Medienberichte nach der logisch-historischen Methode

Schon immer wurde die reale Welt in den Traktaten von Literaten, Journalisten und Philosophen so zurechtgestutzt, wie es für ein Wunschgebäude gerade gebraucht wurde. Heerscharen von Historikern sind unterwegs, um alte Texte zu hinterfragen und mit kritischen Methoden Dichtung von Wahrheit zu scheiden.

Karl Marx und Friedrich Engels beispielsweise hatten eine fixe Idee – die Errichtung des Kommunismus – und um diese zu popularisieren war ihnen jedes Mittel recht. Die Geschichte wurde – wo es der guten Sache diente – zurechtgebogen, bis es paßte. Zum Beispiel wurden aus dem historisch eher traditionalistischen süddeutschen Bauernkrieg frühbürgerliche Verhältnisse herausinterpretiert. Lenin machte in seinem Frühwerk aus jeder Putz- und Hutmacherwerkstatt um Moskau eine Brutstätte des Kapitalismus. Rosa Luxemburg erkannte bei einer Rede am 27.05.1913 in der damaligen Türkei einen kapitalistischen Staat.

August Bebel mißinterpretierte die Jugendbewegung als Quell einer marxistischen Umkehr: Er nahm an, daß alle, die er zum Gelehrten- und Künstlerproletariat rechnete, sich der Sozialdemokratie anschließen würden. „Alles drängt zur höheren Ausbildung und zum Studium. (….) Diese Jugend wird zur Kritik an dem Bestehenden herausgefordert und gereizt und hilft die allgemeine Zersetzungsarbeit wesentlich beschleunigen.“ Es bildete sich eine antisozialdemokratische, antimarxistische, antikapitalistische, antiklerikale, antiindustrielle und fortschrittsskeptische Bewegung, eine Neue Mitte, die die von Bebel hochgeschätzte Zersetzungsarbeit leistete, ohne sozialdemokratisch zu sein. Und wenn sie sozialdemokratisch war, so war dies oft nur eine Zwischenstation auf der Abdrift in die USPD, später in die KPD und in die NSDAP.

Friedrich Engels hatte die rabiate Vergewaltigung von Geschichte 1859 in seiner Rezension zu Karl Marxens Schrift „Zur Kritik der Politischen Ökonomie“ so verteidigt:

„Die Kritik der Ökonomie, selbst nach gewonnener Methode, konnte noch auf zweierlei Weise angelegt werden: historisch oder logisch. Da in der Geschichte, wie in ihrer literarischen Abspiegelung, die Entwicklung im ganzen und großen auch von den einfachsten zu den komplizierteren Verhältnissen fortgeht, so gab die literargeschichtliche Entwicklung der politischen Ökonomie einen natürlichen Leitfaden, an den die Kritik anknüpfen konnte, und im ganzen und großen würden die ökonomischen Kategorien dabei in derselben Reihenfolge erscheinen wie in der logischen Entwicklung. Diese Form hat scheinbar den Vorzug größerer Klarheit, da ja die wirkliche Entwicklung verfolgt wird, in der Tat aber würde sie dadurch höchstens populärer werden. Die Geschichte geht oft sprungweise und im Zickzack und müßte hierbei überall verfolgt werden, wodurch nicht nur viel Material von geringer Wichtigkeit aufgenommen, sondern auch der Gedankengang oft unterbrochen werden müßte; zudem ließe sich die Geschichte der Ökonomie nicht schreiben ohne die der bürgerlichen Gesellschaft, und damit würde die Arbeit unendlich, da alle Vorarbeiten fehlen. Die logische Behandlungsweise war also allein am Platz. Diese aber ist in der Tat nichts andres als die historische, nur entkleidet der historischen Form und der störenden Zufälligkeiten.“

Seit den 70ern wurde von den Pseudoeliten an neuen Weltverbesserungslehren gestrickt: An der grenzenlosen One-World-Geschichte und an der Weltuntergangstheorie wegen mangelnden Ressourcen. Auch dabei kam die logische und nicht die historischen Methode zum Einsatz. Alle störenden kulturellen, religiösen, ökonomischen, ökologischen und traditionellen Faktoren werden einfach ignoriert, um eine abgehobene Fortschritts- bzw. Verzichtsgeschichte erfinden zu können.

Ab und zu stört der Liebe Gott die logischen Gedankenspiele, dann verläuft die Geschichte sprungweise und im Zickzack, wobei viel historisches Material von geringer Wichtigkeit aufgenommen werden muß und der „logische Gedankengang“ unterbrochen wird. Ich nenne hier mal einige Beispiele:

  • die Revitalisierung des Islam ab 1974
  • die Auferstehung Chinas ab 1979
  • der Zusammenbruch des orthodoxen Sozialismus 1986-90
  • die Eurokrise ab 2002
  • Breitscheidplatz, Nizza, Bataclan, Domplatte, Königstraße
  • die Renaissance des Hinduismus ab 2014
  • die Wahl Donald Trumps 2016
  • der harte Brexit 2020
  • die globale Lieferkettenkrise 2020

All dieses historische Material von „geringer Wichtigkeit“ wird von unseren Medien ignoriert, diffamiert, mißinterpretiert, schlechtgeredet und runtergeschmiert. Ein rundes Weltbild entsteht dabei nicht, sondern einfach nur ein uninformiertes und desorientiertes Volk. Die idealistische Berliner Weltsicht räumt reale Fakten gern aus dem Weg. Dazu der junge Karl Marx: „Philosophie und Studium der wirklichen Welt verhalten sich zueinander wie Onanie und Geschlechtsliebe.“ – Die deutsche Ideologie. Marx/Engels, MEW 3, S. 218.

 

Grüße an den V-Schutz. Viel Spaß beim Abheften der wirklichen Welt!