Die Herbstunfälle

In den 80ern wurde viel diskutiert, wann es endlich losgeht. 1981 hatte einer meiner Freunde herausgefunden, daß alle bedeutenden Umstürze im Herbst erfolgen. In der Regel trifft das zu. Beispiele sind die Boston Tea Party, die Oktoberrevolution, der Ungarn-Aufstand 1956, der Zusammenbruch des deutschen Kaiserreichs, der Englische Bürgerkrieg von 1642 und die Gelbwestenbegung 2018. Die Umstürze in der Tschechoslowakei, in Bulgarien und in der Zone, fielen alle in den Herbst 1989. Rumänien trödelte etwas nach, es wurde Dezember. Der Moskauer Putschversuch erfolgte dagegen früher, bereits am 21. August 1991, ebenso wie der Streik auf der Leninwerft im August 1980. Im November 1988 wurde Miklós Németh der neue ungarische Ministerpräsident, der radikale Reformen einleitete.

Am 7. November 1989, also heute vor 35 Jahren trat die Zonenregierung geschlossen zurück, 35 Jahre später ist die Ampel am Ende. Was diese beiden Ereignisse verbíndet ist der Schauplatz Berlin, aber auch die wirtschaftliche Misere, die den Zusammenbruch der beiden ewigmorgigen Regiments auslöste. Und gemeinsam ist auch der sogenannte Scheidungsbrief. 1989 wurde er vom Liberalbolschewisten Manfred Gerlach in der Parteizeitung „Der Morgen“ veröffentlicht. „Höher- und Weiterentwicklung bedeutet in der Politik nicht bloß Vervollkommnung des Erreichten; es verlangt, Neues nicht zu blockieren, sondern aufzuspüren und auf den Weg zu bringen.“ Der Liberalampelmann Lindner: „Neue Ideen und junge Unternehmen sollten die richtigen Rahmenbedingungen zur Entfaltung erhalten.“ Fast derselbe Text. Gerlach ist seine Vergangenheit zum Verhängnis geworden, Lindner hat das Schlimmste noch vor sich.

Gestern hatte Jörg Urban ein Treffen mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer. Es ging wohl um eine Minderheitsregierung der CDU und die Bedingungen einer Tolerierung durch die AfD. Das sächsische BSW hatte weitere Verhandlungen mit der Union abgelehnt, wohl wegen der Ukraine. Kretschmer torkelt zwischen verschiedenen selbst auferlegten Zwängen herum, will wohl gerne der Chef bleiben, findet aber beim Schnackseln mit anderen Parteien keine Stellung. Alle lachen auf dem Foto, Kretschmer wirkt wie ein Trauerkloß.

Und nun reihte sich auch noch die Wahl des Präsidenten der Herzen – Donald Trump – in diese revolutionäre Herbstzeit ein. Er hat seinem Volk in einer Pommesbude das Spektakel der Speisung der 10.000 geboten.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Der Herbst ist immer unsere beste Zeit.“ (Geh. Rath v. Goethe an Friedrich Schiller, 27. Juni 1797)