Die Krise, der Burggraben und sein Preis
Unternehmen werden wegen ihrer Marge – auch Burggraben genannt – hoch gelobt. Denn ein hoher Gewinn im Verhältnis zum Umsatz gibt eine gewisse Sicherheit in der Krise. Eine Marge von 2 % ist schneller weggebrochen, als eine von 40 %. Wir haben das gerade bei den Großen: Apple, Microsoft, Meta, Alphabet und Amazon gesehen. Während die ersten vier mit Margen um die 30 % mit einem blauen Auge durch die 2022er Zinskrise gekommen sind, hat es Amazon mit nur 7 % Marge (2021) in 2022 voll erwischt. Amazon schrieb Verluste.
Andererseits ist die gute Frage, was man für diese Marge zahlen muß. Relative Sicherheit kann so teuer sein, daß sich der Burggraben nicht lohnt. Man sieht ja sonst auch nach dem Preis von Versicherungen.
Wir sehen in der Regel Unterschiede der Branchen: Bei IT und Tabak sind die Gewinne im Verhältnis zum Umsatz eher hoch, in der Industrie und im Handel geringer. Das liegt auch am erforderlichen Kapitaleinsatz und der Lebendigkeit des Wettbewerbs. Eine Kippe stopft man billiger, als wie man einen Kleinwagen herstellt. Mit dem Grad des Luxus und der Raffinesse des Produkts steigt auch in der Industrie wieder die Marge, jedenfalls in der Regel.
Wenn man sich den DAX mal anschaut, sieht man wo es im Getriebe klemmt. Ich habe die Banken und Versicherungen mal außen vorgelassen, weil sie ihre Vermögensgegenstände nicht alle nach ihrem Wert bilanzieren müssen. Auch Konzerne mit Verlusten habe ich aus mathematischen Rücksichten ausgelassen.
KGV | Gewinn-Umsatz-Verhältnis % | Quotient aus beidem | |
Adidas | 38,2 | 2,7 | 14,1 |
Bayer | 11,4 | 8,2 | 1,4 |
Beiersdorf | 32,2 | 8,6 | 3,7 |
BMW | 3,1 | 12,6 | 0,25 |
Brenntag | 10,4 | 4,6 | 2,3 |
Continental | 168 | 0,2 | 840 |
Deutsche Post | 8,1 | 5,8 | 1,4 |
Dt. Telekom | 11,6 | 7,0 | 1,6 |
E.ON | 13,3 | 1,6 | 8,3 |
Fresenius | 10,7 | 3,4 | 3,1 |
Heidelberg Zement | 6,3 | 7,5 | 0,84 |
Henkel | 22,1 | 5,6 | 3,9 |
Infineon | 13,8 | 15,1 | 0,91 |
Mercedes-Benz | 4,5 | 9,7 | 0,46 |
Merck | 23,7 | 15,0 | 1,6 |
MTU | 32,6 | 8,0 | 4,1 |
Porsche Automobil | 3,3 | 105 | 0,03 |
Rheinmetall | 17,2 | 7,3 | 2,4 |
RWE | 10,6 | 7,1 | 1,5 |
SAP | 49,4 | 7,4 | 6,7 |
Sartorius | 37,3 | 16,2 | 2,3 |
Siemens | 22 | 5,2 | 4,2 |
Symrise | 50,7 | 6,0 | 8,5 |
Volkswagen | 3,9 | 5,3 | 0,74 |
Zalando | 511 | 0,2 | 2555 |
Wir stehen vor einer mittleren Finanzkrise. Sowohl 1923 als auch 1948 waren Aktien die ultimative Waffe, um unbeschadet durch das Tal der Verluste zu kommen, wenn man die Nerven nicht verlor. Denn eine tiefe Kniebeuge machen die Kurse in solchen fatalen Situationen. Man muß sich damit anfreunden, daß zeitweilig 90 % des Werts verloren scheinen. Aber im Gegensatz zu Versicherungen und Papiergeld erholen sich die Unternehmen schnell. Wenn sie denn Qualität haben, und die zeigt sich in der Marge und der Bilanzhistorie.
Der Preis ist eine andere Sache. Die Auguren fragen sich per esempio, warum Volkswagen und Porsche so billig sind. Man vermutet in gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen, daß es daran liegt, daß neben Gewerkschaftern und Sozialdemokraten nun auch noch eine völlig ahnungsarme Grüne im Aufsichtsrat sitzt. Außerdem drückt die Chinalastigkeit etwas.
Obige Betrachtung ist natürlich keine Anlageempfehlung, denn die Erde ist groß und der DAX nur ein Mosaiksteinchen. Burggraben und Preis sind nur vom Grundsatz das, worüber ich mir gerade Gedanken mache. Gewinnstreben ist das eine, Sicherheit das andere.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Glaube dich nicht allzu gut gebettet; Ein gewarnter Mann ist halb gerettet.“ (Geh. Rath v. Goethe)