Streit über die Untoten

Zwischen dem merkelhörigen LÜGEL und Daniel Stelter ist es zu einer Kontroverse über Sein oder Nichtsein der Firmen-Zombies gekommen.

„Die Behauptung, dass die Rettungspolitik die Betriebe nicht stärkt, sondern am Ende schwächt, ist vor allem in Deutschland populär. (…) Doch die These ist gewagt. Manch vermeintlicher Zombie ist in Wahrheit quicklebendig. In vielen Staaten, in denen die Geldpolitik besonders locker ist, sind die Firmen gesünder als andernorts. Und wer in einer Pandemie nur auf die freien Kräfte des Marktes setzt, kann einen wirtschaftlichen Einbruch schnell in einen Absturz verwandeln.“, so der SPIEGEL.

Stelter dagegen über Firmenzombies: Es seien nicht nur unzureichende Gewinne, sondern eben auch ein Zweifel der Investoren an der Nachhaltigkeit des Geschäftes. „Der Marktwert des Unternehmens muss relativ tief verglichen zum Buchwert des Vermögens sein, unter 1 würde ich als sicheren Indikator nehmen.“

Sehen wir uns doch mal einen klassischen Untoten an, nämlich die Lufthansa. Das Kurs-Buch-Verhältnis lag 2019 bei 0,77, das hatte mit den „Maßnahmen“ also nichts zu tun. 2019 betrug der Umsatz 85,69 US$ pro Aktie, das Ergebnis nach Steuern 2,85 US$ = 3,3 % vom Umsatz. Das Eigenkapital wurde mit 11,5 Mrd. US$ angegeben, das Fremdkapital mit 37,2 Mrd. US$.

Wenn ein Jahr lang der Umsatz zu zwei Dritteln wegbricht, die Abschreibungen und ein Teil der Kosten weiterläuft, ist das Eigenkapital ratzfatz weg. Aus dem Bericht zum dritten Quartal: „Der Verlust je Aktie belief sich auf 2,457 USD. Im Vorjahresquartal waren 2,68 USD je Aktie in den Büchern gestanden. Der Umsatz ging im Vorjahresvergleich um 72,01 Prozent zurück. Hier wurden 3,15 Milliarden USD gegenüber 11,24 Milliarden USD im Vorjahreszeitraum generiert.“

Die Lufthansa ist ja nicht aus Jux und Tollerei quasi verstaatlicht worden. Wenn man sich fragt, warum der Luftverkehr allgemein so margenschwach ist und warum es immer wieder zu Insolvenzen in der Branche kommt, so stößt man auf das Phänomen der Überkapazitäten in der Luft. Und auf den Tatbestand umfangreicher Wettbewerbsverzerrungen. Zahlreiche Staatsairlines werden intransparent unterstützt, auch die Lufthansa profitiert wie alle anderen Gesellschaften von aus der Staatskasse bezahlten Transporten. Ich glaube nicht, daß Frau Gallina und andere NGO-Aktivisten sowie alle Scheinasylanten ihre Tickets aus der eigener Tasche bezahlen. Es waren wohl nicht nur der Hummer und die Nudel, für die der Steuerzahler aufgekommen ist, sondern möglicherweise auch die Flüge.

Die Lufthansa ist noch nicht mal das schlechteste Beispiel, was das Eigenkapital betraf. Viele Firmen hatten schon vor Kórona überhaupt keins mehr. Und da kommt es immer auf das Geschäftsmodell an. Zwei große Zigarettenkonzerne arbeiten seit Jahren ohne eigenes Geld, sie können sich aber auf die Sucht ihrer Kunden verlassen, ihr Geschäft floriert auch in der Krise.

Wenn man sich im Internet zugängliche Firmenbilanzen ansieht, nimmt man viel Elend zur Kenntnis. Und die 2020er Zahlen liegen noch nicht alle auf dem Tisch. In den jüngsten Insolvenzbekanntmachungen findet man Hotels, Eventmanager, Caterer, Baubetriebe, Gastronomiebetriebe, Discotheken, Anlagenbauer, Biolebensmittelhersteller, Modehändler, Messebauer und sogar das Krankenhaus der Stadt Ingelheim. Die Auslastung war wahrscheinlich schlecht wegen Kórona.

In 2020 hatten wir eine Untersterblichkeit der Betriebe. Nun kommen die Nachholeffekte. Im Märchen vom Gevater Tod zeigt er dem angehenden Arzt ein Kraut, womit er Kranke heilen darf, wenn er den Tod bei ihrem Kopf, nicht aber, wenn er ihn zu ihren Füßen sieht, und warnt ihn, das Gebot zu übertreten. Als die Königstocher schwer erkrankte, fiel dem Arzt ein, sie im Bett zu drehen. Der Tod sah es ihm einmal nach, das zweite Mal holte er ihn. Bundesjustizministerin Frau Lambrecht versucht über das Insolvenzrecht alle kranken Betriebe im Bett zu drehen, wir werden sehen, ob Gevatter Tod da mitspielt.

 

Grüße an den V-Schutz: „Es wird die Zeit kommen, da die Frauen regieren werden. Ob diese Zeit besser sein wird, wer weiß es?“ (Geh. Rath v. Goethe an Schiller 11.02.1798)