Habeck kopiert Wirtschaftsförderung vom Alten Fritz
Die nicht ergebnisoffene Wirtschaftspolitik der Ampel erinnert wegen ihrer strikten Ausrichtung auf bestimmte Wirtschaftszweige, vorgegebene Technologien und Ziele an den Vierjahrplan von Hitler. Auch in den Dreißigern und Vierzigern wurde das Privateigentum im Wesentlichen noch beibehalten, die Betriebe wurden aber zu bestimmten Produktionen verpflichtet und es erfolgten zunehmend Zuteilungen von Ressourcen. Man verläuft sich beim Nazivergleich jedoch etwas, und zwar weil Hitler wiederum von den Merkantilisten des 18. Jahrhunderts kopiert hatte.
Wenn man den Faden der derzeitigen Planwirtschaft zurückverfolgt, landet man im Berlin des Alten Fritzen, eigentlich sogar bei dessen Vater. Friedrich Wilhelm I. hatte in seinem politischen Testament von 1722 die Vorgehensweise verfügt: „Ergo Manufacturen im Lande ein recht Bergwerk geheißen werden kann. (…) Ein Land sonder Manufacturen ist ein menschlicher Körper sonder Leben, ergo ein todtes Land, das beständig power und elendig ist, und nicht zum Flor seine Tage nicht gelangen kann. Derowegen bitte ich Euch, mein lieber Successor, conserviret die Manufacturen, protegieret sie und pflanzet sie fort und fort, breitet sie weiter in Eure Lande aus.“
Kurz nach der Thronbesteigung von Friedrich II. hieß es in seiner Instruction vom 27. Juni 1740 für den neu ernannten Minister des Commerzien- und Manufacturdepartements Samuel von Marschall: „Die Woll- und Leinenfabriken der k. Lande zu heben, dann aber so viel als möglich die fehlenden Manufacturen ins Leben zu rufen, da itzo alle auswärtigen Staaten und fast die ganze Welt sich auf Manufacturen befleißigen.“
Hier links mit blauem Dach das Palais Marschall am Wilhelmsplatz, davor unten links die Silbermanufactur:
Nun stoßen wir allsogleich auf das Defizit der staatlichen Wirtschaftsförderung: Als fehlende Industrien identifizierte Friedrich II. nicht alle, die der Markt benötigte, sondern die der französischen Gold- und Silberétoffes (das waren Designertapeten), der seidenen Zeuge, der von Karnevas, rohen Zitzen und Nesseltuch, von feinen Papieren und Zucker.
Weit verbreitet ist die Meinung, der preußische Hof sei bescheiden gewesen. Das ist aber nur im Vergleich zum Versailler und Dresdner Prunk richtig. Der Ehrgeiz des Alten Fritz tobte sich auf dem Felde der Luxus- und Waffenproduktion aus, an die Bedüfnisse des Marktes, zum Beispiel der Landwirtschaft war wenig oder nicht gedacht. Auch das preußische Bauprogramm war nicht übermäßig sparsam: 1698 bis 1706 das Berliner Schloß, 1737 Schloß Rheinsberg, 1745 bis 1747 Sanssouci und 1763 das Neue Palais in Potsdam.
Wir können im Merkantilismus allgemein von Investitionslenkung im großen Stil ausgehen. Friedrich II. unterstützte seine 58 Wollmagazine mit 132.029 Talern. In der Mark Brandenburg verwendete der Staat von 1740 bis 1786 zur Anlegung und Unterstützung von Fabriken 2.244.715 Reichstaler als Fördergeld. Bevorzugt waren vorrangig Textil- und Uhrenproduktionen. So wie Märchenrobert in Windmühlen und Wasserstoff vernarrt ist, so war es der Alte Fritz in die Seidenproduktion. Aus Hamburg, Leipzig, Dresden und Lyon ließ er 100 geübte Kolonistenfamilien einwandern, die Insassen des Potsdamer Waisenhauses wurden Lehrlinge der Seidenindustrie. Für jeden regelmäßig beschäftigten Stuhl wurden 25 Reichsthaler pro Jahr bezahlt, so wie heute Subventionen fließen, wenn die Windmühlen sich fleißig drehen. 1751 wurde in Berlin eine Porzellanmanufactur gegründet, natürlich nicht für die Suppenschüsseln der Landwirte.
Sogar das Unmögliche wurde versucht: Um nicht die teuren Seidenrohstoffe aus dem Ausland importieren zu müssen, pflanzte man in Preußen im großen Stil Maulbeerbäume an und trieb in der preußischen Kälte Seidenwürmerzucht, ohne Rücksicht auf das Tierwohl freilich. Der Bonusmeilenflieger Özdemir wäre im Viereck gesprungen, aber solche unflugfähigen Narren wie er wurden im Tabakskollegium und danach nicht geduldet. 1785 betrug der Ertrag an Seidenrohstoff 8,5 Tonnen, wobei Aufwand und Nutzen in keiner Relation standen.
Nicht erst Zensursula von der Leyen kam auf die Idee ausländische Produkte mit Strafzöllen zu belasten. „Ich prohibiere soviel ich kann“, war ein Grundsatz von Friedrich II. Die Einfuhr von Fertigprodukten wurde erschwert, wenn nicht sogar ganz verboten. Man versuchte gegen den weit verbreiteten Schmuggel und Geldwäsche vorzugehen. Damals kam es zu einer Reihe von Handelskriegen, in die Preußen auch verwickelt wurde, z.B. in den Siebenjährigen Krieg, bei dem es vor allem um die Aufteilung der Kolonien zwischen Frankreich und England ging. England hatte von 1653 bis 1797 insgesamt 66 Jahre Seekriege geführt. Es ging um koloniale Träume und die Vernichtung kleinerer Konkurrenten.
Die erfolgreiche Entwicklung einer Luxus- und Rüstungsindustrie war die eine Seite, die Auswirkungen der Staatswirtschaft auf Landwirtschaft und Handwerk die andere. Auf die niederen Stände wirkten sich vor allem die Steuerlast, die die Armee und den höfische Prunk mit provokanter Verschwendung finanzierte, die Bestechung, der Ämterkauf, der Schmuggel und die Kabinettsjustiz ungünstig aus. Friedrich II. führte militärische Führungsprinzipien in seine Zivilverwaltung ein, „weil er seiner selbst zu bedeutenden Posten oft schlecht gewählten Dienerschaft so wenig rechtlichen Spielraum als möglich verstattete.“ So E. Brandes, ein geheimer Kabinettsrath über die damalige Berliner Verwaltung. Für die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion waren die Manufacturerzeugnisse nicht gedacht, für die Bauern war immer noch das teuer produzierende Handwerk als Lieferant von Produktionsmitteln zuständig.
Die Spinnmaschine, die Dampfmaschine und der mechnanische Webstuhl wurden nicht in einer preußischen Manufactur mit ihrer planwirtschaftlichen Tonnenideologie, sondern zeitgleich in England erfunden, wo die Produktionslenkung per Fördergeld nicht so ausuferte wie in Berlin. Übrigens gab es nicht zuerst das Buch vom Wohlstand der Nationen, sondern diese Innovationen. Adam Smith brachte sein marktwirtschaftliches Buch erst 1776 unter die Leute. Welcher preußische Unternehmer hätte eine Maschine erfunden, wenn er vom Alten Fritz für jeden altmodischen Webstuhl 25 Reichsthaler im Jahr bekam?
Diesen Ausflug ins 18. Jahrhundert habe ich der Leserschaft vergönnnt, um vor der primitiven Auffassung zu warnen, daß ein politisches Regiment – gerade wenn es auch noch grün ist – zielsicher die Zukunft enträtseln könnte. Es handelt sich um eine Warnung vor Lenkungsphantasien, wie sie totalitären Systemen immer wieder zu eigen sind. Das verknöcherte planwirtschaftliche Preußen wurde 1806 in der französischen Militärmaschinerie geschrotet und mußte sich sehr mühsam wieder aufrappeln. Alles scheint sich zu wiederholen.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Der jetzige Hang zu allgemeinen Gesetzen und Verordnungen ist der gemeinen Freiheit gefährlich.“ (Justus Möser 1720 – 1794)
Danke für die sehr interessante Sicht auf die preußische Wirtschaft unter dem alten Fritz. Da fehlt nur noch der abschliessende Kommentar vom Geheimrat.
Wurde nicht der automatische Webstuhl in Frankreich erfunden, um die Gemächer der Nobilität jeweils a la mode zu dekorieren? Auch dort von Massenproduktion für die Massen keine Rede. Der englische Dampfwebstuhl kam 1786 in Fahrt, da war schon nicht mehr so viel „Alter Fritz“.
Natürlich entspricht die Wirtschaftsförderung einer neuen feudalen Klasse (der beamteten Linksversifften) auch der Wirtschaftsförderung früherer feudaler Klassen: Hauptsache meine Kemenate…
Aber dieses Land ist sowieso tot – immer wieder erfreue ich mich an dem dampfenden Atomkraftwerk Cattenom, wo den Franzen das deutsche Gefasel und übelriechende Krakeelen einfach scheissegal war und ist. Tschüss, Germania!
Erst im 19.Jhdt gelang es der KPM, wirklich konkurrenzfähige Stücke zu produzieren – wunderbare klassizistische Vasen mit Potsdamer Landschaften. Das Zeug aus dem 18. Jhdt war hingegen kläglich und kam über ein Versuchsstadium nicht hinaus. (So mein Eindruck aus Anschauung entsprechender Teile im Belvedere des Charlottenburger Schlosses).