Sparer werden in Aktien fliehen
Sind das dann auch Geflüchtete, die mit Rettungsbooten der EKD aus dem Steuermeer gezogen werden? Oder muß sich jeder selbst helfen? Seit der Nullzinspolitik ist der Anreiz gewachsen, die Rücklagen für das Alter vom Bankkonto in den Aktienmarkt zu verlagern. Die Motivation dazu wird nach der Einführung einer Vermögensabgabe oder -steuer noch erheblich steigen. Denn gegen die Substanzbesteuerung kann man sich nur noch mit Erträgen retten, die etwas höher sind, als die Steuer. Nach der Vermögensbesteuerung entsteht vermutlich ein Ferkelrennen an den Börsen mit steigenden Kursen und sinkenden Renditen.
Der Aktienkäufer muß noch mehr als früher aufs Eigenkapital der Gesellschaften und auf deren Geschäftsmodell achten. Denn derzeit werden viele Unternehmen mehr oder weniger ruiniert. Es sind durchaus nicht nur Kórona und die „Maßnahmen“. Die Energieversorger haben gerade Milliarden bei der Stillegung von Kraftwerken verloren, Autobauer und Zulieferer leiden am CO2-bedingtem Kaufstreik, bei Daimler und BMW sinkt schon seit 2017 die Eigenkapitalquote. Bei VW tobt der Machtkampf zwischen Vorstand und Betriebsrat, der früher unter der Leitung von Peter Hartz mit einer feschen Mixtur aus Verderbtheit und Schönheit auf angenehme Art beruhigt wurde.
Das Eigenkapital der Lufthansa ist gerade vollkommen futsch. Selbst wenn die Firma wieder Gewinne machen würde, wird sie ein Jahrzehnt brauchen, um das zu korrigieren. Solange gibts keine oder völlig unattraktive Dividenden. Der Frankfurter Flughafen Fraport vermeldete für das dritte Quartal einen Verlust je Aktie von 3,29 EUR. Im Vorjahreszeitraum hatte das Unternehmen noch 1,79 EUR je Aktie erwirtschaftet. Da sind bei 92 Mio. Aktien fix mal 304 Millionen € weg, bei einem Eigenkapital von 4,6 Milliarden ist das noch zu verschmerzen. Allerdings hat ein Jahr vier Quartale. So wie bei der Lufthansa und bei Fraport muß man in die Tiefe der Bilanzen und in die letzten Geschäftsberichte blicken, bevor man sich so oder so entscheidet.
Auch lohnt ein internationaler Vergleich. Der Dax hat sich in den letzten drei Jahren besonders schlecht entwickelt, im Gegensatz zu anderen Indizes. Sicher eine Folge der überdurchschnittlichen Politisierung der germanischen Geschäfte. Opferungen an allen möglichen Altären – insbesondere der Klima- und der Kóronasekte – haben ihren Preis.
DAX | -0,1% | D | |
M-DAX | 13,4% | D | |
Tech-DAX | 23,6% | D | |
Dow Jones | 23,2% | US | |
S&P 500 | 37,9% | US | |
SMI | 11,6% | Schweiz | |
BOVESPA | 58,6% | Brasilien | |
SENSEX | 37,4% | Indien | |
ASX | 13,2% | Australien | |
Hang Seng | -8,5% | Hong Kong | |
Nikkei | 16,2% | Japan | |
CAC 40 | 2,2% | Frankreich | |
RTS | 23,2% | Rußland | |
SCI | 1,5% | China | |
IBEX | -20,6% | Spanien | |
PX | -8,5% | Tschechien | |
BUX | 9,8% | Ungarn |
Bei Auslandsaktien wird ein Teil des Ertrags durch die Wechselkurse ruiniert, oder auch aufgepimpt, das muß man im Auge behalten. Der brasilianische Real hat gegenüber dem Euro in drei Jahren 60 % Wert verloren, da ist der Kursgewinn der Bovespaaktien wieder weg. Der Dollar hat 2,9 % verloren, der australische Dollar 3,9 % und der japanische Yen hat 5,7 % aufgewertet.
Ein einfaches Tableau mit Dividendenrendite, prognostiziertem Gewinn, Eigenkapitalquote und Kursentwicklung zur Aktienauswahl hier mal als Beispiel, die Firmen sind völlig zufällig ausgewählt:
Div. 2019 | Gewinn 2020 | Eigenkapital | Kurs 3 Jahre | |
Kraft Heinz | 5,05 | etwa gleich | 51% | von 65 auf 30 |
Telekom Austria | 3,16 | etwa gleich | 31% | von 8 auf 6 |
Scandinavian Tobacco | 7,43 | verdoppelt | 66% | von 16 auf 13,5 |
Hindustan Zinc | 0 | etwa gleich | 86% | 325 auf 240 |
National Grid | 5,56 | 12 % weniger | 29% | 10 auf 10 |
BCE Canada | 5,26 | 12 % weniger | 28% | von 40 auf 38 |
Coal India | 5,53 | 25 % weniger | 21% | von 128 auf 138 |
Die Eigenkapitalquote ist auch deshalb interessant, weil Fremdkapital verzinst werden muß und der Zins schmälert den Gewinn. Noch ein Wort zum Geschäftsmodell: Finanztitel bleiben bei mir außen vor, weil ich davon nichts verstehe und weil es totale Überraschungskisten sind. Man muß sich nur daran erinnern, welche Banken die wertlosen ABS-Subprime-Schrottpapiere gekauft hatten, deren Kauf von der Bundesregierung auch noch empfohlen wurde. Wie sie sich mit teilweise wertlosen Staatsanleihen bis zum Erbrechen vollgestopft hatten. Oder wie elegant Wirecard alle Kontrolleure und die Kanzlerin jahrelang an der Nase herumgeführt hat. Banken sind etwas für Gläubige der keynesianischen Kreditsekte.
Ich hatte mich im März auf Konsumtitel festgelegt und bin damit gut gefahren. Inzwischen beobachte ich Tabakwaren, Öl, Bergbau und Telekommunikation. Da stößt man auf einige gut kapitalisierte und renditestarke Firmen zum fairen Preis. Es sind auch Unternehmen, die von den Medien aus ideologischen Gründen sehr schlecht behandelt wurden, viele Neuaktionäre sind sehr medienhörig und kaufen nur auf der überlaufenen Idiotenrennbahn. Das ist nicht in jedem Fall verkehrt, zahlreiche deutsche Aktien sind jedoch die letzten drei Jahre wie ein Stein in die Tiefe gerauscht. Fresenius, Continental, Wirecard, Bayer…
Grüße an den V-Schutz: „Ein reicher Mann ist, wer seine Steuern zahlen kann, ohne Schulden machen zu müssen.“ Bing Crosby.
Aktienkäufe sehe ich prinzipiell ähnlich wie Sie, denke dabei jedoch eher an langweilige ETFs, vielleicht noch Emerging Markets oder „spekulativ“ Gazprom – möglichst langfristig. Ansonsten traue ich mir die Beurteilung von Einzeltiteln nicht zu.
Der Aktienmarkt profitiert seit einiger Zeit nur von der Schwäche am Rentenmarkt, es steht bei den meisten Firmen keine Substanz, kein Wachstum dahinter.
Sicherlich gibt es noch viele AGs (insbesondere global betrachtet), die ihren Kurs wert sind, aber die Blase steht im Raum.
Die Frage ist, erzeugen „wir“ in naher Zukunft wieder echtes Wirtschaftswachstum, geht es ewig so (Schuldenexplosion bei gleichzeitigem Nullwachstum) weiter oder zerbricht etwas ?
Wenn es zerbricht, was zerbricht zuerst: Das Vertrauen in die Währung oder die Blase an der Börse?
Wenn beides gleichzeitig oder kurz nacheinander passiert, dann wird es ganz dunkel, auch in Helldeutschland.
Die #wirsindmehr (87% der Deutschen) werden dann wieder überrascht sein („Wir haben das alles nicht gewusst.“ bzw. „Das konnte doch damals keiner ahnen.“) oder freuen sich darauf.