Erinnerungen an die Kartoffelernte
Es naht der 7. Oktober, der früher als Republiksgeburtstag arbeitsfrei war. Er wurde in der Regel der Kartoffelernte gewidmet. Hier haben wir eine Variante mit dem Geräteträger RS 09, Kartoffelschleuder und Drahtkorb.
In den Kartoffelferien waren wir Schulkinder oft tagelang beschäftigt die Knollen zu lesen. Wenn man den Korb dem Ausschütter auf dem Hänger gab, bekam man eine Blechmarke, die man für die Auszahlung am Feierabend sammeln mußte. Pro Blechmarke bekam man 8 bis 15 Pfennige. So konnte man bis zu 4 Mark am Tag verdienen. Nur mal zum Vergleich: Eine Kugel Eis kostet heute umgerechnet 4 Mark. Damals kostete ein Eis am Stiel – Schoko oder Vanille – zwei Groschen. „Eis am Stiel, schmeckt so gut und kost nicht viel“, so die Werbung.
In den Mittagspausen brachte die Kantine leckere Leberwurst- und Knackwurstbrote sowie Pefferminztee aufs Feld. Es gab kein Limit, man konnte sich mal richtig vollfuttern, natürlich mußte man das nicht bezahlen.
Als wir nach Mechelroda gezogen waren, mußten wir die Wiese umbrechen, um Beete anzulegen. Der Nachbar hatte so einen Geräteträger mit Pflug und half. Ich mußte den Geräteträger fahren, hatte aber Gummistiefel an. Da hat man wenig Gefühl auf Bremse und Gas.
Noch eine Bemerkung zum Esel im Video. Hat einer meiner Leser schon mal einen Eselsstall ausgemistet? Dagegen ist Pferde- oder Schafsmist Parfüm.
Grüße an den Inlandshgeheimdienst: „Kartoffel: Morgens rund, mittags gestampft, abends in Scheiben, dabei will ich bleiben.“ (Geh. Rath v. Goethe)
Wir haben einen Groschen pro Korb Kartoffeln bekommen. Die LPG hieß „7. Oktober“.
Im Frühjahr haben wir Rüben verzogen. Mein Vater hatte immer einen Hektar in persönlicher Pflege. Vater hat gehackt und ich „durfte“ verziehen. Dafür gab’s Taschengeldzuschlag.
Ich habe den Eindruck, dass der Geräteträger RS 09 so eine Art sozialistischer Fendt-Geräteträger war (auch wegen der roten Farbe).
Auf dem Dorf der 50er Jahre waren für einen kleinen privaten Handwerker mit paar Kindern ein Stück Acker, das Schwein und paar Hühner (neben Gottvertrauen) lebensnotwendig; die Arbeit auch bei den Bauern mithin selbstverständlich – was in der Schule fortgesetzt wurde (ESP, UTP, sogar Anklänge in Chemie). Hat uns nicht geschadet.
Habe im UTP am Kartoffelsammelroder gearbeitet. Das war ein kleiner SWchritt für mich, aber ein gewaltiger Fortschritt für die Menschheit.
UTP und ESP waren Schulfächer, in denen man das Leben außerhalb der Blase früh kennenlernte. Diese Fächer waren ganz wichtig, um Menschen zu denkenden und auch handwerklich fähigen Menschen zu erziehen. Ergebnisse dieser Erziehung sieht man erfreulicherweise heute an den Wahlergebnissen in Mitteldeutschland.
Lebendiger Marxismus: ausgangs der 60er waren in meiner Schulklasse noch viele Nebenerwerbslandwirte zu finden, wo nachmittags mit dem „Holder“ auf dem Acker rumgemacht wurde.
Zum Abitur hatten die ihre Felder Stück für Stück an den einen Kulaken in unserem Schuljahrgang verkauft und waren Industriesrbeiter bzw. öff. Bedienstete geworden.
Zum 40. Abiturstreffen hatte der Kulakensohn den ganzen Kitt als Bauland unter die Leute gebracht und fuhr mit S-Klasse vor.
Seine Kinder sind Anwalt und Steuerberater geworden.
Noch eine kleine Drehung des Rades und deren Kinder werden wieder als Kleinbauern aufwachen.