Captain Future und die Saurier von 68

Bundesjustizministerin Lambrecht (SPD) sagte auf die Anfrage, ob die „Querdenken“-Bewegung zu einem Fall für den Verfassungsschutz werde, daß diese Einordnung die Verfassungsschutzämter treffen müssten. „Wenn man aber liest, was auf manchen Plakaten steht, gibt das einem schon zu denken. Was bei einigen der sogenannten Querdenker zu beobachten ist, entspricht nicht unserer Verfassungsordnung. Es stellt sich die Frage, ob die Bewegung ein Sammelbecken für Rechtsextremisten, Antisemiten und Verschwörungstheoretiker geworden ist.“

Nun diese Behauptungen sind so abseitig, daß es keinen Zweck hat sich damit auseinanderzusetzen. Die Verschwörer und Antisemiten sitzen offensichtlich auf der Regierungsbank. Sinnvoller ist die Beobachtung der Strategie der Querdenker, denn die liefert den Schlüssel für die Erklärung der offensichtlichen Nervosität der Altmaoisten in Medien und Regierung. Sie werden an ihre Jugend erinnert.

Die 68er Unruhe war ja vor allem eine Kulturrevolution. Abgesehen von den politischen Inhalten, die rückblickend gesehen vom MfS gesteuert wurden, gab es einen Aufstand gegen Verklemmtheit und angestaubte Konventionen. Don Alphonso berichtet manchmal darüber, was er vor Jahr und Tag alles angestellt hat, um die CSU zu ärgern. Ein netter Alttrotzkist aus Berlin klärte mich schon in den 80ern über Wirkmechanismen auf: Der Transport politischen Unsinns in die Jugend sei über Musik, Tanz, Bewegung, Krawall, Provokation und skurrile Events gelaufen, wie zum Beispiel eine Windbeutelschlacht im Kaffee Kranzler oder Sex mit dem geschäftstüchtigen Fräulein Obermaier in der Kommune 1. Es war eine Änderung der Lebensstile im Gang.

Selbst hinter dem Eisernen Vorhang siegte die revolutionäre Musik über Heino, Roy Black und Frank Schöbel. Ich hatte wegen mangelnden Sprachenntnissen wirklich keine Ahnung von den Texten, aber der Rhytmus riß mit. Alle Erzreaktionäre hörten krächzende und knarrende kulturrevolutionäre Titel im Westradio oder spielten sie als Musiker nach. Wie oft war gerade irgendwo auf dem Weg vom Sendemast zum Empfänger irgendwo in Hessen, Bayern oder Württemberg Gewitter, wenn die Hitparade lief! Da mußte man durch. Es lag völlig außer der Reichweite des Denkens, daß man die Tonträger dazu 25 Jahre später würde nachkaufen können. Ohne Knarzen und Rauschen.

Die Enkel der 68er rebellieren jetzt gegen die alt gewordenen, zu klebrigen Schleimern und Kriechern mutierten Exrebellen. Mit den alten Losungen und Lösungen der Provokation und Phantasie. Im folgenden Video begegnet uns der Zorro wieder, der Carolin Matthie vor einigen Tagen auf der Warschauer Brücke begegnet war. PB berichtete darüber. Es ist Captain Future von der Freedom Parade. Er verkörpert den hedonistischen und aufrührerischen Geist der 68er. Begleiten wir ihn auf seinem Phantasy-Trip nach Leipzig:

Für die Jugend ist der Captain natürlich eher ein Leitbild, als die brave FDJ 2.0, die von den Milliardärsonkels aus Amerika, den Gewerkschaften und im Geld schwimmenden Intendanten ausgehalten und benutzt wird. Die Antifa wird jetzt für Maskenzwang auf die Straße geschickt. 1968 wäre so ein braves Auflaufen für das verkalkte Establishment undenkbar gewesen. Das Renversement des alliances ist in vollstem Gange.

Die Antifa agiert jetzt auf den verlorenen Posten alter stehengebliebener Saurier wie Grölemeier, Campino und Udo. Das sind alles Geister vergangener Weihnachten wie in den 60ern Adolf von Thadden, Theo Lingen oder Zara Leander, wo sich bei der Jugend das ersten Frischegrades die Fingernägel kräuselten, wenn die im Fernsehen aufkreuzten.

Die Justiztante hat Angst um die kulturelle Hegemonie der Linken. Darum nazifiziert sie. Die Etablierten machen das so undifferenziert und durchsichtig: Der böswillig benutzte Nazistempel ist in einem Staat, wo alle Werte umgewertet wurden, längst das Gütesiegel.

 

Grüße an den V-Schutz. Das Justizministerium war schon seit den 70ern oft schwach besetzt.