Aus der Geschichte der Majestätsbeleidigung

Hohe Wellen schlagen gerade die 805 Beleidigungsanzeigen von Robert und die 513 von Annalena. Alle Medien außer dem Zwangs-Grünfunk melden verschiedene Strafverfahren gegen Lästerer und Satiriker. Der entsprechende Paragraf 188 in der jetzigen Fassung stammt aus der Endzeit der Herrschaft von Dr. M. Er ist so seit dem 1.1.2021 in Kraft. Aber ist dieses obrigkeitsstaatliche Genre von Justitia so neu?

Wenn wir in die Geschichte zurückgehen, finden wir entsprechende Exempel. Schon im Spätbarock wehrte sich die Obrigkeit. Weil Christian Schubart Herzog Carl Eugens Mätresse Franziska von Hohenheim als „Lichtputze, die glimmt und stinkt“ verspottete, lockte man ihn zwei Jahre später mit Hilfe eines Spitzels nach Blaubeuren, um ihn auf württembergischem Territorium verhaften zu können. Als man ihn im Februar 1777 auf die Festung Hohenasperg brachte und in den Kerker warf, waren der Herzog und Franziska zugegen, denn diese Genugtuung wollten sich die beiden Gekränkten nicht entgehen lassen.

Auch im Kaiserreich gab es einen baugleichen Paragrafen, und im Dritten Reich und in der Russenzeit natürlich auch. Eigentlich war nur die kurze Periode von 1990 bis 2020 hallewege republikanisch, da majestätsbeleidigungsfrei, jedenfalls was inländische Potentaten angeht.

Der schillernde Frank Wedekind saß 1899 bis 1900 sieben Monate wegen Majestätsbeleidigung auf Festung. 1905 nahm er mit dem Gedicht „Der Zoologe in Berlin“ Rache;

Hört ihr Kinder, wie es jüngst ergangen
Einem Zoologen in Berlin!
Plötzlich führt ein Schutzmann ihn gefangen
Vor den Untersuchungsrichter hin.
Dieser tritt ihm kräftig auf die Zehen,
Nimmt ihn hochnotpeinlich ins Gebet
Und empfiehlt ihm, schlankweg zu gestehen,
Daß beleidigt er die Majestät.

Dieser sprach: Herr Richter, ungeheuer
Ist die Schuld, die man mir unterlegt;
Denn daß eine Kuh ein Wiederkäuer,
Hat noch nirgends Ärgernis erregt.
Soweit ist die Wissenschaft gediehen,
Daß es längst in Kinderbüchern steht.
Wenn Sie das auf Majestät beziehen,
Dann beleidigen Sie die Majestät!

Vor der Majestät, das kann ich schwören,
Hegt’ ich stets den schuldigsten Respekt;
Ja, es freut mich oft sogar zu hören,
Wenn man den Beleidiger entdeckt;
Denn dann wird die Majestät erst sehen,
Ob sie majestätisch nach Gebühr.
Deshalb ist ein Mops, das bleibt bestehen,
Zweifelsohne doch ein Säugetier.

Ebenso hab’ vor den Staatsgewalten
Ich mich vorschriftsmäßig stets geduckt,
Auf Kommando oft das Maul gehalten
Und vor Anarchisten ausgespuckt.
Auch wo Spitzel horchen in Vereinen,
Sprach ich immer harmlos wie ein Kind.
Aber deshalb kann ich von den Schweinen
Doch nicht sagen, daß es Menschen sind.

Viel Respekt hab’ ich vor dir, o Richter,
Unbegrenzten menschlichen Respekt;
Läßt du doch die ärgsten Bösewichter
In Berlin gewöhnlich unentdeckt.
Doch wenn hochzurufen ich mich sehne
Von dem Schwarzwald bis nach Kiautschau,
Bleibt deshalb gestreift nicht die Hyäne?
Nicht ein schönes Federvieh der Pfau?

Also war das Wort des Zoologen,
Doch dann sprach der hohe Staatsanwalt;
Und nachdem man alles wohl erwogen,
Ward der Mann zu einem Jahr verknallt.
Deshalb vor Zoologie-Studieren
Hüte sich ein Jeder, wenn er jung;
Denn es schlummert in den meisten Tieren
Eine Majestätsbeleidigung.

Mit dem Berlinumzug der Regierung war es nur eine Frage der Zeit, daß sich die CDU an den Spätfeudalismus und sein Strafrecht erinnerte. Nutznießer der Gesetzgebungs-Kabale sind die Grünen. Nun haben wir den von Wedekind vorausgesehenen Fall, daß keine Kuh auf Facebook was wiederkäuen darf.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst:

Wir, ehrenvoll geschützt von eigenen Trabanten,
Erwarten kaiserlich der Völker Abgesandten;
Von allen Seiten her kommt frohe Botschaft an:
Beruhigt sei das Reich, uns freudig zugetan.

(Geh. Rath v. Goethe über das Selbstbild der Grünen)