilisieren. Der Ukrainer Leonid Breschnjeff war die furchtbare Rache der Ukraine an den Russen. Als eines der schlimmsten Dreckschweine der Weltgeschichte war er daran Schuld, daß unsere Gefangenschaft hinter Stacheldraht 28 Jahre dauerte, daß die Sowjetunion nebst ihren Trabanten nach einem leichten Tauwetter wieder in orthodoxem Dogmatismus erstarrte und sich in das blutige und desaströse afghanische Abenteuer verstrickte.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Expräsident Dmitri Medwedew bei Twitter: „Bundeskanzler Olaf Scholz hat angeordnet, das Zertifizierungsverfahren für die Gaspipeline Nord Stream 2 zu stoppen. Willkommen in der schönen neuen Welt, in der die Europäer sehr bald 2000 Euro für 1.000 Kubikmeter Erdgas bezahlen werden!“