Französische Kommunalwahlen: Ein Erdrutsch sieht anders aus
Die erste Runde der Kommunalwahl in Frankreich ist gelaufen. Die Sozialisten sind nicht so gewaltig abgewählt worden wie befürchtet und die Front National ist nicht so stark wie von der Systempresse vermutet. Erst bei der Europawahl wird der Wähler wirklich ins Gericht mit Präsident Hollande gehen.
Was jedoch auffällt ist der Stil oder besser die Stillosigkeit, wie man in Frankreich mit Wahlverlierern umgeht. The winner takes it all = der Wahlgewinner bekommt fast alle Sitze. Die Stadtratsfraktionen der Opposition passen, egal wie knapp sie verloren haben in eine Telefonzelle. Für den Gewinner gibt es dagegen einen riesigen Bonus. In einigen Städten ist die Wahl schon abgeschlossen, weil die Wahlsieger über 50 % der Stimmen erreicht haben. Es sind zum Beispiel Le Havre, Bordeaux und Toulon.
Le Havre
Konservative 52,0 % und 45 Sitze
Linksfront 16,4 % und 5 Sitze
Front National 13,4 % und 4 Sitze
Sozialisten und Verbündete 16,7 % und 5 Sitze
Bordeaux
Konservative 60,9 % und 52 Sitze
Front National 6,1 % und 2 Sitze
Sozialisten und Verbündete 22,6 % und 7 Sitze
Toulon
Konservative 59,3 % und 50 Sitze
Front National 20,5 % und 6 Sitze
Sozialisten und Verbündete 10,1 % und 3 Sitze
Derselbe präsidiale Stil wie im Elysee-Palast herrscht in ganz Frankreich in den Rathäusern. Dem Bürgermeister huldigt eine riesige Regierungsfraktion und die Opposition sitzt an winzigen Katzentischchen. Kleine Parteien und Bürgerinitiativen gehen in der Regel leer aus.
Jedes Land hat seine eigene politische Kultur. Und in fast allen Ländern werden kleine Parteien behindert. In Deutschland zum Beispiel mit der 5-%-Klausel und Unterschriftensammlungen. Aber wer diese Hürden genommen hat wird einigermaßen fair bedient.
In der französischen Innenpolitik hat das unfaire Wahlsystem unangenehme Auswirkungen. In Städten, wo Wahlbündnisse die Regierungsmehrheit verlieren, kullern Dutzende Politiker ins Nichts und machen ihre Parteiführung für die Niederlage verantwortlich. Auf Parteitagen von Verliererparteien ist nach verlorenen Kommunalwahlen immer die Hölle los. Präsident Hollande wird nach den Wahlen einiges auszustehen haben…
Noch ein Blick auf Gewinne und Verluste gegenüber 2008: Die Sozialisten haben in Le Havre 12,5 % verloren, in Bordeaux 11,5 % und in Toulon 4 %. Die Front National hat in Le Havre 9,4 % gewonnen, in Bordeaux 6,1 % und in Toulon 13,9 %. Ein politischer Erdrutsch sieht anders aus.
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