Die Pest in Konstantinopel 1837

Als Gastbeitrag einer Leserin, die sich lange Zeit in Afrika aufgehalten hatte, möchte ich einen Eintrag als Replik auf „Die Pest in London“ einstellen:

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Nach meiner Kenntnis hat D. Defoe die Pest in London nicht selbst erlebt, das Buch ist also reine „fiction“ mit ein paar Übertreibungen. Es gibt noch andere Pestliteratur, „Das Decameron“ oder „Die Verlobten“ von Alessandro Massoni. Auf jeden Fall versuchten damals Obrigkeiten und Kirche bei den Pestzügen die Bevölkerung zu beruhigen und ihnen die Angst zu nehmen. Vermutlich befürchteten sie eine Destabilisierung der Ordnung. Das ist heute anders. Weil eine solche Befürchtung abwegig ist? So ändern sich die Zeiten.

Die Pest gibt es noch heute, z.B. in der Ituri-Region im Osten des Kongo, nahe der großen Seen. Die heutigen Yersinia pestis-Stämme sind nicht mehr so virulent, was von Vorteil ist. Denn, geht der Mensch hopps, geht auch die Pest mit ihm hopps.

Die deutschen Kolonialbeamten hatten auch mit der Pest zu tun, in genau dieser Gegend um die großen Seen, damals Deutsch-Ostafrika. Seinerzeit genügte der Erregernachweis per Mikroskop nicht. Um eine gesicherte Diagnose zu stellen, wurden Meerschweinchen dahingeopfert. Pestinfizierte waren nur Schwarze, heute POC genannt. Afrikaner sind allerdings nicht schwarz, sondern kommen in allen Abstufungen von braun vor. Doch braun als Farbe wäre Nazi. Colour haben die Europäer (Caucasians) und die Asiaten auch, sowas wie rosa-gelblich, in Abstufungen. Somit wären mit POC alle Menschen gemeint, im obigen Falle der Pest in Afrika waren aber nur Schwarze betroffen.

Nach den derzeitigen Regelungen der Sprachpolizei Indigene? Wer ist dort, die Bantu-Wanderungen im Hinterkopf, schon indigen? Also korrekter: unter denen „die dort schon etwas länger lebten“ waren einige an Pest erkrankt.

Von Vergleichen mit der Spanischen Grippe höre und lese ich seit fast einem Jahr nichts mehr. Da mag bei den Kórona-Bewirtschaftern die Befürchtung vorgeherrscht haben, einige Pfiffige könnten feststellen, daß es wirklich Parallelen gibt.

Nun wollte uns – den Untertanen, fast schon Leibeigenen – die absolutistische Herrscher :_*In (weitere Sonderzeichen sind noch nicht im Umlauf, sorry, wer sich diskriminiert fühlt) und ihre Fürsten und Herzöge einen Feiertag schenken. Erinnert mich an Südafrika oder die Philippinen. Wenn dort der Druck im Kessel zu groß zu werden drohte, schenkte die Obrigkeit einen Feiertag. Kostete nix und die Geschäfte waren auf. Merkel hätte sich dort genau erkundigen sollen: Die Geschäfte müssen unbedingt aufbleiben!

Noch ein Ausflug in den Süden, um die Belegung der Intensivbetten zu erklären: Karl-Heinz Leven hat in seiner „Geschichte der Infektionskrankheiten“ die Beobachtungen eines europäischen Offiziers in Konstantinopel erwähnt:

1835 bis 1839 weilte Helmuth von Moltke als preußischer Militärberater in der Türkei, um die Osmanen auf Vordermann zu bringen. Am 22.02.1837 berichtete er brieflich über eine Pestepidemie, die gerade gewütet hatte. Er vermutete „gewisse Breitengrade“ und die „großen enggebauten Städte des Orients“ als Ursprung der Seuche.

Die Franken wüßten um die Ansteckungsgefahr, die von alten Kleidern ausginge, und gegen die sie sich zu schützen wüßten. Träte bei Europäern dennoch ein Krankheitsfall auf, würde das ganze Haus entseucht. „Alle Kleider, Betten und Teppiche werden gewaschen, alle Papiere durchräuchert, die Wände geweißt und die Dielen gescheuert.“

Die Folgen eines Pestfalls in der Familie könnten erheblich sein: „Wer kompromittiert ist, der ist schlimm dran, als wäre er abgebrannt.“ Aus Furcht vor Ansteckung „schleichen die Franken in schwarzen Wachstaftmänteln schauerlichen Anblicks umher, ängstlich sucht einer dem anderen auszuweichen.“

Während etwa ein Dutzend europäische Familien von der Pest heimgesucht wurden, starben tausende von Türken. Die in Konstantinopel zahlreich lebenden Griechen hielten zwar Quarantäne ein, verzichteten jedoch auf die Entseuchung, so daß auch bei ihnen immer wieder Pest aufträte.

Während also die Griechen sich den in Konstantinopel lebenden Europäern etwas anglichen, war die Haltung der Moslems grundlegend anders. Sie träfen nicht die geringsten Vorsichtsmaßnahmen, sähen die Pest als Kismet (Zuteilung) und nahmen die Sterblichkeit als von Gott erteiltes Los hin. Hierfür sah Moltke eine religionsgeschichtliche Ursache, habe doch der Prophet MUHAMMAD seinen Anhängern eine fatalistische Einstellung gegenüber der Pest vermittelt.

„Muhammad hatte gewiß nicht Unrecht, als er, indem er verzweifelte, seine Landsleute vor der fürchterlichen Seuche zu bewahren, ihnen eine solche Verachtung gegen dieselbe einflößte. Dem Moslem ist die Pest nicht eine Heimsuchung, sondern eine Gnade Gottes, und die daran sterben, sind ausdrücklich vom Koran als Märtyrer bezeichnet. Die Furcht vor der Pest und alle Maßregeln sind daher nicht nur überflüssig, sondern auch sündlich.“

Moltke beobachtete, daß die Moslems, im Gegensatz zu den ängstliche Europäern, ihren Pesttoten bereitwillig das letzte Geleit gaben. „Mehr als einmal begegnete ich den Soldaten, welche soeben einen Kameraden eingescharrt, das Leichentuch über die Schulter geschlagen, harmlos singend nach Hause schlendern. Dort teilten sie die Erbschaft des Verblichenen unter sich auf und waren sehr vergnügt über eine Jacke oder ein paar Beinkleider, die ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit binnen dreimal vierundzwnzig Stunden den Tod brachten.“

„Bei diesem Fatalismus sind die Türken tolerant gegen uns, wie man es nur bei der geistigen Überlegenheit sein kann, die eine unerschütterliche Überzeugung gewährt. – „Komm ihm nicht nah, er fürchtet sich“, sagt der Türke mit aller Gutmütigkeit und ohne Spott, höchstens mit einem bißchen Mitleid.“

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Anmerkung von PB zum Verständnis: Hundertachtzig Jahre sind vergangen, die Regierungen im Nahen Osten haben eine andere Einstellung, als die Frommen (heutzutage in den meisten Landstrichen 10 bis 20 % der Bevölkerung). Seit der Eroberung Syriens, des Irak und Ägyptens durch die Moslems gab es immer einen latenten Konflikt zwischen den Befürwortern staatlicher Ordnung und religiösen Eiferern. Derzeit gibt es außer in Teilen Libyens, Syriens, Nigerias, Zentralafrikas, Malis, Afghanistans, Somalias und des Jemen überall eine staatliche Ordnung die, im Gegensatz zu Deutschland oder Frankreich den Islam als Staatsreligion unter ihre Kontrolle gebracht hat. Die Freitagspredigten werden im Präsidenten- oder Königspalast geschrieben, damit nichts anbrennt. So eine gottverfluchte Unordnung wie in Berlin oder Paris gibt es in Kairo, Ramallah und Riad nicht.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Die Verfasserin kennt nicht nur Afrika, sondern auch den Stasiknast von innen, ist in der Welt also schon etwas rumgekommen.