Das Nationalgericht kommt nicht aus dem Balaton
„Ach, es versucht uns nichts so mächtig als der Mangel; Die klügsten Fische treibt der Hunger an die Angel.“ Es war natürlich der Geh. Rath v. Goethe, der sich auch für den Fischfang kompetent fühlte.
Zahllose Deutsche hat der Hekk vor dem Hungertod bewahrt, auf jeden Fall mehr als Karlchen vor dem Hitzschlag errettete. Es war der billige Fischimbiß im Brötchen, den man sich in der Russenzeit vom Forintenumtausch in Ungarn gerade so leisten konnte. Ich dachte damals, daß es sich um Fisch aus dem Balaton handeln würde. Er war seit den 60er Jahren jedoch Importfisch, der Seehecht. Oft wird er aus Argentinien geliefert. Trotz dieses Umstands ist er ein ungarisches Nationalgericht.
Als ich vor zwei Jahren das letzte Mal in Balatonfüred war, wußte ich noch wo vor 50 Jahren die Holzbude gestanden hatte, wo der Hekk verkauft wurde, aber sie war inzwischen der Verschönerung gewichen. Ich wollte ihn aber wieder mal aus Nostalgie essen und habe dann nach Gaststätten gesucht, die ihn zubereiten.
Den besten Hekk brät die Kovács kocsma in Fertörákos (Krebsbach) bei Sopron. Man sollte eine kleine Portion bestellen, sonst verrenkt man sich den Magen. Geschmeckt hat er mir auch bei Madyson Gyros & Grill in Keszthely. Es gibt natürlich noch weitere Etterems und Imbisse, die ihn auch gut zubereiten.
Da es teuer ist, wegen einem Gaststättenbesuch extra nach Ungarn zu reisen, habe ich ein Video mit der Zubereitung eingestellt.
Der Koch Szoky ist eine Plaudertasche. Man muß ihm nicht unbedingt zuhören, wenn man folgendes weiß: Auftauen über Nacht im Kühlschrank. Nicht in der Mikrowelle! Säubern, Einschneiden, Säuern, Salzen sind sehr wichtig. Wenn Sie darauf achten, erhalten Sie einen fantastischen Hekk, man mischt Mehl und süßen edlen roter Paprika (ein halber Teelöffel pro Fisch), wälzt den Fisch darin und brät in Fett. Den Rest zeigt uns Szoky im Video. Es reicht oft, wenn man etwas geröstetes Brot, saure Gurken und Apfelpaprika dazu reicht. Die Pommes müssen nicht unbedingt sein.
Hekk a konyahámból = Seehecht aus meiner Küche. Lecker!
Für das Kilo Seehecht muß man in Deutschland gefroren etwa 10 € rechnen. Für eine Portion reichen 250 bis 300 g. In Österreich und Ungarn bestellt man in Deka, das sind jeweils 10 Gramm. 250 Gramm sind dann huszonöt deka. Am Stand können die Verkäuferinnen fast regelmäßig keine Fremdsprachen. Die Bestellung heißt dann: Huszonöt deka hekk-et akarok (25 Deka Hekk wünsche ich. Der Hekk wird als Satzobjekt in den vierten Fall getan, darum die Endung „et“). Will man zwei Portionen heißt es nicht „kettö adag“, sondern seltsamerweise „Két adag“, eine der vielen Ausnahmen. Nach Zahlwörtern größer eins tut man Sachen nicht in die Mehrzahl, es bleibt bei „adag“. Ungarisch, schwere Sprache.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst:
Das Wasser allein macht stumm,
das beweisen im Wasser die Fische,
Der Wein allein macht dumm,
das beweisen die Herren am Tische,
Daher, um keines von beiden zu sein,
trink´ ich Wasser vermischt mit Wein.
(Geh. Rath v. Goethe)
What the Hekk, endlich gibt’s mal einen Fast-Food-Tipp.
Aber bitte, Fischfilets salzen und säuern vor dem Braten? Niemals! Das sind kulturelle Überbleibsel aus Zeiten ohne Kühl- und Gefriermöglichkeiten, um den angealterten Fisch nicht ganz so penetrant auf die menschlichen Sinne wirken zu lassen.
Das Salz in die Paprika-Mehl-Panade und beim Anrichten ein paar Spritzer Zitrone drüber, pronto.