Der Test gibt Großveranstaltungen den Rest

Der Leipziger Gerichtspräsident hat verworrenene Vorstellungen. Er schreibt seinen Richtern unter anderem: „Unabhängig von der eher akademischen Frage, ob nun nicht Geimpfte Nachteile oder Geimpfte Vorteile haben werden, laufen wir absehbar auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu, in der die eine Gruppe bei allen denkbaren Veranstaltungen und Vergnügungen nur kurz den digitalen Impfnachweis vorzeigt, während sich die anderen mühevoll und zeitraubend mit einem tagesaktuellen Negativ-Schnelltest anstellen und dann noch ihre Kontaktdaten angeben müssen.“

Woher weiß der, daß seine Richterchen sich Veranstaltungen und Vergnügungen hingeben werden, für die man  mühevoll und zeitraubend einen tagesaktuellen Negativ-Schnelltest braucht und seine Kontaktdaten angeben muß? Ich bin zwar kein Richter, aber ich habe außer Kreistagssitzungen noch nie irgendwas besucht, wo meine Adresse bekannt gegeben werden mußte. Wo bleibt der Datenschutz und was hätte das mit Vergnügen im landläufigen Sinne zu tun?

Wir befinden uns bereits in einer Art Biedermeier mit Zensur und Karlsbader Beschlüssen. Letztere betrafen  Maßnahmen zur Überwachung und Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen im Deutschland der Zeit nach Napoleon. Vergleichbar mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz und der Beobachtung demokratischer Tendenzen durch Inlandsgeheimdienste der BRD.

Der Denkerklub, Quelle Bildarchiv preußischer Kulturbesitz. Die Karikatur stellt ein Spottblatt dar und wurde wegen der herrschenden Zensur erstellt. Übrigens: Maskenpflicht. Alles wiederholt sich.

Im Biedermeier war es üblich, daß sich die bürgerliche Gesellschaft im kleinen Kreis deheeme traf. Es war die große Zeit der dilettantischen Hausmusik und der Lieder, die oft nur von ein oder zwei Instrumenten begleitet wurden. Ursächlich dafür war auch der Kostengesichtspunkt. Teures Ausgehen konnte man sich nach der ausländischen Unterdrückung und den dadurch entstandenen wirtschaftlichen Schäden eine ganze Weile nicht mehr leisten.

Die Zeit von 1816 bis 1840 war eine Zeit wirtschaftlicher und kultureller Konsolidierung, der ökonomische Wiederaufbau erfolgte im beginnenden 19. Jahrhundert wesentlich langsamer, als im Westen nach dem WK II. Typisch war die Flucht ins Idyll und ins Private. Eine Besonderheit des Biedermeier waren entsprechend die so genannten Zimmerbilder, detailgenaue Schilderungen einzelner Wohnräume. Die Biedermeier-Wohnstube war die Urform des heutigen Wohnzimmers, und wahrscheinlich wurde damals der Ausdruck Gemütlichkeit eingeführt. Die Geselligkeit wurde in kleinem Rahmen gepflegt, beim Kaffeekränzchen, am Stammtisch, bei der Hausmusik.

Das Lied Freut euch des Lebens wurde in der Biedermeierzeit zum Volkslied im ganzen deutschen Sprachraum. „Wer Neid und Missgunst sorgsam flieht, Genügsamkeit im Gärtchen zieht, dem schießt sie bald zum Bäumchen auf, das goldne Früchte bringt.“

Natürlich wurden Theaterstücke und Opern zensiert. Die Theaterautoren gingen damit unterschiedlich um: Viele passten sich an wie Raimund. Grillparzer, der auch Beamter war, schrieb einiges nur für die Schublade, während Nestroy mehrfach mit Geldbußen belegt wurde und eine Freiheitsstrafe absitzen musste. Öffentliche Turnveranstaltungen waren von 1819 bis 1842 verboten.

Im Biedermeier galten für die breite Masse die Hashtags #niewiederausgehen und #allesdichtmachen. Wenn man Unterschiede zur Merkelzeit finden will, muß man ganz schön lange suchen. Ich hatte nach der Machtergreifung von Dr. Merkel vorausschauend in den Gärten sehr schöne Sitzplätze gebaut. Da brauche ich keinen Test und keine Anwesenheitslisten.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst:

Wir sind Germanen, gemüthlich und brav,
Wir schlafen gesunden Pflanzenschlaf,
Und wenn wir erwachen pflegt uns zu dürsten,
Doch nicht nach dem Blute unserer Fürsten.

(Heinrich Heine)