Inflation erfaßt nackte Busen und Hintern
Wir lesen oft Berichte über die Teuerung bei Waren und Dienstleistungen. Im Grenzbereich von Kultur, Politik und Sport gibt es längst Inflation: Beim Ausziehen und Vorzeigen.
Kürzlich sprang ein Busenwunder mit der Aufschrift „Ich bin Gott“ auf den Altar des Kölner Doms. Bei genauerem Hinsehen wäre die Beschriftung „Ich bin leider nur zweite Wahl“ zutreffender gewesen. Aber nicht nur im Kölner Dom, auch in der U-Bahn geht es freizügig zu. Früher fuhren Mutige ohne Fahrkarte, heute ohne Rock und Hose in den Tunneln der Unterwelt. No Pants Subway Ride nennt sich das. Sozusagen alles unten ohne. Ist das ein remake von Richard Ungewitters Nacktkultur oder simpler Übermut? Auch der Fußball wird vom Exhibitionismus erfaßt. Früher mußte man sich damit zufriedengeben, daß alternde Stars wie Loddar von einem Sternchen nach dem anderen verlassen wurden und die öffentlich-voyeristischen Medien darüber schadenfroh berichten. Heute lassen Fußballer auch wissen, daß man mit Ihnen besser nicht zusammen unter die Dusche geht, zumindest wenn man keine Fußballerin ist. Russische Unterleibskünstlerinnen kopulieren öffentlich und stellen das ins Internet. Ich verzichte hier bewußt auf den Link.
Es gibt ein Naturgesetz. Alles was knapp ist, ist wertvoll. Alles was als Überangebot inflatorisch daherkommt, wird wertlos. Es wird Zeit, nicht die Kleidung knapp zu halten, sondern das Angebot an nackten Busen und Hintern. Und zwar zunächst in den Qualitätsmedien. Jede Nutte weiß, daß ihr Wert steigt, wenn sie in der Öffentlichkeit was anhat. Politisch angehauchte Exhibitionisten wie Pussy Riot und Femen werden das vermutlich nicht ohne fremde Unterstützung lernen. Medien sollten nicht mehr über geschmackliche Fehltritte berichten.
In richtigen Armutsgesellschaften (hier die Sowjetunion der 80er Jahre) waren andere Sachen wichtig, als die Aufladung aller Lebensbereiche mit Sex: Der Mann kommt nach Hause und findet seine Frau mit einem Liebhaber im Bett. Wütend schreit er sie an: „Du wälzt dich hier im Bett herum, während es im Laden Heringe gibt!“