Laß mich rein, laß mich raus

Gestern war der Tag der Befreiung, als das Reiseverbot nach 28 Jahren aufgehoben wurde. Pünktlich zum Jubiläum kam es zu einem Grenzzwischenfall, als ein Querdenkerbus an der GÜST (GÜST = Grenzübergangsstelle) Weisdin (Meck-Pomm) aufgehalten wurde. Nun werden böse Zungen behaupten, daß sich das DDR-Grenzregime wiederholt. Das ist aber falsch. Denn früher kam man nicht raus, heute nicht rein. Außerdem ist die Zonengrenze gewandert, in das Reich von Dörchläuchting. So nannte der Mecklenburger Fritz Reuter seinen Landesherrn. Ich zitiere aus Reuters Geschichte:

„In der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts, als Columbus grade Amerika entdeckt hatte, ritt an einem finstern Novembertage ein eisenbepanzerter Ritter durch die blühende Landschaft und erquickte sich an dem Dufte des Flieders und Jasmins. Sein Mackintosh schützte ihn und die Rüstung , und als er in die Herberge zur goldenen Kugel in Neubrandenburg eintrat, hatte er das Glück, mehrere Weinreisende aus Lübeck, Hamburg und Rostock zu treffen, auch einen Zigarrenhändler aus Bremen. – Man verstand sich bald, und als sich ihnen der Chirurgus erster Klasse, Herr Doktor Bernhard Keller (Zahnarzt und Chirurg in Neubrandenburg zu Reuters Zeit), freundlichst zugesellt hatte, sangen die fröhlichen Reisenden die Neubrandenburger Nationalhymne aus dem Jahre 1849: ›Oh, Holzenburg, oh, Holzenburg, Du Segen für Neubrandenburg! (Refrain eines Spottliedes auf einen Neubrandenburger Literaten aus dem Jahre 1849), was ihnen aber mit Recht schlecht bekommen mußte, denn sie wurden von Jakob Bendschneider (Polizeidiener in Neubrandenburg um 1860) abgefaßt und nach einem ehrwürdigen Gesetze ans dem Jahre 1543 verurteilt, welches anhebt: ›So reisige Knechte in einer Herberge singen, &c.‹ – Auch der Herr Doktor Bernhard Keller wurde, weil er verschiedene Doktor-Reisen auf das Land gemacht zu haben dem Gerichte bewußt geworden war, als reisiger Knecht angesehen und diesem gemäß Rechtens verurteilt …“

Es gibt im hohen Norden also eine lange Tradition des räudigen Umgangs mit Reisenden, woran sich die Sommertouristen der 70er und 80er Jahre auch geflissentlich erinnern werden.

Folgen wir der Schilderung einer gestrigen Einreise aus dem Süden im Polizeibericht:

„Eine dritte Veranstaltung, die „Corona-Info-Tour“ wurde am heutigen Nachmittag durch den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte untersagt. Grund dafür ist das derzeit geltende Einreiseverbot in das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (MV), da sowohl der Versammlungsleiter wie auch der stellvertretende Versammlungsleiter nicht in MV wohnhaft sind. Da nach den vorliegenden Informationen auch keine Ausnahmetatbestände im Sinne der Landesverordnung zum Schutz vor dem Corona-Virus zutrafen, musste den Betroffenen die Einreise nach MV verwehrt werden.

Um 18:05 Uhr wurde dem Anmelder telefonisch die Rechtslage mitgeteilt, dass die Personen nicht nach MV einreisen dürfen. Die Betroffenen drohten daraufhin eine gerichtliche Klärung an. Die Polizei hat dem Anmelder deutlich gesagt, dass die Einreise bis zur gerichtlichen Klärung nicht gestattet wird. Der Busfahrer ist trotzdem weiter in Richtung MV gefahren und hat sich dem Verbot der Einreise widersetzt. Der Bus wurde schlussendlich durch Beamte der Polizeiinspektion Neubrandenburg in der Ortslage Weisdin an der B96 gestoppt. Den betroffenen Personen wurde erneut die geltende Rechtslage im Sinne der Landesverordnung zum Schutz vor dem Corona-Virus erläutert. Sie widersetzten sich dieser erneut und verblieben in Weisdin.

Die betroffenen Personen haben in der Ortslage Weisdin einen LiveStream geschaltet, bei welchem zu Höchstzeiten über 80.000 Menschen zugeschaut haben. Zunächst berichteten sie über die derzeitige Situation, betonten aber mehrfach deutlich, dass sie sich im Recht sehen. Die Betroffenen weigerten sich, das Bundesland MV wieder zu verlassen. Gegen 20 Uhr suchte der Polizeiführer POR Rusch in Weisdin das Gespräch mit den Betroffenen, um Ihnen erneut die Rechtslage zu erläutern. Sie haben das Bundesland MV auf Grund des geltenden Einreiseverbotes zu verlassen. Die Betroffenen waren uneinsichtig und mobilisierten die über 80.000 User; Teilnehmer der Veranstaltungen in Neubrandenburg sowie die Bürgerinnen und Bürger aus Weisdin. Die geltende Rechtslage im Bundesland MV legten die Betroffenen so aus, als wenn diese durch POR Rusch als Einzelperson erlassen wurde. Die Betroffenen personalisierten das geltende Recht somit in einer Person. Die Betroffenen riefen die Bevölkerung auf, Strafanzeigen sowie Dienstaufsichtsbeschwerden gegen POR Rusch zu erstatten.

Den Betroffenen wurde auf Grund geltender Vorschriften der Lenk- und Ruhezeiten sowie der niedrigen Temperaturen und fortgeschrittenen Zeit ermöglicht, zu einem Objekt nach Neustrelitz und von dort aus weiter in Richtung Landesgrenze nach Brandenburg weiterzufahren. Dem haben sie sich ebenfalls widersetzt, da sie widerrechtlich auf dem Objekt in Neustrelitz verblieben sind.

Derzeit werden Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Busfahrer, die betroffenen Personen in dem Bus sowie gegen die Person, welche die Personen beherbergt hat, geprüft. Bei der Kontrolle des Busfahrers stellten die Beamten der besonderen Verkehrsüberwachung des Autobahn-und Verkehrspolizeireviers fest, dass dieser aus Österreich stammende Fahrer in den vergangenen Tagen mehrere Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten begangen hat. Diese Ordnungswidrigkeitenverfahren wurden eingeleitet.“

Ich muß mal anerkennend bemerken, daß die Wessis hartnäckige und in den Gesetzen belesene Querulanten sind, die man so leicht nicht los wird. Ossis wären an der Stelle umgekehrt. Der POR Rusch tut mir leid. Hätte er die Schwaben einreisen lassen, wäre er von der faschistoiden Medienmeute zerfetzt worden, so bekommt er nur eine Anzeige an den Hals. Ich denke für sich selbst hat er alles richtig gemacht.

PB ist für seine musikalischen Reminiszenzen bei Freund und Feind gefürchtet. Heute verlade ich meine Leser in die Zeit der Neuen deutschen Welle. Die Musikanten von Trio haben bereits 1982 erkannt, wo es 2020 klemmen könnte:

Grüße an den V-Schutz: Küstenbarbie läßt einen nicht rein.