Daniel Stelter über die Wahlprogramme

Das hätte ich mir nicht angetan: Die Wahlprogramme der Bundestagsparteien zu lesen. Daniel Stelter hat es überlebt. Man muß vorausschicken, daß er immer ein kritischer Geist war. Er läßt insbesondere an den Programmen von SPD, Grünen und Linken kein gutes Haar, aber auch die anderen kommen nicht gut weg. Ein strenger Lehrer oder eine verkommene Klasse?

Interessant, daß die AfD noch der Klassenzweite ist. Nur eine Fünf und keine Sechs. Sie hat zudem den Vorteil  sich in Koalitionsverhandlungen nicht bis zur Unkenntlichkeit verbiegen zu müssen, was bei Stelters Lieblingspartei, der FDP, sicher der Fall sein wird. Wir wissen ja, daß die CDU immer ein hallewege vernünftiges Programm hatte, was im politischen Tagesgeschäft von der Kanzlerin bestenfalls als Klopapier verwendet wurde.

CDU SPD AfD FDP Linke Grüne
Wohlstand sichern 4 5 minus 4 ? 6 5
Verteilung von Wohlstand 4 5 3 bis 4 2 6 6
Klimapolitik 5 5 4 bis 5 2 bis 3 6 5
Europa 5 6 5 3 bis 4 5 5
Mehr Vermögen für alle 3 6 3 2 ? 3
Finanzierung des Staates 5 6 4 ? 6 5

Hier noch einige Zitate:

CDU:

„Selbstverständlich kann die UNION anders als die bisherige Opposition und ähnlich wie die SPD nicht den wahren Zustand des Landes – Investitionsstau, rückständige Digitalisierung, verfallendes Bildungswesen, nicht zukunftsfähige Sozialsysteme, Rekord-Abgabenbelastung, verfehlte Zuwanderungspolitik – beschreiben, würde es doch die offensichtliche Frage provozieren: Wieso habt ihr so schlecht regiert? Deshalb schiebt man es auf Corona. Deshalb betont man, mit „Maß und Mitte“ agieren zu wollen, immer mit dem Ziel, die eigene Verantwortung kleinzuhalten.

Womit wir bei dem Grundproblem des Wahlprogramms der CDU/CSU sind: die nötigen Reformen benennen, aber den Eindruck aufrechterhalten, gut regiert zu haben.“

„Der Titel des Wahlprogramms lautet: „Das Programm für Stabilität und Erneuerung. GEMEINSAM FÜR EIN MODERNES DEUTSCHLAND – Einige Ansatzpunkte dafür waren in der Tat zu finden. Vermutlich sogar mehr, als man von einer Partei, die seit 16 Jahren die Kanzlerin stellt, erwarten konnte. Dennoch ist es sicherlich kein Programm, was auch nur ansatzweise erfasst, wie groß der Sanierungsbedarf des Landes ist.“

SPD:

„Wesentliche wirtschaftliche Herausforderungen werden nicht erwähnt, man konzentriert sich auf Klima, Sozialstaatsausbau, höhere Umverteilung im Inland und in der EU. Eine Analyse der Ausgangslage reicht über das Bedauern des Rückstands im Bereich Digitalisierung (und etwas Infrastruktur – Bahn) und einer als „extrem“ charakterisierten Ungleichheit nicht hinaus. Mit Blick auf die Ungleichheit fragt man sich, ob die SPD ein anderes Land regieren will – aber egal.“

„Die SPD hat keinerlei Vorstellung, was wir in Deutschland tun müssen, um künftigen Wohlstand zu sichern. Sie rennt den Grünen und den Linken bei den Themen Klima und Umverteilung hinterher und macht nicht deutlich, warum man mit ihr bei den Themen besser fahren sollte, wenn man denn als Wähler denkt, es wäre ein wichtiges Thema. Da kann man besser gleich die anderen wählen.

Dabei hätte die SPD die Chance gehabt, sich als die Partei der Arbeiter, als Partei der unteren Mittelschicht profilieren zu können, mit einem Programm des Wohlstands für alle. All jene, die auf eine Verbesserung ihrer Lebenssituation hoffen, müssen woanders ihr Kreuz machen.

Logisch konsequent: die Forderung nach der Legalisierung von Cannabis! Denn in dem Deutschland 2040, das die SPD vorschlägt, wird man viel davon brauchen, um sich die Welt schön zu rauchen.“

AfD:

„Die AfD spricht einige Probleme zu Recht an. Jedoch kommt sie dann mit radikalen Lösungen – Beispiel Austritt aus der EU –, die dazu führen, dass auch die berechtigte Kritik abgetan werden kann in der politischen Diskussion. Besser wäre es, Brücken zu bauen, wenn man wirklich etwas verändern will.“

FDP:

„Die FDP hat dem Wiederaufbaufonds zugestimmt, bekennt sich zu mehr Umverteilung in der EU und hofft auf die Einhaltung von Regeln. Dabei wissen wir, dass dies seit Jahren nicht der Fall ist. Kritik hieran ist nicht anti-europäisch. Ich denke eher, diese Kritik nicht zu adressieren, ist anti-europäisch, weil damit die Probleme nicht gelöst, sondern verschleppt werden. Mehr Mut gerade der FDP wäre angebracht“

Grüne:

„Für eine Partei, die sich im Kern dem Klimaschutz verpflichtet hat, sind die Ideen, wie dieses Ziel erreicht werden kann, kaum innovativ. Über das Aufstellen immer radikalerer Forderungen hinaus hat die Partei nichts zu bieten, was nicht auch in den Programmen der anderen Parteien steht. Keine guten Nachrichten angesichts des tief greifenden Umbaus der deutschen Wirtschaft, den die Grünen planen.“

„Das Programm der GRÜNEN ist nicht dazu geeignet, den Wohlstand im Land zu erhalten. Im Gegenteil, es ist darauf angelegt, die Grundlagen unseres Wohlstands massiv zu gefährden. Umverteilung soll darüber zunächst hinwegtäuschen. Unter dem Mantel des Klimaschutzes wird ein Umbau der Gesellschaft propagiert, der vielen, die diese Partei wählen werden, nicht bewusst ist. Die Klimaziele werden wir so übrigens garantiert nicht erreichen, weil uns die Kraft bis 2030 ausgeht.  Ein schöner Land? Ich bin skeptisch.

Meine Frau hat auch in dieser Folge für gute Laune gesorgt. Sie stellte fest: Weil die Chinesen nicht mehr Fahrrad fahren wie in der guten alten Zeit und der CO2-Ausstoß auch deshalb weltweit stark steigt, fahren wir in Zukunft Fahrrad und dies staatlich gefördert. Fortschritt in Deutschland 2021.“

Linke:

„DIE LINKE träumt von einer reicheren Version der DDR, allerdings mit offenen Grenzen. Enttäuschend fand ich das intellektuelle Niveau. Sind doch normalerweise die Vertreter linker Ideen die spannendsten Gesprächspartner. Hier gewinnt man jedoch den Eindruck, es handelt sich um Menschen, deren einziges verbindendes Element die Abneigung gegen alle jene eint, die mehr haben als sie selbst. Neid ist ein starkes Gefühl, aber für mich ein unzureichendes Wahlargument.“

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Um den Arbeitnehmern ungestörte Freizeit und Erholung zu sichern, wollen wir einen grundsätzlichen Anspruch auf Nichterreichbarkeit festlegen.“ (Satz aus einem Wahlprogramm)