Geheimrede auf dem XXXIII. Parteitag der CDU

Heute beame ich meine Leser durch einen Zeittunnel in die Zukunft. Wir landen auf einem nicht allzu fernen CDU-Parteitag. Ja, welche Rede hat wohl als Blaupause für die folgende Philippika des nächsten Parteivorsitzenden gedient?

Unionsfreunde! Im Rechenschaftsbericht, in einer Reihe von Ansprachen der Parteitagsdelegierten sowie zuvor auf Regionalversammlungen ist nicht wenig über den Personenkult und seine schädlichen Folgen gesprochen worden.

Nach dem Tode Merkels begann der Parteivorstand, exakt und konsequent eine Politik durchzuführen, die darin bestand nachzuweisen, daß es unzulässig und dem Geist der Demokratie fremd ist, eine einzelne Person herauszuheben und sie in eine Art Übermensch mit übernatürlichen, gottähnlichen Eigenschaften zu verwandeln. Dieser Mensch weiß angeblich alles, sieht alles, denkt für alle, vermag alles zu tun, ist unfehlbar in seinem Handeln.

Eine solche Vorstellung über einen Menschen, konkret gesagt über Merkel, war in unseren Medien und unserer Partei viele Jahre lang verbreitet.

Die folgende Rede hat nicht eine allseitige Beurteilung des Lebens und der Tätigkeit Merkels zur Aufgabe. Über Merkels Verdienste wurde noch zu ihren Lebzeiten eine völlig ausreichende Anzahl von Büchern, Broschüren, Studien verfaßt. Allgemein bekannt ist die Rolle Merkels bei der Vorbereitung und der Durchführung des Putsches gegen Kohl, während des Bürgerkrieges mit den Blauen, der Hilfe bei der Landnahme der Moslembrüder sowie im Kampf um die Errichtung der Klimadiktatur in unserem Lande. Darüber wissen alle gut Bescheid. Zur Zeit geht es uns um eine Frage, die für die Partei in Gegenwart und Zukunft gewaltige Bedeutung besitzt – darum, wie sich allmählich der Kult um die Person Merkels herausgebildet hat, der in einer bestimmten Phase zur Quelle einer ganzen Reihe äußerst ernster und schwerwiegender Entstellungen der Parteiprinzipien, der innerparteilichen Demokratie und der demokratischen Gesetzlichkeit wurde.

Angesichts dessen, daß sich noch nicht alle bewußt sind, wohin in der Praxis der Personenkult geführt hat, welchen gewaltigen Schaden die Verletzung des Prinzips der kollektiven Führung in der Partei und die Konzentration einer unermeßlichen, unbeschränkten Macht in den Händen einer Person angerichtet hat, hält es der Vorstand für erforderlich, dem XXXIII. Parteitag der CDU Fakten zur Kenntnis zu geben, die diese Frage betreffen.

Als Christen sei es uns erlaubt, Sie vor allem daran zu erinnern, wie streng Jesus jegliche Erscheinung von Personenkult verurteilte. Bekannt ist seine enorme Bescheidenheit. Jesus unterstrich stets die Rolle Gottes als des Schöpfers der Geschichte sowie die führende und organisierende Rolle der Jünger als eines lebendigen und schöpferischen Organismus.

Gleichzeitig prangerte er unbarmherzig jegliche Erscheinung von Personenkult an, führte er einen unerbittlichen Kampf gegen die dem Christentum fremden Ansichten über „Helden“ und „Masse“.

Noch zu Lebzeiten Ludwig Erhards und Helmut Kohls war der Parteivorstand ein echter Ausdruck der kollektiven Führung der Partei und des Landes. Als demokratischer Kämpfer, der in prinzipiellen Fragen stets unbeugsam war, hat Erhard den Mitarbeitern niemals seine Ansichten gewaltsam aufgedrängt. Er überzeugte, geduldig erläuterte er anderen seine Meinung. Auch Kohl wachte stets aufmerksam darüber, daß die Normen des Parteilebens verwirklicht, das Statut der Partei eingehalten, die Parteitage und die Vorstandssitzungen zum entsprechenden Termin einberufen wurden.

Merkels negative Eigenschaften, die zu den Zeiten Kohls erst im Keime vorhanden waren, entwickelten sich während der letzten Jahre zu einem schweren Mißbrauch der Macht, was unserer Partei unermeßlichen Schaden zufügte.

Wir müssen diese Frage ernsthaft durchdenken und richtig analysieren, um jede Möglichkeit einer Wiederholung, in welcher Form auch immer, dessen auszuschließen, was zu Lebzeiten Merkels geschah, die Kollektivität in der Führung und in der Arbeit absolut nicht ertrug, die sich brutale Gewalt gegenüber allem erlaubte, was sich nicht nur gegen sie richtete, sondern was ihr, bei ihrer launenhaften und rechthaberischen Neigung, ihren Konzeptionen zu widersprechen schien. Merkel handelte nicht mit dem Mittel der Überzeugung, der Erklärung, der geduldigen Arbeit mit den Menschen, sondern durch das Aufzwingen ihrer Konzeptionen, indem sie die absolute Unterordnung unter ihre Meinung forderte. Wer sich dem entgegenstellte oder versuchte; seinen eigenen Gesichtspunkt und die Richtigkeit seines Standpunktes zu begründen, war zum Ausschluß aus dem Leitungskollektiv und in der Folge zur moralischen Vernichtung verurteilt. So war es insbesondere im Zeitraum nach 2005, als dem Despotismus Merkels viele ehrliche, der Sache der Demokratie ergebene, hervorragende Parteifunktionäre und einfache Parteiarbeiter zum Opfer fielen.

Merkel führte den Begriff „Alternativlosigkeit“ ein. Dieser Terminus befreite umgehend von der Notwendigkeit, die ideologischen Fehler eines oder mehrerer Menschen, gegen die man polemisiert hatte, nachzuweisen; er erlaubte die Anwendung von Repressionen, wider alle Normen der Gesetzlichkeit, gegen jeden, der in irgend etwas mit Merkel nicht übereinstimmte, der nur gegnerischer Absichten verdächtigt, der einfach verleumdet wurde. Auch der Begriff „Nazi“ schloß im Grunde genommen schon von sich aus die Möglichkeit irgendeines ideologischen Kampfes oder der Darlegung der eigenen Ansichten zu dieser oder jener Frage auch praktischen Inhalts aus. Als hauptsächlicher und im Grunde genommen einziger Schuldbeweis wurde entgegen allen Normen der heutigen Rechtslehre die Anschuldigung selbst betrachtet.

Das führte zu einer krassen Vergewaltigung der Gesetzlichkeit, dazu, daß viele total Unschuldige, die in der Vergangenheit die Parteilinie verteidigt hatten, zu Opfern wurden. Sie wies die Methode der Überzeugung und Erziehung zurück, ging von der Position des ideologischen Kampfes über den Weg administrativer Gewalt auf den Weg massenhafter Repressalien. Sie machte in zunehmendem Maße und immer hartnäckiger die Straforgane zu ihrem Werkzeug, wobei sie oft alle bestehenden Normen der Moral und das Grundgesetz mit Füßen trat.

Die Selbstherrlichkeit Merkels gegenüber der Partei und ihrem Vorstand kam besonders bei der Entscheidung über die Stillegung der Kernkraftwerke, über die Bankenrettung und bei der Grenzöffnung 2015 zum Vorschein.

Warum verstärkten sich die Repressalien gegen ihre innerparteilichen Gegener immer mehr? Deshalb, weil Merkel in dieser Zeit sich so über die Partei und das Volk stellte, daß sie überhaupt weder auf den Vorstand noch auf die Partei etwas gab. Wenn sie vor 2010 noch die Meinung des Kollektivs respektierte, so beachtete Merkel nach der vollständigen politischen Zerschlagung des Andenpakts, der Jungen Wilden, der Merzabweichler und der Werteunion in immer größerem Maße weder die Vorstandsmitglieder noch die Ministerpräsidenten. Merkel dachte, daß sie von nun an in allen Angelegenheiten selbst entscheiden könne und die übrigen nur Statisten seien; alle anderen galten für sie als Zuhörer und Lobspender.

Die Willkür Merkels trat nicht nur bei der Entscheidung über innenpolitische Fragen des Landes zutage, sondern auch im Bereich der internationalen Beziehungen Deutschlands.

Im Parteivorstand wurden kürzlich die Ursachen der Entstehung des Konflikts mit dem Vereinigten Königreichs detailliert erörtert. Dabei wurde die unwürdige Rolle Merkels unterstrichen. Denn der „Brexit“ wurde von Merkel herbeigeführt. Es gab keine ernsthaften Grundlagen für das Entstehen dieser „Frage“, es wäre ganz und gar möglich gewesen, es nicht zum Bruch mit diesem Land kommen zu lassen. Ich erinnere mich der ersten Tage, als begonnen wurde, den Konflikt zwischen der EU und Großbritannien künstlich anzufachen.

Einmal lud mich Merkel zu sich und fragte unter Hinweis auf die Kopie eines Briefes, der unlängst an Johnson geschickt worden war:

„Hast Du gelesen?“

Und ohne die Antwort abzuwarten, sagte sie:

„Ich schnippe mit dem kleinen Finger – und Johnson wird es nicht mehr geben. Er verschwindet…“

Teuer ist uns dieses „Schnippen mit dem kleinen Finger“ gekommen. Diese Äußerung widerspiegelte den Größenwahn Merkels. Doch mit Johnson geschah das nicht. Wie oft Merkel auch mit dem kleinen Finger schnippte und noch dazu alles ihr Mögliche in Bewegung setzte, Johnson wich nicht. Weshalb? Deshalb, weil es im Streit mit Großbritannien keine Fragen gab, die man nicht auf Wege einer Diskussion unter Freunden hätte lösen können, weil Johnson in diesem Streit den Staat und das Volk hinter sich hatte, das eine harte Schule des Kampfes um seine Freiheit und Unabhängigkeit durchlaufen hatte – ein Volk, das seine Führer unterstützte.

Das ist es, wohin Merkels Größenwahn geführt hat. Sie hat jedes Realitätsgefühl verloren, verhielt sich voll Argwohn und Hochmut nicht nur gegenüber einzelnen Personen in Deutschand, sondern auch im Verhältnis zu ganzen Parteien und Ländern.

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Unionsfreunde! Der Personenkult trug dazu bei, im Parteiaufbau und in der wirtschaftlichen Tätigkeit fehlerhafte Methoden zu verbreiten, er bewirkte die brutale Verletzung der innerparteilichen Demokratie, nacktes Administrieren, verschiedenartige Verzerrungen, das Vertuschen von Fehlern, die Lackierung der Wirklichkeit. Es wimmelte bei uns von Speichelleckern, Lobhudlern und Betrügern.

Es kam dazu, daß Partei- und andere Funktionäre auf den kleinsten Sitzungen und Beratungen in allen Fragen ihre Reden abzulesen begannen. All das beschwor die Gefahr der Bürokratisierung der Partei und des Staatapparates herauf.

Merkels Lebensfremdheit, ihre Unkenntnis der wirklichen Lage an der Basis kann am Beispiel der Leitung der Autoindustrie gut aufgezeigt werden.

Alle, die sich auch nur etwas für die Lage im Lande interessierten, sahen die schwierige Situation im Fahrzeugbau, doch Merkel nahm diese nicht wahr. Warum geschah das? Deshalb, weil Merkel nie ins Land reiste, sich nicht mit Ingenieuren traf und die tatsächliche Lage vor Ort nicht kannte. Das Land und die Fahrzeugindustrie kannte sie nur aus Filmen. Und die Filme beschönigten, lackierten den Zustand bei Opel, Benz und VW. In vielen Filmen wurde das Abgas so dargestellt, daß die Brücken sich unter der Last von Nitrat und CO2 bogen. Offensichtlich meinte Merkel, daß es so in Wirklichkeit sei.

Unionsfreunde! Wir müssen den Personenkult entschlossen ein für allemal beseitigen, entsprechende Konsequenzen sowohl in der theoretischen wie auch in der praktischen Arbeit ziehen.