Intel macht grad die Kniebeuge

Das ist Märchenroberts Lieblingsfirma, der er 9,9 Milliarden Steuergeld schenken will. Aber wenn H-beck mit einem Unternehmen in Berührung kommt, ist das wie ein Todeskuß.

Intel hatte 2018 bis 2021 gutes Geld verdient, Chips waren zeitweise knapp. Bereits 2022 setzte eine Halbierung des Gewinns und der Marge ein, 2023 begann der freie Fall. Der Gewinn war im vergangenen Jahr ein Mikroorganismus. Im ersten Halbjahr 2024 hat sich die Sache gedreht und saftige Verluste wurden heute gemeldet. Der Hintergrund ist klar: Derzeit hat Intel technisch den Anschluß verloren. Die Wallstreet geht davon aus, daß die Intel-Chips nicht KI-tauglich sind.

Ganz anders die Einschätzung der Grünen: Seit Mitte März 2022 ist es offiziell: US-Chiphersteller Intel baut seine neue Giga-Fabrik in Magdeburg. Ein Jahr später wurde noch über die Förderung gepokert und die Summe von knapp sieben auf knapp 10 Milliarden € erhöht. Die Verträge wurden im Juni 2023 unterzeichnet, als der Niedergang von Intel bereits für jeden aufmerksamen Börsianer absehbar war. Im Februar 2024 wurde der Bauantrag eingereicht.

Auf dem Baugrundstück im Süden Magdeburgs hat sich bislang nichts getan. Die Finanzierung des 30 Mrd. Euro teuren Projekts ist immer noch nicht abschließend gesichert. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr staatliche Hilfen von 9,9 Mrd. Euro für die Ansiedlung zugesagt, die Genehmigungen seitens der EU-Kommission steht aber noch aus.

Man kann sich wirklich darüber streiten, welche Effekte die KI haben wird, ob die Relevanz so hoch sein wird, wie geschätzt. Aber abgesehen von dieser Frage stellt man ein Auseinanderdriften der Chiphersteller fest. Es gibt Unternehmen, die gute Preise erzielen und solche, die zurückfallen, jeweils abhängig von der Begehrtheit des Produkts.

In den neuen Halbleiter-Fabriken, die das US-Unternehmen Intel derzeit in Magdeburg plant, könnten künftig auch Chips hergestellt werden, die für KI genutzt werden, so die Unternehmensleitung. Aber derzeit wird geplant, 2027 soll die Produktion anlaufen. In der Chipbranche sind drei Jahre eine kleine Ewigkeit. Was heute Goldstandard ist, wird 2027 Steinzeitrechenleistung sein.

Der Wirtschaftszerstörer hatte großen Wert darauf gelegt, daß in Deutschland Chips hergestellt werden, buchstäblich um jeden Preis. Abgesehen davon, daß das schon seit längerem der Fall ist, z.B. in Dresden, ergibt sich wirklich die Frage, ob ein Berliner Ministerium in der Lage ist, eine valide Prognose über die Technikentwicklung in einem sehr dynamischen Sektor zu erstellen. Ich ziehe das in Zweifel. Das „richtige“ Unternehmen auszuwählen grenzt an ein Lotteriespiel.

Wenn es in Deutschland eine Knappheit gäbe, würde das die Preise in die Höhe treiben und es würden Unternehmen investieren. Diese Umstände gibt es aber nicht. Im Gegenteil sind die Standortkosten hoch. Ein Pförtner bei Infineon in Dresden hat in den Nullerjahren mehr verdient, als der Geschäftsführer eines mittleren Unternehmens in der Region, von den Energiekosten zu schweigen. Man muß auch bedenken, daß Magdeburg kaum eine Tradition auf diesem Gebiet aufweist, die Fachleute also erst dahergezaubert werden müssen.

Was mich am meisten stört: Die Langzeitverbindlichkeiten pro Intel-Aktie lagen 2023 bei 12,67 $, der Gewinn bei 0,40 $. Es würde in dieser Kulisse 32 Jahre dauern, die Schulden zu tilgen, ohne daß Zinsen anfallen. In meinen Augen ist die Firma überschuldet. Es muß ein mittleres Wunder geschehen, um aus der Nummer rauszukommen.

Übrigens: Die Intel-Anleihen haben in der Spitze einen Kupon von 5,7 %. Das deutet auf begrenztes Vertrauen hin. Das eingegangene Risiko läßt man sich bezahlen. Zum Vergleich Nvidia zahlt in der Spitze 3,7 %. Taiwan Semiconduktor könnte seine Schulden in einem Jahr berappen.

Wenn man sich für ein Unternehmen interessiert, sollte man sich immer als erstes die Zinsen der Anleihen anschauen, so mein Rat. Das scheint das Wirtschaftsministerium verabsäumt zu haben. Oder täusche ich mich? Alles mein Irrtum?

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Ich hasse alle Pfuscherei wie die Sünde, besonders aber die Pfuscherei in Staatsangelegenheiten, woraus für Tausende und Millionen nichts als Unheil hervorgeht.“ (Geh. Rath v. Goethe zu seinem Eckermann im März 1832)