Die Ukraine ist nach wie vor ein Pulverfaß

Bei vorangegangenen Wahlen in der Ukraine seit dem Zerfall der Sowjetunion zeigte sich ein Bild gegenseitiger Abneigung von Russen und Ukrainern. Viele Anekdoten aus der Sowjetzeit bescheinigen, daß es sich wirklich um alte Erbfeinde handelt. Die Ukrainer nennen die Russen wegen der spitzen Bärte, die sie früher getragen haben „Ziegenböcke“. Zum Beispiel die Blutkommissare Trotzki, Lenin und Bucharin hatten alle so einen Bart. Auch die russische Delegation für die Verhandlungen in Rapallo mit Krassin, Tschitscherin und Joffe an der Spitze reiste mit Spitzbärten nach Italien. Fragt ein Ukrainer einen Fremden: „Bist du ein Ziegenbock?“ Der antwortet „Nein“. „Na dann können wir ja russisch miteinander sprechen.“ Umgekehrt ein Russenwitz: Ein Ukrainer fährt mehrere Tage mit der Transsib ohne sich zu waschen. Fragt ihn ein Russe, ob er nicht mal die Socken wechseln will. Der Ukrainer: „Die tausche ich nur gegen Speck.“

Der russische Osten des Landes wählte immer fundamental anders, als der ukrainische Westen. Im Ergebnis kam entweder eine russische oder eine ukrainische Regierung zustande, je nachdem, wer die Wahl gewonnen hatte.  Die andere unterlegene Volksgruppe hatte jeweils nicht viel zu sagen. Mit entsprechender Vehemenz wurde zugeschlagen. Parteiführer der Gegenseite wurden ins Zuchthaus gesteckt oder mit Giftattentaten versucht zu töten. Dem Präsidenten Juschtschenko beispielsweise wurde 2004 ein spezieller Dioxincoctail verabreicht.

Es ist sehr interessant zu beobachten, ob inzwischen eitel Freundschaft zwischen den orthodoxen Brüdern herrscht. Die Wahl vom 26.10.2014 ist lange vorbei, die Bekanntgabe der Ergebnisse hat ewig gedauert, aber nun hat die Regierung alle Einzelergebnisse ins Netz gestellt.

Es gab bei der Wahl 2014 drei prorussische Parteien: Den Oppositionsblock, die Kommunistische Partei und die „Kräfte der Ukraine“.

Der traditionell westlichste Wahlbezirk, sowohl geografisch, als auch politisch war immer Lwiw, früher Lemberg. Der russischste Bezirk war dagegen Donetsk.

Wenn man sich nun das Wahlergebnis der drei prorussischen Parteien von 2014 ansieht, so  errangen sie in Lwiw zusammen 1,6 %. In Donetsk dagegen 57.5 %.
In Donetsk betrug die Wahlbeteiligung 32,4 %, in Lwiw 70,0 %. In allen russischsprachigen Regionen lag die Beteiligung sehr deutlich unter 50 %, in den ukrainischen Wahlkreisen zwischen 55 und 70 %. Die Russen haben die Wahl teilweise regelrecht boykottiert. Man muß auch in Rechnung stellen, daß im prorussischen Aufstandsgebiet.eigene Wahlen stattfanden. Das Ergebnis in der Donetsker Volksrepublik und in der von Lugansk kann man auf der Internetseite Parties and Elections in Europe recherchieren, wenn man Lust hat. In den beiden „Volksrepubliken“ lag die Wahlbeteiligung bei 62 bzw. 68 %. Natürlich gab es in diesen beiden Gebilden keine wirkliche Opposition.

Das Wahlergebnis beweist: Die alte ethnische Spaltung der Ukraine ist 2014 noch intakt, auch wenn die Parteien von Julia Timoshenko und Petro Poroshenko relativ ausgeglichene Wahlergebnisse im ganzen Land erzielten. Aber es gibt auch viele ukrainische Parteien wie die Volksfront, die Liberalen, die Selbsthilfe und die Freiheit, die im russischen Osten völlig durchgefallen sind.

Als Putin die Krim aus der Ukraine herauslöste hat er das Kräfteverhätnis in der Restukraine zugunsten der Ukrainer und zulasten der Russen verändert, denn auf der Krim leben überwiegend Russen. Die Russen werden es in Zukunft etwas schwerer haben eine nationale Wahl in der Ukraine zu gewinnen. Dieselbe Wirkung hat die Unabhängigkeit der beiden Volksrepubliken. Es gibt im Leben keinen Vorteil, den man ohne Nachteile erkaufen kann. Auch Putin kann nicht zaubern.

Die Ukraine ist als Multikultistaat weiterhin ein Pulverfaß. Der Wähler hat es uns verraten.