Durch die Landrätin angepampt – Vergleiche mit der DDR

Ich bin schon ein bißchen älter und habe seit den 70er Jahren im Weimarer Land drei Vorsitzende des Rates des Kreises erlebt und drei Landräte. Bisher wußten alle, was die Mindestanforderungen für einen Kreischef sind. Und wie man Kommunalpolitik macht, das heißt wie man trotz fragwürdiger und in der Regel falscher Anweisungen von ganz oben das Leben vor Ort gegen Virus, Tod und Teufel organisiert.

Ich war selbst 16 Jahre Bürgermeister, davon die ersten zehn Jahre in der CDU. Es kommt darauf an, daß man die Berliner Politik weitgehend links liegen läßt und mit allen Akteuren – ich hatte damals auch ein SPD-Mitglied im Gemeinderat – einen Faden spinnt, welcher der Kommune hilfreich ist. Auch wenn man manche poltischen Meinungen für Blödsinn hält. Je kleiner eine Einheit ist, desto weniger darf man sich an die Wäsche gehen. So ein Amt wie Bürgermeister oder Landrat verlangt wie das eines Monarchen Überparteilichkeit. Und ein Landkreis mit 82.000 Einwohnern ist eine relativ kleine Einheit, wo man auch persönlich miteinander zurechtkommen sollte.

Der Vorsitzende des Rates des Kreises Erich Kummer (regierte bis Anfang der 80er Jahre) wußte sicherlich, daß ich seine Ansichten zum antifaschistischen Schutzwall und zur führenden Rolle der Partei nicht teile, aber er beschimpfte mich und auch andere Schäfchen seiner Herde nie öffentlich. Das Häßliche überließ er den Journalisten, der Stasi und der Klassenjustiz. Weil er das konsequent so handhabte, und seinen Freunden Vorteile zuschanzte, regierte er sehr lange. Sein relativ lockerer Amtsnachfolger Klaus-Dieter Becker behandelte mich, obwohl ich nicht in der Partei war, und obwohl ich als kritisch bekannt war, ganz nett. Sein Stellvertreter Carl verhielt sich zumindest korrekt und verstand was ich wollte, als ich mal diskret mit dem Ausreiseantrag drohte. Dessen Nachfolger Lux – ein strammer Stasimann aus dem Kreis Arnstadt importiert – hatte keine Zeit mehr mich zu verunglimpfen. Als er 1988 ins Amt kam, brannte schon das Dach von seiner roten Hütte. Er war ein Eiferer und herrschte sehr kurz.

Von Landrat Peeß (1990 bis 1994) merkte man garnicht, daß es ihn überhaupt gab und Landrat Hans-Helmut Münchberg (1994 bis 2018) legte sich nicht mit mir an. Im Gegenteil: Münchberg verteidigte die AfD mal im Kreistag, als es zu bunt wurde.

Und nun haben wir seit 2018 die erste Frau an der Kreisspitze: Christiane Schmidt-Rose aus dem Kreis Olpe in NRW, im folgenden CSR genannt. Nun müßte ja nach feministischer Theorie eine bessere und friedlichere Welt begonnen haben. Das hört sich im Amtsblatt so an: „Ich bin jedenfalls der Meinung, daß wie abrüsten sollten, aufeinander zugehen müssen, um die Themen anzugehen, die sich für das nächste Jahrzehnt andeuten: bleibt die deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähig, wird China die führende Wirtschaftsmacht, wie halten wir es mit Rußland, wie mit weltweit Zuflucht suchenden Menschen?“

Aufeinander zugehen zu wollen ist ja o.k. Was man im Landkreis für oder gegen China, Rußland oder Asylanten tun kann, erschließt sich den Lesern des Amtsblatts allerdings nicht. Das wird alles komplett im Kanzleramt entschieden. Hier offenbart sich ein Mißverständnis der eigenen Rolle, politische Horizontlosigkeit und Nibelungentreue zur Kanzlerin.

Aufeinander zugehen sollte man in der derzeitigen Krisenzeit, wo sich viele Gewißheiten in Luft auflösen, auf jeden Fall. In einem Landkreis, wo CDU, AfD und Linke im Herbst Kopf an Kopf durchs Ziel der Landtagswahl gegangen sind, ist folgender Satz von CSR im letzten Amtsblatt ärmlich und erbärmlich: „Und ich frage mich, wie man sich als Bürger neben einen Höcke stellen kann oder in ihre Versammlungen gehen kann oder wählen kann, ohne daß man sich die Frage anhören möchte, wie hältst du es mit den Nazis?

Wie schon dargelegt, nicht mal in der Zone ist man sich auf der untersten Ebene so an die Wäsche gegangen. Was die Landrätin CSR so von sich gibt, mußten früher die primitiven Hetzer und Eiferer vom Neuen Deutschland, von der Aktuellen Kamera, vom Schwarzen Kanal und von der Staatssicherheit erledigen.

Wir im Osten – soweit nach 1930 geboren – haben achtundzwanzig lange Jahre unschuldig hinter Stacheldraht gesessen. Ich hab jeden Tag ne halbe Flasche Schnaps getrunken, um alles in einem milderen Licht zu sehen. Wir sind der Welt nichts schuldig, im Gegenteil. Die Verbrecher und Versager von Jalta müssen sich endlich bei uns und den anderen Völkern im Osten entschuldigen.

Alle, die gegen den antifaschistischen Schutzwall waren, wurden schon von 61 bis 89 als Nazis runtergemacht, wir haben da ein dickes Fell. Von CSR verlange ich aber trotzdem eine Entschuldigung.

Es ist müßig, aber man könnte, wenn man den kreislichen Frieden stören will, auch zurückfragen: „Und ich frage mich, wie man sich als Bürger neben eine Landrätin CSR stellen kann oder in ihre Versammlungen gehen kann oder sie wählen kann, ohne daß man sich nach der Rückgängigmachung einer bürgerlichen Regierung in Thüringen die Frage anhören möchte, wie hältst du es mit der Kanzlerin eines faschistoiden Staatstreichs, mit Dr. Merkel?

Wie schon dargetan, das Ausgreifen nach Berlin dient guter Kommunalpolitik nicht. Darum: Her mit der Entschuldigung!

 

Beitragsbild: CSR aus Amtsblatt Nr. 02/20, vom unbekannten Fotografen

 

Grüße an die Schlapphüte und Ledermäntel aus aller Herren Länder!