Die Kriegsgebiete wählten patriotisch
In Kroatien hat die christdemokratische Regierungspartei Kroatische Demokratische Union (HDZ) sich an der Macht behaupten können und erzielte voraussichtlich 65 Mandate (2016: 61). Der Hauptgegener, die sozialdemokratische SDP, kam nicht vom Fleck und errang 43 Mandate (2016 mit Hilfstruppen: 54). Dritte Kraft wurde die patriotische Heimatbewegung (Domovinski Pokret DPMS) mit 15 Sitzen. Sie ist der nationalkonservativen Parteienfamilie zuzuordnen, ebenso wie die unabhängige Most Nezavisnih Lista, die mit 8 Abgeordneten ins Parlament einzieht (2016: 13). Die merkeltreue grünrote Mozemi (Wir können) errang nur 6 Sitze. Der Rest der 151 Mandate verteilt sich auf Minderheiten, zum Beispiel Italiener und Serben sowie Kleinstparteien. Es war ein recht massiver Rechtsrutsch an der Adria und in Slawonien. Dr. Merkel hat ein weiteres aufsässiges Land in der EU.
Im Wahlaufruf der Heimatbewegung hieß es: „Wir brauchen Einheit und ich hoffe, wir werden sie erreichen. Hand aufs Herz, dies ist kein Land, von dem unsere Vorfahren geträumt haben, dies ist kein Land, für das kroatische Verteidiger gekämpft haben, dies ist kein Land, in dem unsere Kinder und unsere Familien leben wollen Es ist nicht das Land, das Starčević, Radić und Tuđman wollten. Die falsche Politik der letzten zwanzig Jahre hat es an den Rand des Ruins und des Überlebens gebracht. (…) Es ist Serbien, das kroatische Städte, Kirchen zerstört hat … Serbien hat Menschen nach Kroatien geschickt, seine Streitkräfte … Wir sind ein Land, das Schaden erlitten hat, und jemand muss diesen Schaden endlich aufdecken und eine Entschädigung dafür verlangen! Andererseits hat Serbien unter anderem schwere Verbrechen begangen und viele kroatische Soldaten und Zivilisten in Konzentrationslager gebracht, und ich denke, dass diese Menschen auch eine Entschädigung verdienen! Wir haben ungelöste Grenzprobleme, also müssen wir das lösen. Ein großer Teil der Archive über das, was zu Kroatien gehört, befindet sich noch in Belgrad, und dies sind Situationen, in denen wir als Mitglied der NATO und der EU, eines Landes, sehr souverän handeln müssen. Schließlich hängt von uns der Beitritt Serbiens zur Union ab.“
Das ist alles Balkan pur, die Forderung nach Entschädigung kommt natürlich in den Regionen im Süden und Osten Kroatiens gut an, die im letzten Balkankrieg umkämpft waren, sie sind fest in der Hand patriotischer Parteien. Istrien, das von den Kampfhandlungen verschont blieb, ist dagegen eine Hochburg der Sozialdemokraten. Letztere erreichten dort fast 45 %. Die nationalkonservative Heimabewegung – letztlich eine rechte Abspaltung der Christdemokraten – erreichte im stark zerstörten Vukovar, das teilweise immer noch eine Trümmerlandschaft ist, 33,3 %.
Der Balkan ist ein Pulverfaß. Unter dem Gesichtspunkt der Folgenbehandlung von Trianon, Sevres und St. Germain wäre die Aufnahme weiterer Balkanstaaten in die EU schon wünschenswert, schädliche Nebenwirkungen lassen sich allerdings nur in Grenzen halten, wenn die EU noch einmal neu gegründet wird und der zersetzende Brüsseler Zentralismus und Voluntarismus ausgerottet wird.
In immer mehr Ländern erstarken oder entstehen nationalkonservative Kräfte, zuletzt in Spanien, Portugal und jetzt in Kroatien.
Grüße an den V-Schutz. Wieder eine Niederlage für Dr. Merkel.
Das Beitragsbild: Mein Schnappschuß vor einem Fußballspiel: Patriotische Gesänge.
Danke für die Info! Was die alten Konflikte angeht („Pulverfaß“ beschreibt es richtig), wäre eigentlich Füße stillhalten und Minimalkonsens suchen angesagt – auf mich hört aber niemand. [Allein das Thema „Konzentrationslager“ würde ich als Kroate ein wenig flacher halten.]
Das sollte so manche andere Nation auch.