Die formale Quali ist nicht das Entscheidende
Vor ein paar Tagen hatte ein Kommentator die Jetztzeit hinsichtlich von Bildung und Motivation mit der Nachkriegszeit verglichen:
„Nach dem Krieg gab es in Deutschland Fachkräfte, wie sonst kaum in der Welt, eine Bevölkerung, die leistungsfähig, gesetzestreu, gebildet und hoch motiviert war.
Wie sieht es heute aus? Schaut in die Schulen und ihr könnt in die Zukunft sehen.“
Ich würde das auch so sehen, was Leistungsbereitschaft und Ordnungsliebe betrifft. Was „Fachkräfte“ betrifft, bin ich anderer Meinung.
Ich fange mal mit dem hochquaifizierten grünen Idioten in unserer Familie an: Die Schwester meiner Oma war mit einem Magdeburger Baurat verheiratet, der schon seit der Jugend grüne Ernährungsdogmen befolgte. Er verhungerte nach dem Kriege, weil es keine Reformhäuser mehr gab und er sich nicht umstellen wollte,
Ein Zeitsprung: In den 90ern waren meine Freundin und ich zum Riechheimer Berg gewandert und hatten droben die Wirtschaft besucht. Da unterhielten sich zwei gewesene M/L-Professoren über ihre Perspektiven. Der eine hatte eine Heilpraxis gegründet und behandelte seine Genossen wirtschaftlich erfolgreich mit Rotlicht. Der andere hatte sich zurückgezogen: „Ich bocke jetzt.“
Solche studierten und verbohrten Selbstbeschädiger hat es zu allen Zeiten gegeben, wir werden sie auch in der nächsten Krise sehen.
Nun ein Blick auf die Fachkräfte. Die hat es weder nach dem Kriege noch nach dem Zusammenbruch der Zone gegeben. Fangen wir mal mit meinem Vater an. Er war 1936 zum Arbeitsdienst gekommen, 1938 landete er in der Wehrmacht, 1945 stand er ohne Berufsausbildung da. Zunächst engagierte er sich im Zigarettenhandel, 1948 begann er eine Ausbildung. Da war er schon 30. Anderen Leuten ging es viel schlimmer: Sie hängten noch ein paar Jahre Kriegsgefangenschaft dran. Dann gab es die sog. „Beutedeutschen“. Es waren Leute aus dem Erdely oder Polen, die einen ungarischen oder polnischen Ehepartner hatten. Eine ungarische Nachbarin schlug sich als private Schneiderin durch, ihr Mann arbeitete angelernt. Ein Ehepaar aus Polen war taubstumm, er arbeitete auch angelernt in einem Maschinenbaubetrieb. Ein anderer Nachbar hatte nur einen Arm aus dem Krieg mitgebracht. Er vertrieb Bino-Suppenwürfel. Die Nachkriegsgesellschaft war weitgehend eine von ungelernten Quereinsteigern und Lebenskünstlern. Der einzige Fachmann in der Nähe war ein Förster, der mit Hermann Göring gejagt hatte, und uns stolz die Fotos zeigte.
Auch die, die weggemacht hatten, hatten nicht das gelernt, was man brauchte. Unser Nachbar war Schneider mit vier Kindern und Steuerschulden. Als er kurz nach dem sog. „Mauerbau“ im Westen ankam, brauchte niemand einen Westenschneider. Er landete in der Schaltwarte eines Kernkraftwerks, die Umstände seiner Anlernung sind mir unbekannt. Ein anderer Nachbar war Oberkellner im Erfurter Hof. Er kam aus dem Westen zurück, weil er dort Bockwurst mit Brötchen in einer Kneipe austragen sollte.
Es war qualimäßig ein einziges Durchgewurschtel. Wer jung genug war, studierte ab 1949 auf ABF, Posten waren danach genug vorhanden, es gab noch keinen Verwendungsstau, weil Fachkräfte so gut wie nicht vorhanden waren. Von den aus einer kleinen Landwirtschaft stammenden Onkels meiner Freundin wurden drei Ärzte, einer Architekt, einer Jurist.
An der Schule gab es in der Lehrerschaft Wehrmachtsoffiziere mit und ohne Holzbein. Sie hatten fast alle nur das Notabitur und eine Nachkriegsausbildung.
Dasselbe Gewurschtel gab es 1990 nach dem Zusammenbruch. Meine Freundin suchte ständig Fachkräfte, aber der Markt war leer. Sie stellte allein vier Baustoffverfahrenstechniker ein, von denen der Arbeitsmarkt überschwemmt war, die aber Lerning bei Duing die Anforderungen nach kurzer Zeit erfüllten. ja eigentlich besser waren, als die Architekten mit einem Patent. Das Architekturstudium war davon abhängig gewesen, ob die Eltern in der Partei gewesen waren, entsprechend doof waren die Absolventen. Auch mir selbst fehlten russenzeitbedingt die höheren Weihen, um einen Bauantrag abzugeben. Nichts desto Trotz gewann ich mit fremden Stempeln zahlreiche Wettbewerbe.
Inzwischen wird immer mehr Wert auf formale Qualifikationen gelegt, die Kammern sind ständig auf der Jagd nach fähigen Übertretern. Aber die Wirtschaft ist im Gegensatz zu den Durchwurschtelzeiten im Niedergang. Aus meiner Erfahrung behaupte ich, daß Motivation immer besser ist, als Ausbildung. Was derzeit fehlt ist freie Bahn für die Tüchtigen und Leistungswille.
1987 war ich in der ZBOWL (Zwischengenossenschaftliche Bauorganisation Weimar-Land) für das Organisieren von Arbeitskleidung in der Mangelwirtschaft zuständig. Ich fragte eines Tags den Küchenleiter, ob er ein Käppi oder eine Kochmütze wöllte. „Die dümmsten Köche haben die höchsten Mützen“, war seine Antwort. Das war geballte Weisheit pur.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Ich bin gesund und kann arbeiten. Was verlang‘ ich mehr.“ (Geh. Rath v. Goethe am 23,06.1813 zu Zeltern)
Einige Bundesminister haben sich mehrfach als SAUBLÖD geoutet.
Insgesamt stimme ich Ihnen zu. An Wehrmachtsoffizier in der Schule kann ich mich (vor rund 60 Jahren) jedoch nicht erinnern, nur einen Flugzeugmechaniker. Die meisten waren „Neulehrer“, viele engagiert und aktiv. Paar Trottel und Apparatschiks wie überall.
Das ist auch mein Eindruck. Wegen einem Mangel an Fachkräften hat man Leute ohne Ausbildung oder mit einer fachfremden Ausbildung erst einfach mal machen lassen. Wenn sie gut waren, wurden sie gefördert, ansonsten eine Zeit lang mit durchgezogen (solange es Arbeiten ohne große Ansprüche gab, Drecksarbeit muss ja auch erledigt werden). Und alle hatten eine Motivation: Schließlich musste man sich was zu essen kaufen.
Der Begriff „Fachkraft“ ist völliger Blödsinn. Die Deutschen und verschwindenderweise jetzt die Restdeutschen haben den Kapitalismus nie verstanden.
Stagnantes Kleben an Vorväterlichem, ererbte Stellen, gekaufte Stellen, Fortbestand des Zunftwesens in der „dualen Ausbildung“ und vor allem pseudotheologische Vorstellungen von Beruf und Berufung vertragen sich nicht mit den Zyklen der Wirtschaft.
Das mit dem Vorrang der Motivation vor der formalen Ausbildung kann ich bestätigen.
Mir ging es nach der Wende ähnlich wie dem Blogmeister.
Unerfindliche Gründe haben mich vom Showgeschäft (DEFA) zur Kommunalpolitik gezogen und so wurde ich stellvertretender, aber hauptamtlicher Bürgermeister meiner Gemeinde.
Mein erster Auftrag an an ein Planungsbüro zur Erstellung eines B-Plans endete kurios.
Weil weder die noch ich ganz genau wussten was das ist, haben sie gleich die fertige Entwurfsplanung für die komplette Erschließung mitgeliefert.
Ich hab mich auch nicht lumpen lassen und an den Wochenenden alle möglichen Satzungen „entworfen“. Da hab ich mir einfach von 2 -3 gleich großen Gemeinden im Westen die einschlägigen schicken lassen und die mir passend erschienenen Regelungen ausgeschnitten und zusammengeklebt. Ich glaub manche sind heute noch in Kraft.
„Die Höhle der Löwen“ – ein Panoptikum deutschen Innovationsgeistes.
Offensichtlich ist die Kundschaft ebenso degeneriert wie die Erfinder der meisten ‚Produkte‘.
Immerhin bringt der Handel oftmals mehr als Arbeit ein.
Auf zum veganen Hundeknochen aus CO2-freier Hirngrütze!
Iin Bezug auf den Satz „… suchte ständig Fachkräfte, aber der Markt war leer“, habe ich meine eigenen Gedanken, nämlich die mit der Frage verbunden sind, was Fachkräfte eigentlich sind.
In der Nachwendezeit gründete in meinem Wohnort fast jeder beschäftigungslos gewordene Mann, der eine Schippe halten konnte und ein Trabbi hatte eine Baufirma. War der damit schon Fachkraft?
Drei mir aus der Nachbarschaft bekannte Damen mittleren Alters nahmen an privatwirtschaftlich organisierten Schnellkursen, finanziert von der Arbeitsverwaltung unter der Bezeichnung „Arbeit statt Sozialhilfe“ mit dem Ausbildungsziel „Allroundfrau Büro“ teil. Waren die danach schon Fachkräfte?“
Ich hatte einen Job als Trainer für Rechnungswesen/Buchführung in einem Umschulungskurs bekommen, in dem beschäftigungslos gewordene Gärtner, Krankenschwestern, Melker/Melkerinnen, Verkäuferinnen von Konsum und HO, NVA- und Polizei-Entlassene und andere Berufe zu Steuerfachgehilfen gemacht werden sollten. „Fachgehilfen“, sollten das schon Fachkräfte sein?
Wenn es nicht so traurig gewesen wäre, was damals die Menschen mitmachen mussten, dann könnte ich heute nur noch darüber lachen.
Hierzu möchte ich noch eine Ergänzung machen:
Ich war in einem privatwirtschaftlichen Bildungsunternehmen angestellt. Meine Lehrtätigkeit dort begann ich im November 1990. Diese endete urplötzlich mit der Standortschließung wegen fehlender Förderprogramme der Arbeitsverwaltung im August 1995.
Trotz fleißiger Bewerbungsschreiberei und zahlreicher Vorstellungstermine fand ich bis zum November gleichen Jahres keine Beschäftigung, auch nicht als Quereinsteiger in andere Tätigkeitsbereiche.
Die Argumente der Ablehnung waren annähernd immer wieder die gleichen:
– Wir suchen junge, dynamische Kräfte!
– Wir suchen kontaktfreudie Kräfte mit der Bereitschaft, Kunden an der Wohnungstür ….
– Wir können Sie nicht in fester Anstellung beschäftigen!
– Wir meinen, dass Sie nicht genügend flexibel unseren Anforderungen entsprechen können!
Und das Schärfste war:
– Sie sind für unsere Anforderungen überqualifiziert!
Da merkte ich (52), dass irgend etwas mit mir nicht stimmen kann.
Und trotzdem: ich fand einem Arbeitgeber in meiner Nähe, bei dem ich mit meinem Fachabschluss noch 13 Jahre erfolgreich tätig sein durfte. Man muss eben auch Glück haben. Ich bin ihm, dem ehemaligen Geschäftsführer, für sein Vertrauen mir gegenüber heute noch dankbar.
„Man muss eben auch Glück haben.“
Ja. Und Gelegenheit (weil halt doch Leute gesucht werden).
Das sonstige von Ihnen erwähnte: auch schon gehört, aber eben ohne Belang.
Nein, lieber zargel, das ist eben nicht ohne Belang. Große Unternehmen packen ihre sieben Sachen, machen ihre Standorte in Deutschland zu und wandern ins Ausland ab, wo die „Fachkräfte“ die sie dringend brauchen, weniger als die Hälfte der in Deutschland üblichen Entlohnungskosten verursachen.
Kleine und mittlere Unternehmen können das nicht, weil die betrieblichen Umsiedlungskosten für sie nicht tragbar sind. Sie schreien im Inland nach „Fachkräfte“, und man muss den Eindruck haben, dass mindestens die Hälfte von denen gewünscht nur für einen Hunderlohn arbeiten sollten.
Also Ausländer rein! Weil die Inländer zu blöde oder zu faul zum Arbeiten sind?
Aber das funktioniert nicht mehr, die Grenze des Erträglichen ist schon überschritten.
„Man muss eben auch Glück haben“ – ja, da sitzt es!
Das ist doch keine funktionierende Wirtschaft, wenn Erfolg vom Zufall abhängt wie beim Roulette oder bei englischen Automobilen.
Ich sage es doch: die Deutschen haben eigentlich alles, was die Grünlinken jetzt im „Grossen Sprung zurück“ abschaffen wollen, im Smithschen oder auch Marxschen Zusammenhang nie verstanden. Es erschien ihnen ganz protestantisch als Gnade – und jetzt isse eben weg.
Vielen Dank an W. Prabel für diesen Einblick in die Wirklichkeit.
Ich verstehe diese „Zurechtweisung“ nicht.
Natürlich ist Motivation wichtig, habe ich was anderes geschrieben?
„Inzwischen wird immer mehr Wert auf formale Qualifikationen gelegt,…“
Ich schrieb: „…ungebildete und technikfeindliche „Akademiker“…“.
Das Wort Akademiker habe ich nicht umsonst in Anführungszeichen gesetzt.
Vielleicht kann ich mich nicht verständlich genug ausdrücken, aber inhaltlich meinte ich genau das Gleiche wie Herr Prabel: Formale Qualifikation, förmliche Titel ohne echte Qualifikation als Seuche unserer Zeit!
Wahrscheinlich hätte ich das Wort „Fachkraft“ nicht benutzen sollen, es ist so abgenutzt, dass es seine ursprüngliche Bedeutung verloren hat.
Die ersten funktionsfähigen Raketen der Welt sind nicht in Cape Canaveral oder Baikonur gestartet, sondern in Peenemünde. Das erste Strahltriebwerk wurde in Deutschland entwickelt und gebaut, von deutschen Ingenieuren („Fachkräften“ im herkömmlichen Sinn).
Schaut euch an, wie viele Nobelpreisträger früher aus Deutschland kamen und vergleicht es mit heute.
Nach dem Krieg war Deutschland führend im Automobilbau, in der Motorentechnik, im Schiffbau, allgemein im Machinenbau und sogar in der Elektronik (heute fast unvorstellbar), usw., weil Germany die Fachkräfte auf all diesen Gebieten hatte. Diese Menschen waren, und ich zitiere, „leistungsfähig, gesetzestreu, gebildet und hoch motiviert“.
Darin unterscheiden sie sich von den importierten und selbstgezogenen „Fachkräften“ von heute.
Das deutsche Abitur bedeutet nicht mehr Hochschulreife für technische Fachrichtungen, diese müssen inzwischen „Einführungskurse“ in Mathematik und Physik machen, damit einige, von den sowieso schon viel zu wenigen MINT-Studenten das Studium schaffen.
Ich halte das deutsche Abitur, dank ideologisiertem Bildungssystem und Zensureninflation, inzwischen für wertlos.
Natürlich, Nieten „hat es zu allen Zeiten gegeben“, genau wie es immer noch motivierte und technisch und allgemein gebildete Menschen gibt, aber die Größenordnungen der beiden Gruppen haben sich in den letzten 50 Jahren massiv verschoben.
Ich nenne es Wohlstandsverblödung der westlichen Welt.
M.Stoll schreibt: „Ich halte das deutsche Abitur, dank ideologisiertem Bildungssystem und Zensureninflation, inzwischen für wertlos.“
Das habe ich auch so wahrgenommen. Aber wie kann die Fehlentwicklung gestoppt werden?
Die 3. These über Feuerbach (K. Marx) beginnt: Die materialistische Lehre von der Veränderung der Umstände und der Erziehung vergißt, daß die Umstände von den Menschen verändert werden und der Erzieher selbst erzogen werden muß.
Die schwindende intellektuelle Substanz des Abiturs ist ein Veränderungsprozess, der von Menschen gemacht wurde, Nicht allein von den Gymnasiallehrern gemacht, sondern vor allem von den Bildungspolitikern der verschiedenen Landesregierungen.
Wie sonst sind qualitative Unterschiede der Abiturprüfungen zwischen den Ländern erklärbar?
Aber natürlich setzten Lehrer vorgegebene Bildungsinhalte um. Deshalb möchte ich in Abwandlung der 3. These über Feuerbach in Betracht ziehen, dass zur Überwindung der Bildungsmängel die Lehrer selbst (gründlicher in MINT-Fächern) gebildet weden müssen.
Was von vielen vernünftigen Lehrern bemängelt wird: Das verschlechterte Verhalten. Spuckende und messerschwingende Moslems, Eltern, die ihrem Nachwuchs alles durchgehen lassen, Schüler, die dem Unterricht nicht folgen können oder wollen. Es muß mal ein paar Jahre mit dem eisernen Besen gekehrt werden, um wieder Ordnung reinzubringen.