Papier ist geduldig
Ich stelle heute mal eine Frage: Welches Land hat den folgenden geqirlten Quark als Verfassung aufschreiben lassen?
ARTIKEL 8
(1) Persönliche Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Postgeheimnis und das Recht, sich an einem beliebigen Ort niederzulassen, sind gewährleistet. Die Staatsgewalt kann diese Freiheiten nur auf Grund der für alle Bürger geltenden Gesetze einschränken oder entziehen.
ARTIKEL 9
(1) Alle Bürger haben das Recht, innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze ihre Meinung frei und öffentlich zu äußern und sich zu diesem Zweck friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Diese Freiheit wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt; niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.
(2) Eine Pressezensur findet nicht statt.
ARTIKEL 10
(1) Kein Bürger darf einer auswärtigen Macht ausgeliefert werden.
(2) Fremde Staatsbürger werden weder ausgeliefert noch ausgewiesen, wenn sie wegen ihres Kampfes für die in dieser Verfassung niedergelegten Grundsätze im Ausland verfolgt werden.
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Unglaublich, wie die Leute mit Versprechen geködert werden. Und es gibt wirklich Narren, die glauben, daß sowas praktiziert wird. Ich habe das westdeutsche Grundgesetz nur einmal zur Kenntnis genommen, als ich die Gewerbefreiheit gesucht habe. Vergeblich übrigens.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Wenn man alle Gesetze studieren sollte, so hätte man gar keine Zeit, sie zu übertreten.“ (Geh, Rath v. Goethe)
(3) Jeder Bürger ist berechtigt, auszuwandern. Dieses Recht kann nur durch Gesetz der Republik beschränkt werden.
Da weiß man. Papier ist geduldig.
„…….wenn sie wegen ihres Kampfes….“
das kann nur deutsch-sozialistisch sein.
Hat das nicht eher der Iwan mit der Balalaika im Anschlag aufgeschrieben? Nur das Wort „Kampf“ klingt von fern wie die weimarer KPD – alte, unnennbare Tage…
Zu ihrer Frage: USA
Ist aus der DDR-Verfassung.
Überraschung 🙂
„Unglaublich, wie die Leute mit Versprechen geködert werden.“
Das ist das Elend einer jeden Verfassung. Gewöhnlich wird sie mit der Mehrheit der Stimmen in einem Volksentscheid rechtskräftig. Sie wird daher immer auch bei einer Minderheit der Stimmen nicht Anerkennung finden. Sie ist aber dennoch durch Volksentscheid demokratisch legitimiert. Die entscheidende Frage mit der Situation im Nachkriegsdeutschland (Eine Ost- und drei Westzonen) ist: Welche Rolle haben die Besatzungsmächte gespielt, zum Einen bei der Textfassung der Artikel und zum Anderen bei der Beaufsichtigung der Inkraftsetzung?
Wie es in der Ostzone ablief, kann ich mir gut vorstellen. Die Sowjets hatten ihren Fingerabdruck direkt im Text und beim Volksentscheid – immerhin fand der statt – das disziplinierte Stimmenverhalten der Menschen (unter den Schutz der Bajonette) „demokratisch ermöglicht“. Welch ein riesiger Unterschied zu den Westzonen?
Im Westen wurde indirekt die Textfassung mit den Bajonetten der Alliierten im Sinne der Verankerung ständiger Besatzungsrechte geschrieben und vom sogenannten Parlamentarischen Rat abgenickt. Eine Volksentscheid fand nicht statt.
War dies der Grund, dass anstelle einer Verfassung nur ein Gesetz inkraft gesetzt wurde, nämlich das Grundgesetz? Ob Verfassung oder Grundgesetz, beide Texte hatten das Problem der unvollkommenen Legitimation.
Die Deutschen fühlten sich nach 1945, als sie hören mussten, was in ihrem Namen an Unrecht geschah, derartig schuldbelastet, dass jede von den Siegern auferlegte Rechtsnorm ihnen gerecht erschien. Denn was bedeutet Politik für Verlierer eines großen Krieges?
Den Verlierern sind so viele Schrecken einzujagen, dass ihnen am Ende jeder angebotene Ausweg aus der Gewissensnot recht ist.
Und es kommt noch ein anderer Aspekt hinzu: Jede Verfassung bildet nur den Grundriss für die Rechtsgestaltung eines Staates und steht immer am Beginn der staatlichen Machtausübung.
Das bedeutet: die Verfassung ist ein Katalog der Versprechungen von Rechten und Pflichten. Man sollte also vorsorglich nicht darauf bauen, dass alle diese im konkreten Verlauf der Macht noch eine Rolle spielen.
Friedrich Nietzsche soll einmal gesagt haben, dass das Recht eine Hure der Macht ist.