Körperliche und demokratische Grenzen
Die Alten Germanen hatten ihre legendäre Kraft durch archaisches Doping befördert. Siegfrieds Drachenblutpanzer, Brunhildes Kraftgürtel, die verhängnisvolle Tarnkappe, Magie und Zauberei hatten ins äußerste gesteigerte burgundische bzw. isländische Trainingsprogramme entbehrlich gemacht. Im folgenden Video machte Kristianna Loken dank Spezialgurtung Hagen von Tronje kaputt.
Auch im alten Olympia, welches zufällig nicht sehr entfernt von Sparta situiert war, gehörten Doping und Unfairnis zum guten Ton.
Anders in der modernen olympischen Bewegung. Hier sollte der Einzelne an seine körperlichen Grenzen geführt werden. Michael Gamper schrieb am 15.09.2006 im Tages-Anzeiger:
„Im Milieu der zivilisationspessimistischen Strömungen des späten 19. Jahrhunderts entstand auch das ideologische Konstrukt, das wir bis heute unter dem Namen «Sport» kennen. Pierre de Coubertin, der Begründer der olympischen Bewegung, erhielt für sein Sportkonzept entscheidende Einflüsse von den Public Schools, den Eliteinstitutionen des englischen Schulsystems, er stand aber auch stark unter dem Eindruck des Niedergangs des eigenen Landes. Der verlorene Krieg gegen Preussen (1870), der Kommune-Aufstand in Paris (1871) und bedrohliche demografische Tendenzen liessen ihn um die Zukunft von Frankreich fürchten. Sport schien ihm das probate Gegenmittel zu sein, um den «degenerativen» und nivellierenden Tendenzen, dem Versinken in Krankheit und Mittelmass, entgegenzuwirken. Sport war für Coubertin eine Beschäftigung, die den Einzelnen leistungsorientiert, stark, widerstandsfähig, teamfähig machte, kurzum: die ihn physisch und psychisch auf die komplexen Anforderungen des modernen Lebens vorbereitete. Um nutzbringend zu sein, mussten die Leistungen mit Respekt für den Gegner und unter fairen Bedingungen erbracht werden. Materielle Interessen durften keine Rolle spielen, weshalb der olympische Sport den Amateurismus verlangte. Dieses Ideal war auch gegen die Masse gerichtet. Es wandte sich gegen die von Nietzsche monierte Herdenmentalität, also gegen eine Fremdbestimmung des Menschen im Kollektiv. Wer Sport im coubertinschen Sinn ausübte, sollte zu autonomer Selbstführung fähig werden und so anderen als Vorbild dienen; die Unterschichten aber, so Coubertin, seien dazu nicht in der Lage. Die modernen Olympischen Spiele, die 1896 erstmals stattfinden konnten, waren als Propagandainstrument gedacht, um in einem auf antike Traditionen bezogenen kultischen Rahmen den neuen modernen Menschen zu feiern.“
In der Zwischenkriegszeit wurde der olympische Wettbewerb dagegen für alle Schichten, Geschlechter und fast alle Kulturen geöffnet. 1924 allerdings mehr für elitaristische, als für demokratische Kulturen. Bei der Olympiade in Paris wurden gemäß der organisatorischen Weisheit der olympischen Funktionäre deutsche Sportler vor der Verwendung des olympischen Grußes in Form des Hebens des rechten Arms bewahrt; sie durften auf Grund des Kriegsschuldartikels von Versailles als ehemalige Kriegsgegner nicht teilnehmen. Österreich und Ungarn entgingen der französischen Rache und liefen auf. Es herrschte die verkehrte Welt in Paris: das noch demokratisch regierte Deutschland durfte nicht einmal in die entfernte Nähe der Siegertreppchen, das bereits faschistisch beherrschte Italien nahm wie selbstverständlich an der Olympiade teil. In die Gedanken der olympischen Gremien hatten sich die Dogmen der Jugendbewegung fest eingenistet, wodurch der italienische Futurismus ein Stückchen Normalität geworden war. Mussolini galt als bedeutender Sportler und Kraftkerl, übrigens auch in der linksradikalen Berliner „Weltbühne“. Das olympische Komitee übernahm liturgische Versatzstücke der Jugendbewegung, die bereits seit 1920/21 auch zum Ritual der Diktaturen in Fiume und Italien gehörten. Die Herkunft der Sportbewegung und der sozialistisch-korporatistischen Bewegung aus der Jugendkultur, die gemeinsame Bezugnahme auf das nietzscheanische Leitbild des Neuen Menschen schuf eine völkerverbindende Plattform, in der die unkritische Rezeption des „Körpers als heiligem Tempel“, die Entstehung einer Körperreligion, notwendig die Ablösung vom Christentum beschleunigte und die Entstehung von „Schönheitsstaaten“ förderte. Auch ein kruder Biologismus und Rassismus schimmert durch: „Es gibt nur einen Kult, der heute eine dauerhafte Bindung der Staatsbürger untereinander bewirken kann, das ist der, der um die sportlichen Übungen der Jugend, dem Symbol des unbeschränkten Fortbestandes der Rasse und der Hoffnung der Nation, entstehen wird“. Freilich war Coubertin Franzose und die olympische Bewegung eine internationale Bewegung. Deshalb war der Nietzscheanismus nicht die alleinige Wurzel des Olympionismus. Olympia wäre als deutsche Veranstaltung eine 1:1 – Übersetzung aus dem Zarathustra geworden, Coubertins Philosophie war etwas gemäßigter und enthielt beispielsweise eine allgemeine Bejahung der Menschenfreundlichkeit. „Die Gesellschaft der Zukunft wird altruistisch sein, oder es wird sie nicht geben: man muß zwischen ihr und dem Chaos wählen“. Trotzdem war der Hitler-Fan Avery Brundage, der die schöne Olympiade 1936 in Berlin vor den Kritikern des Nationalsozialismus rettete, danach noch 30 Jahre lang IOC-Vorsitzender. Das Dritte Reich ging unter, die mit ihm verbandelte Sportführung überlebte.
Man muß sich über häßliche Auswüchse im Paris von 2024 nicht wundern, die Sportführung war immer schon Knecht des jeweiligen Macht- und Medienkartells.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Es ist unglaublich, wieviel der Geist zur Erhaltung des Körpers vermag. Der Geist muß nur dem Körper nicht nachgeben.“ (Geh. Rath v. Goethe am 21,03.1830 zu seinem Eckermann)
Man erkennt am Ausschluß der Deutschen, wie verdammt unbeliebt (auch ohne WK 1) dieses komische Bismarckreich war.
Daran hat sich bis heute nichts geändert und wird sich vor der „Resezession“ auch nichts ändern.
NB: Die Jahnschen Foltergeräte sind international beliebt und anerkannt, da vor der „Reichsgründung“ entstanden.
„Man erkennt am Ausschluß der Deutschen, wie verdammt unbeliebt (auch ohne WK 1) dieses komische Bismarckreich war.“
Klar: Die alten Vormächte Europas, England und Frankreich, konnten es einfach nicht verwinden, dass ihnen das Deutsche Reich zum ernstzunehmenden Rivalen wurde und ihnen die wirtschaftliche, technische und wissenschaftliche Überlegenheit abnahm. Die kulturelle Kreativität Deutschlands in der Zeit war ebenfalls beeindruckend.
Technik und Wissenschaft waren schon vor der unseligen Reichsgründung in den deutschen Ländern am Blühen.
Krupp, Harpener Berg, Stinnes oder der Apotheker Schering, die Fabrik der Engelhorns (BASF) u.v.a.m. waren schon vorher da. Wie wir an Alexander v. Humboldt oder Ludwig Mond sehen, war der friedliche kulturelle Austausch durchaus vorhanden.
Auch die Japaner traten in wirksamen Wettbewerb mit dem britischen Empire, ohne dass sogleich an die Vernichtung Japans gedacht wurde. Wie ich an meiner Kamera- und Musikausrüstung sehe, haben sie diesen Krieg wohl gewonnen.
Der Marinefimmel und der Kolonialunfug, allerdings angeführt von der völlig unnötigen Annexion Elsaß-Lothringens, brachten vorneweg die Franzen, dann gefolgt von den Tommies gegen das „Reich“ auf.
Über die merkwürdigen kulturellen Leistungen der Kaiserzeit publiziert Herr Prabel ja regelmäßig.
Übrigens, Olaf hat zwar die Tarnkappe,aber die Doping-Systanz ist schon lange verbraucht !
Eigentlich hat es wieder Mal nur ein Österreicher richtig festgestellt: Rainhard Fendrich. Es lebe der Sport.
Olympische Spiele als Ersatz für Krieg, als Brot und Spiele für die armen Massen, als Kommerzträger für Werbung….
Ich fechte seit Jahrzehnten und mag den Kampf mit Gleichgesinnten. Das andere, siehe oben, sollte man in Zukunft von einer KI erzeugen lassen. Das reicht für die Massen.
Vielen Dank, Herr Prabel, für diesen kulturgeschichtlichen Hintergrund der Olympischen Spiele. Ich bewundere, dass und wie Sie immer wieder an diese kulturgeschichtlichen Quellen herankommen. Ihre Beiträge bereichern (und vielleicht auch ändern, das ist schwer zu sagen) immer wieder meine Sichtweise auf die Dinge.
Was den Sport angeht: Interessant, dass die ihn motivierenden Vorstellungen sich im Zeitverlauf ändern, der Sport als solcher aber bleibt. Ähnliches gilt ja nicht nur für den Sport. Gibt es dazu Hypothesen?
Großes Geld / Staatspropaganda / Doping gehören wohl dauerhaft zu den internationalen Wettkämpfen. Und ich vermute, daß sich der Wind auch im Weltsport langsam dreht – weg vom „Westen“.