Ausritt der Moderne gegen die grünen Taliban
In Amerika ist staatsfernes Tun lebendiger als bei uns. Bei der Daytona Strandwoche kann man auch dieses Jahr die erweckten Biden-Wähler in einer Telefonzelle versammeln. Die Motorfans sind eher den Libertären und den Trump-Anhängern zuzurechnen. Ein Hauch von Freiheit umweht das Zweirad seit jeher.
Bereits am Anfang der Union grub sich ein Ereignis tief ins Bewußtsein ein: Als 1773 britische Teeschiffe im Hafen von Boston ankamen, wollten viele Bürger, daß der Tee ohne Zahlung von Steuern konsumiert wird. Der königliche Gouverneur bestand auf der Zahlung aller Steuern. Am 16. Dezember bestieg eine Gruppe als Indianer verkleidete Männer die Schiffe und kippte den gesamten Tee im Hafen ab. Es war das Signal für den Beginn des Unabhängigkeitskrieges, der gewonnen wurde.
In Erinnerung an diese Unbotmäßigkeit bildet sich 2009 ein Revival. Die moderne Tea-Party-Bewegung konzentriert sich auf eine deutliche Reduzierung der Größe und des Handlungsspielraums der Regierung. Es ist eine anarchische Graswurzelbewegung mit dem Fehlen einer formalen Struktur oder Hierarchie. Jeder kann eigene Ziele anstreben. Sie können widersprüchlich sein und die Prioritäten unterscheiden sich häufig zwischen den Gruppen. Viele Tea-Party-Organisatoren sehen darin eine Stärke, da die Bewegung so extrem aufwändig zu bekämpfen ist. Diese Bewegung ist aber nur eine von vielen widerständigen Gruppen. Da sind die Konföderierten, die Amischen und ihr Gegenteil, die harten Motorrad- und Pickup-Begeisterten, letztere immerhin 20 % der amerikanischen Bevölkerung. Die Motoradfreunde treffen sich zum 83. Mal in Daytona.
Leider war ich in der Jugend zu arm, um ein Motorrad oder eine Schwalbe zu fahren. Meinen ersten Trabant bekam ich als ich 36 war, unter den Bedingungen der Zone war es das Fahrzeug eines Ausreisers. Ich habe sein Zeug nachgeschickt, dafür bekam ich das klapprige Auto, das aber noch fast 10 Jahre gelaufen ist. Als ständige Baustelle. Oft habe ich unter dem Auto gelegen, den Vergaser ausgebaut und in der Küche getrocknet. Ein Vierteljahr bin ich nur mit der Handbremse gefahren, weil es irgendwelche Ersatzteile für die Bremse nicht gab. Einmal ist die Blattfeder am Hinterrad gebrochen und ich bin auf der Hilfspriede gefahren. Am Berg blieb der Trabbi manchmal stehen: Dann mußte ich vorne rechts unten nach dem Hebel für den Reservetank angeln. Es sind alles in allem schöne Erinnerungen. Das erste Auto ist wegen den Abenteuern immer das liebste.
Wir sehen im Video, daß es neben dem erweckten Amerika der grünen Taliban auch noch ein anständiges und freiheitsliebendes gibt, das in der Tradition von 1773 steht.
Omg, schütze Donald Trump.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Über das Tiroler Gebirg bin ich gleichsam weggezogen. Verona, Vicenz, Padua, Venedig habe ich gut, Ferrara, Cento, Bologna flüchtig und Florenz kaum gesehen.“ (Geh. Rath v. Goethe über die Italienische Reise)
Was die Amerika-Hasser unter uns nie sehen: Amerika hat seelisch viel mehr Platz. Es fehlt die deutsche Blockwart-Enge, es fehlt der Konformismus mit Gefühls- und Gedankenkontrolle. Es gibt mehr Anerkennung und weniger Neid. Die Seele kann tief durchatmen! (Da die USA vielfältig sind, gibt es dort sicher auch sehr enge Milieus; das Milieu der weißen Mittelklasse in der Mitte des Landes habe ich aber als seelisch sehr großzügig erlebt. Das schließt die Kirchgänger ein. Viel seelischer Platz führt zu viel Kreativität; in Deutschland wird dann das Neue – jetzt etwa das Woke-Sein – sklavisch und mit geistiger Enge nachgeäfft.)
Nachteile dabei: Wer sich entscheidet, in den Abgrund zu gehen, den hält niemand auf. Auch Hilfe gibt es weniger. Vereinzelung und Vereinsamung sind größer. Wer in sich keinen Halt hat, hat Schwierigkeiten, ihn außen zu finden, da es nur sehr wenig Verbindliches gibt.
Das ist die immaterielle Seite Amerikas. Die materielle Seite lautet: 14 Tage Jahresurlaub, unbezahlbare Krankenversicherung, unbezahlbare Universitäten, wohnen in gated communities, keine Auslandsreise für mehr als die Hälfte der Amerikaner.
Materiell sind die Amerikaner ärmer als die deutschen, nur sind die Amis einfach stolz, während wir uns unsicher sind, ob wir Deutsche sein dürfen.
Ich war 1987 das erste Mal drüben, und damals war es noch faszinierend und reich. Heute ist die Armut und der Zerfall der Infrastruktur so weit geschritten, dass ich nicht plane, die USA mit meinem Kindern zu besuchen.