Ein Jahrmarkt der Selbstverliebtheit
„Aber der Fortschritt der kapitalistischen Produktion schafft nicht nur eine Welt von Genüssen. Er öffnet mit der Spekulation und dem Kreditwesen tausend Quellen plötzlicher Bereicherung. Auf einer gewissen Entwicklungshöhe wird ein konventioneller Grad von Verschwendung, die zugleich Schaustellung des Reichtums und daher Kreditmittel ist, sogar zu einer Geschäftsnotwendigkeit.“ So der struppige sozialistische Patriarch Karl Marx über die Parvenuephase der Oberschicht, welche auf die sparsame Geizphase folgt, wie der Frühling auf den Winter. Während Graycens Ausflug zum Schleppertreffen in Kentucky – PB berichtete davon – noch einen volksernährerischen Hintergrund hatte, widmen wir unsere Aufmerksamkeit heute dem Festival der unproduktiven Dekadenz in der Wüste von Nevada.
Der Burning Man ist gemäß Eigenlob vor allem eines: Ein multikultureller Schmelztiegel, der jeden Besucher willkommen heißt! Die weltoffene Atmosphäre des Festivals soll den Freaks lange im Gedächtnis bleiben. Damit keine Polonäise getanzt wird, Krethi und Plethi dem Spektakel fern bleiben kostet das Ticket 575 $ und der Stellplatz für das Wom0 150 $ zuzüglich Gebühren und Steuern.
Das Festival verbrennt trotz dem Modethema Klima inkonsequenterweise jedes Jahr ein große Statue. Man lebt mit der üblichen Verzichtsforderung an den Plebs, während man als Elite über den Dingen steht und ungeniert den ansonsten verpönten Ressourcenverbrauch zum Spaß zelebriert. Der Burning Man zeigt das Pharisäertum der Konsum- und Kulturpioniere wie im Brennglas. Wasser predigen, Wein trinken. Amerika ist da ungenierter, als das protzverschämte Germanien. Wenn wir die arabischen Rapper und die Geissens nicht hätten!
Es stellt sich sowohl hinter dem Großen Teich als auch in Deutschland die Frage nach der gerade noch erträglichen Spaltung der Gesellschaft. Brechen Kalifornien und Texas, Berlin und Sachsen eines Tages wegen gegenseitigem Ekel auseinander?
Grüße an den Inlandsgeheimdienst:
Die Badewanne prahlte sehr.
Sie hielt sich für das Mittelmeer
Und ihre eine Seitenwand
Für Helgoländer Küstenland.
(Joachim Ringelnatz)
Was den Preis angeht, so werden Plätze in den berühmten Baseball-Stadien der berühmten Mannschaften sogar vererbt – nicht nur in Oligarchen-Familien.
Das ganze, oft verquere, geistige Spektrum des weissen Mannes ist eben in den USA vertreten, von Puritanismus, Anarchismus über Monte Verita-Sachen, up to and including Charles Manson & Family. Deswegen heisst es schliesslich immer noch „das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“.
Die Verengung auf monopolistische, gebundene, hegemoniale, weltpolizeiliche Strukturen widerspricht dem und ist eigentlich eine Re-Europäisierung, die 1776 sicher niemand haben wollte.
das Ticket 575 $ und der Stellplatz für das Wom0 150 $ zuzüglich Gebühren und Steuern.
Das ist für Vegas jetzt nicht teuer. Disneyland in Orlando kostet auf jeden Fall mehr…